Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

172 Abschnitt XXXIII. Abänderung der Gewerbe-Ordnung. 
beförderung übergeben, so hat diese sofort den Antrag, wenn er mangelhaft ist, zur 
Vervollständigung zurückzugeben, andernfalls die Richtigkeit der thatsächlichen Angaben 
festzustellen und den Antrag mit dem Ergebniß dieser Feststellung und ihrer gut- 
achtlichen Aeußerung weiter zu befördern. 
3. Die untere Verwaltungsbehörde hat von ihrer Befugniß, Ausnahmen auf die 
Dauer von höchstens 14 Tagen zu gestatten, nur in dringenden Fällen Gebrauch zu 
machen. Solche Fälle sind in der Regel nur dann anzunehmen, wenn es sich darum 
handelt, mit Hülfe der außerordentlichen Verwendung von Arbeiterinnen und jugend- 
lichen Arbeitern eine durch Naturereignisse oder Unglücksfälle herbeigeführte wesentliche 
Unterbrechung des regelmäßigen Betriebes schleunigst wieder zu beseitigen oder einen 
zur Verhütung von Unglücksfällen erforderlichen außerordentlichen Betrieb zu ermög- 
lichen. Werden in Fällen dieser Art Ausnahmen für länger als 14 Tagen beantragt, 
so hat die untere Verwaltungsbehörde zwar schleunigst an die höhere Verwaltungs= 
behörde zu berichten, kann aber die ihr erforderlich erscheinenden Ausnahmen vorläufig 
bis zur Dauer von 14 Tagen gestatten. 
4. Werden die Ausnahmen nur beantragt, um den durch die Unterbrechung ver- 
ursachten Verlust an Betriebszeit wieder einzubringen, so hat die untere Verwaltungs- 
behörde stets die Entscheidung der höheren Verwaltungsbehörde einzuholen. Sie hat 
zu dem Ende die Thatsachen, auf welche sich der Antrag stützt, insbesondere auch den 
Verlust an Betriebszeit, welcher dem Unternehmer durch die Unterbrechung erwachsen 
ist, festzustellen und die darüber ausgenommenen Berhandlungen mit ihrem gutachtlichen 
Berichte der höheren Verwaltungsbehörde vorzulegen. Sofern die Eilbedürftigkeit der 
Sache es gestattet, ist vorher eine gutachtliche Aeußerung des zuständigen Gewerbe- 
inspektors einzuholen und dem Berichte an die höhere Berwaltungsbehörde beizufügen. 
Letztere hat, soweit die Ausnahmen für einen 4 Wochen nicht übersteigenden 
Zeitraum beantragt werden, über den Antrag die Entscheidung zu treffen. 
5. Bei Bemesfsung der zu gestattenden Ausnahmen ist dahin zu sehen, daß diese 
nicht über das Maß binausgehen, welches durch die Dringlichkeit des Bedürfnisses 
geboten und mit Rücksicht auf die Gesundheit der Arbeiterinnen und der jugendlichen 
Arbeiter zulässig erscheint, und daß sie nicht für längere Zeit gestattct werden, als zur 
Beseitigung der Betriebsstörung oder zur Abwendung eines Unglücksfalles oder zur 
Einbringung der verlorenen Betriebszeit erforderlich ist. 
6. Soweit es sich nicht um Ausnahmen in besonders dringenden Nothfällen 
oder für wenige Tage handelt, sind bei Gestattung der Ausnahmen folgende Grenzen 
innezuhalten: 
a) Innerhalb 24 Stunden darf die Arbeitszeit der Kinder 9 Stunden, die der 
jungen Leute 11 Stunden und die der erwachsenen Arbeiterinnen 13 Stunden 
ausschließlich der Pausen nicht übersteigen. 
b) Zwischen 2 Arbeitsschichten muß eine Ruhezeit liegen, welche für Kinder 
mindestens 12 Stunden, für Arbeiterinnen und jugendliche Arbeiter mindestens 
10 Stunden beträgt. 
Ic) Die Tagschichten und Nachtschichten müssen wöchentlich wechseln. Jede Schicht 
muß durch eine oder mehrere Pausen in der Gesammtdauer von mindestens 
einer Stunde unterbrochen sein. 
d) Au Sonn= und Festtagen darf die Beschäftigung nicht in die Zeit von 6 Uhr 
Morgens bis 6 Uhr Abends fallen. 
7. Die Verfügungen, wodurch Anträge auf Gestattung von Ausnahmen genehmigt 
werden, find schriftlich zu erlassen und müssen die gestatteten Ausnahmen, sowie deren 
Dauer genau angeben. Die untere Berwaltungsbehörde hat Abschrift der von ihr 
erlassenen Verfügungen sofort nach dem Erlaß derselben der Ortspolizeibehörde, dem 
zuständigen Gewerbeinspektor und der höheren Verwaltungsbehörde einzusenden. 
8. Anträge, welche auf Gestattung von Ansnahmen für einen 4 Wochen über- 
schreitenden Zeitraum gerichtet sind, hat die höhere Berwaltungsbehörde nach voll- 
ständiger Instruktion mit ihrem gutachtlichen Bericht zeitig zur weiteren Veranlassung 
dem Minister für Handel und Gewerbe vorzulegen. In denjenigen Fällen, in welchen 
sie die Anträge für begründet erachtet, kann fie die erforderlichen Ausnahmen bis zur 
Dauer von 4 Wochen vorläufig selbst gestatten. Ob dies geschehen, ist in dem zu 
erstattenden Berichte anzugeben. 
9. Die Verhandlungen über die auf Grund des §. 139 Abs. 1 eingebrachten 
Anträge find in allen Instanzen auf's Aeußerste zu beschleunigen.
	        
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