Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

Abschnitt XXXIII. Sonntagsruhe in Industrie und Handwerk. 195 
II. Die in Spalte 3 der nachfolgenden Tabelle für einzelne oder für zwei auf- 
einander folgende Sonn= und Festtage vorgeschriebenen Ruhezeiten der Arbeiter müssen 
ohne Unterbrechung') und ganz oder zum größeren Theil innerhalb der Zeit von 
6 Uhr Abends des vorbergehenden Werktages bis 6 Uhr Morgens des nachfolgenden 
Werktages gewährt werden. « 
III. In Betrieben, in welchen auf Grund der vorstehenden Bestimmungen Ar- 
beiter an Sonn= oder Festtagen beschäftigt werden, hat der Arbeitgeber innerhalb der 
Betriebsstätte an geeigneter, den Arbeiter zugänglicher Stelle eine Tafel auszuhängen, 
welche in deutlicher Schrift den Inhalt der Bestimmungen zu I. und II. und aus der 
nachfolgenden Tabelle die auf seinen Betrieb bezüglichen Vorschriften enthält. 
IV. Vorstehende Bestimmungen treten mit dem 1. April 1895 in Kraft. 
  
Zu Anmerkung 4 auf S. 194. 
deren Sonntagen wie an Werktagen arbeiten und infolgedessen nur eine 12-stündige 
Ruhezeit haben. Diese Einrichtung hat namentlich den Borzug, daß dabei die 24- stün- 
dige Wechselschicht vermieden wird. In Betrieben ferner, welche eine halbe Arbeiter- 
abtheilung während der Sonntagsschicht durch Ersatzarbeiter ablösen lassen, verdient 
die Einrichtung, wonach jeder Arbeiter für jeden vierten Sonntag eine 36. stündige 
Ruhe erhält, während er an den übrigen Sonntagen nur in 12-stündigen Schichten 
beschäftigt wird, vor derjenigen Einrichtung den Vorzug, welche bei einer für jeden 
zweiten Sonntag gewährten 24 -stündigen Ruhe die bei den Arbeitern unbeliebte Ein- 
legung 18-stündiger Wechselschichten an allen Sonntagen nothwendig macht. Der 
Bundesrath hat daher bestimmt, daß das Mindestmaß der Sonntagsruhe, welche den 
in ununterbrochenen Betrieben beschäftigten Arbeitern gewährt werden soll, entweder 
für jeden zweiten Sonntag 24 Stunden oder für jeden dritten Sonntag 36 Stunden, 
oder, sofern an den übrigen Sonntagen die Arbeitsschichten nicht länger als 12 Stunden 
dauern, für jeden vierten Sonntag 36 Stunden zu betragen hat. 
Besondere Verhältnisse können indessen ein Abweichen von diesem Mindestmaß 
an Sonntagsruhe im Interesse der Arbeiter erwünscht machen. So lösen sich bei- 
spielsweise in rheinischen Blei= und Zinkhütten am Sonntag Morgen die Arbeiter 
nicht wie an den Werktagen um 6 Uhr, sondern erst um 8 Uhr ab, um den in die 
Sonntagsarbeit gehenden Leuten den Besuch des Frühgottesdienstes vor dem Beginn 
der Arbeit zu ermöglichen. Dadurch verkürzt sich zwar die Dauer der sonntägigen 
Wechselschicht, aber auch die Ruhezeit der Arbeiterabtheilung, welche in der Nacht zum 
Sonntag 14 Stunden in der Arbeit gewesen ist, um 2 Stunden; eine 24-stündige 
Sonntagsruhe tritt sonach niemals ein. 
Um solchen besonderen Verhältnissen Rechnung zu tragen, hat der Bundesrath 
dem Reichskanzler die Befugniß eingeräumt, Abweichungen von den Bestimmungen 
über die Dauer der Ruhezeit zuzulassen, sofern die Ruhezeit für jeden Arbeiter min- 
destens die Gesammtdauer seiner auf die zwischenliegenden Sonntage fallenden Arbeits- 
zeit erreicht. 
Die in die Woche fallenden Festtage einschließlich des Ostermontags und des 
Pfingstmontags pflegen gegenwärtig in kontinuirlichen Betrieben wie Werktage be- 
handelt zu werden. Für Einzelfesttage belassen es die Bestimmungen des Bundesraths 
bei dem bisherigen Zustande. Dagegen ist den meisten Industriezweigen für das 
Weihnachts-, Oster= und Pfingstfest die ununterbrochene Fortführung des Betriebes 
nicht gestattet worden, woraus sich für die Arbeiter ohne Weiteres eine ausgedehnte 
Festtagsruhe ergiebt. # 
Vergl. Ausf. Anw. 11. März 1895 B. II. 4 bezüglich der Genehmigung der 
unteren Verwaltungsbehörde. 
#1) In Ansnahme von dem Berbot des F§. 105b Abs. 1, nicht aber in Ausnahme 
von §§. 135 ff. oder §. 105h Abf. 1. 
1) Vergl. Ausf. Anw. 11. März 1895 B. II. 3. 
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