Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

174 Abschnitt XXXIII. Abänderung der Gewerbe-Ordnung. 
verschafft werden soll, einen größeren Theil des Tages zu Hause zuzubringen, als es 
bei regelmäßiger Eintheilung der Arbeitszeit möglich sein würde. 
Von diesen Gesichtspunkten aus erscheint es beispielsweise, wenn die Arbeit leicht 
ist und die Art des Betriebes kürzere Ruhepausen mit sich bringt, unbedenklich, bei 
einer Beschäftigung von jugendlichen Arbeitern bis höchstens 5½ Stunden von der 
halbstündigen Pause ganz abzusehen oder die Bor- und Nachmittagspausen der länger 
als 6 Stunden beschäftigten jungen Leute ganz fallen zu lassen, wenn ihre tägliche 
Arbeitszeit auf 9 Stunden beschränkt wird, oder diese Pausen auf je eine Viertel- 
stunde zu verkürzen, wenn die Mittagsstunde um eine halbe Stunde verlängert oder 
die tägliche Arbeitszeit entsprechend verkürzt wird. Die Nachmittagspause für jugend- 
liche Arbeiterinnen an den Vorabenden von Sonn= und Festtagen kann erlassen 
werden, wenn der Schluß der Arbeitszeit bereits um 5 oder 5¼ Uhr Nachmittags 
eintritt. 
Auch die einstündige Mittagspause der Arbeiterinnen über 16 Jahre kann beie 
einer Herabsetzung der täglichen Arbeitszeit auf 9 Stunden um die Hälfte gekürzt 
werden, wenn nach den örtlichen Berhältnissen eine halbe Stunde zur Einnahme einer 
Mahlzeit ausreicht. Bei einer täglichen Arbeitszeit von weniger als 6 Stunden 
kann unter günstigen Umständen auch der gänzliche Wegfall der Mittagspause ge- 
nehmigt werden. Voraussetzung ist auch hier, daß die Arbeit nicht anstrengend ist 
und kürzere Ruhezeiten nach der Art des Betriebes von selbst eintreten. 
7. Als Fälle, in denen die Natur des Betriebes eine anderweite Regelung der 
Pausen wünschenswerth macht, können vorbehaltlich einzelner im Boraus nicht zu 
übersehender Ausnahmen für jugendliche Arbeiter nur solche gelten, in denen ein 
rationeller Betrieb es nicht gestattet, den erwachsenen Arbeitern neben den durch den 
Betrieb selbst gebotenen Unterbrechungen noch die für die jugendlichen Arbeiter gesetzlich 
vorgeschriebenen regelmäßigen Bor= und Nachmittagspansen zu gewähren, und in 
denen zugleich eine Beschäftigung junger Leute — namentlich auch mit Rücksicht auf 
die Heranbildung tüchtiger Arbeiter — unentbehrlich und nur dann möglich ist, wenn 
die jugendlichen gemeinsam mit den erwachsenen Arbeitern beschäftigt werden. In 
der Regel werden diese Voraussetzungen nur bei solchen Betrieben zutreffen, in denen 
bei der eigentlichen Fabrikation nur oder vorzugsweise gelernte Arbeiter, die jugend- 
lichen Arbeiter aber als Lehrlinge beschäftigt werden. In Fällen dieser Art ist die 
beantragte anderweite Regelung auf die als Lehrlinge beschäftigten iugendlichen Arbeiter 
zu beschränken und zur Sicherstellung der Innehaltung dieser Beschränkung an die 
Bedingung zu knüpfen, daß die Lehrverträge schriftlich abgeschlossen und das Datum 
derselben unter der Rubrik „Beschäftigung“ in die Arbeitsbücher eingetragen werden. 
Wegen der Natur des Betriebes ist von der einstündigen Mittagspause der 
Arbeiterinnen über 16 Jahre in der Regel nur dann abzusehen, wenn eine ein- 
stündige Unterbrechung des Betriebes an 8 oder wegen des Zusammenhangs der 
Beschäftigung der weiblichen Arbeiterinnen mit der der männlichen Arbeiter nicht 
thunlich ist, wenn die Arbeiten an fich leicht, für Arbeiterinnen geeignet und nicht 
mit Gefahr für die Gesundheit verbunden sind, und wenn die Art des Betriebes 
kürzere Ruhezeiten mit sich bringt. Unter diesen Boraussetzungen kann die Mittags- 
pause auf eine halbe Stunde ermäßigt werden, wenn außerdem zwei Pausen von je 
einer Biertelstunde gewährt werden. 
8. In denjenigen Fällen, in welchen die beantragten Abweichungen nicht auf 
die Arbeitspausen beschränkt find, hat die höhere Verwaltungsbehörde die Anträge 
nach den unter 4, 6 und 7 hervorgehobenen Gesichtspunkten vollständig zu instruiren 
und demnächst mit dem Gutachten des zuständigen Auffichtsbeamten und ihrer eigenen 
gutachtlichen Aeußerung dem Minister für Handel und Gewerbe zur weiteren Ver- 
anlassung vorzulegen. 
9. Eine Uebersicht der im abgelaufenen Kalenderjahre auf Grund der 35. 138à 
und 139 zugelassenen Ausnahmen und anderweiten Regelungen hat der zuständige 
Auffichtsbeamte seinem Jahresberichte beizufügen. 
G. Aussicht über die Ausführung der Bestimmungen über die 
Arbeitsbücher und die Beschäftigung der Arbeiterinnen und der 
jugendlichen Arbeiter (6. 139b Gew. O.). 
I. Die Aufsicht über die Ansführung der die Arbeitsbücher und die Beschäftigung 
der Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeiter betreffenden Bestimmungen der §§. 107
	        
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