Abschnitt XXXIII. Untersuchung der Dampftessel. 251
III. Inbetriebsetzung der Dampfkessel.
§. 20. Dampfikessel find, bevor fie in Betrieb gesetzt werden dürfen, durch die
zuständigen Kefsselprüfer (ss. 2, 3 und 5) einer Prüfung der Bauart (Konstruktions-
prüfung), einer Wasserdruckprobe und einer Abnahmeprüfung zu unterwerfen.
Prüfung der Bauart.
5. 21. Die Prüfung der Bauart hat die Untersuchung des Kessels in Beziehung
auf Zusammensetzung, Bausioff und Ausführung zum Gegenstande.
Wasserdruckprobe.
s. 22. I. Die Wasserdruckprobe bezweckt die Feststellung etwaiger bleibender
Formveränderungen und der Dichtigkeit des Kessels. Sie erfolgt bei Dampfkefseln,
welche für eine Dampfspannung von nicht mehr als fünf Atmosphären Ueberdruck
bestimmt sind, mit dem zweifachen Betrage des beabsichtigten Ueberdruckes, bei allen
übrigen Dampfkesseln mit einem Drucke, welcher den beabsichtigten Ueberdruck um
fünf Atmosphären übersteigt.
II. Unter Atmosphärendruck wird ein Druck von einem Kilogramm auf das
Quadratcentimeter verstanden.
III. Für die Ausführung der Druckprobe muß der Kessel vollkommen mit
Wasser gefüllt sein; in seinem höchsten Punkte muß eine Oeffnung angebracht sein,
durch welche beim Füllen die atmosphärische Luft entweichen kann. Die Kesselwandungen
müssen dem Probedruck widerstehen, ohne eine bleibende Beränderung ihrer Form zu
zeigen und ohne das Wasser bei dem höchsten Drucke in anderer Form als der von
Nebel oder feinen Perlen durch die Fugen dringen zu lassen.
§. 23. I. Die Wasserdruckprobe, welche womöglich mit der Prüfung der Bau-
art zu verbinden ist, erfolgt nach der letzten Zusammensetzung, jedoch vor der Ein-
manerung oder Ummantelung des Kessels. Sie kann vor der Genehmigung der
Kefselanlage (in der Kesselfabrik) ausgeführt werden.
II. Dampfkessel, welche der Druckprobe am Verfertigungsorte unterworfen und
demnächst im Ganzen nach ihrem Ausstellungsorte geschafft worden sind, unterliegen
einer weiteren Druckprobe vor ihrer Einmanerung oder Ummantelung nur dann,
wenn sie durch die Versendung oder aus anderer Veranlassung Beschädigungen erlitten
haben, welche die Wiederholung der Druckprobe geboten erscheinen lassen. Dabei macht
es keinen Unterschied, ob der Verfertigungsort in Preußen oder in einem anderen
Bundesstaate belegen ist (vergl. S. 6). Dampfkessel aus dem Auslande müssen
den im Abschnitt III. dieser Anweisung vorgeschriebenen Prüfungen stets unter-
worfen werden, insbesondere ist bei den aus dem Ausland eingeführten Loko-
mobilen die Ummantelung stets zu entfernen.
Nietestempelung.
§. 24. Nach Ausführung der Druckprobe hat der Kesselprüfer — vorausgesetzt,
daß sie zur Beanstandung des Kessels keinen Anlaß gegeben hat — die Kupferniete,
mit welchen das Fabrikschild (§. 10 der allgemeinen polizeilichen Best. 5. Aug. 1890)
an dem Kessel befestigt ist, mit seinem Stempel zu versehen. Dieser ist in dem
Prüfungszeugnisse abzudrucken.
Abnahmeprüfung.
§. 25. I. Die Abnahmeprüfung hat festzustellen, ob die Ausführung der
Kesselanlage den Bestimmungen der ertheilten Genehmigung entspricht. Sie ist bei
Kefseln, die eingemauert werden, nach der Einmauerung vorzunehmen.
II. Bei Dampfschiffskesseln erfolgt die Abnahmeprüfung in dem Heimathshafen
des Schiffes oder in dem ersten deutschen Anlaufshafen oder an dem Orte, an welchem
der Kessel in das Schiff eingebaut oder mit demselben verbunden worden ist. Bei
Schiffskesseln, welche in einem der Bundesstaaten genehmigt worden sind und in
Preußen zur Abnahmeprüfung gestellt werden, hat die Untersuchung sich auch darauf
zu erstrecken, ob denjenigen Genehmigungsbedingungen, welche nach Maßgabe der in
jenem Bundesstaate über die Anlegung von Dampsschiffskesseln geltenden besonderen
polizeilichen Bestimmungen vorgeschrieben wurden, entsprochen worden ist.