288 Abschnitt XXXIV. Krankenversicherungs-Gesetz.
2. daß Versicherten, welche die Gemeinde-Krankenversicherung durch eine
mit dem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte bedrohte strafbare Hand-
lung geschädigt haben, für die Dauer von zwölf Monaten seit Begehung
der Strafthat, sowie dass Versicherten, welche sich eine Krankheit
vorsätzlich!) oder durch schuldhafte Betheiligung bei Schlägereien oder
Naufhändeln, durch Trunkfälligkeit?) oder geschlechtliche Ausschweifungen?)
zugezogen haben, für diese Krankheit das Krankengeld") gar nicht oder
nur theilweise zu gewähren ist;
3. dass Versicherten, welche von der Gemeinde die Krankenunterstützung.
ununterbrochen oder im Laufe eines Zeitraums von zwölf Monaten für
dreizehn Wochen bezogen haben, bei Eintritt eines neuen Unterstützungs--
falles, sofern dieser durch die gleiche nicht gehobene Krankheitsursache
veranlasst ist, im Laufe der nächsten zwölf Monate Krankenunterstützung
nur für die Gesammtdauer von dreizehn Wochen zu gewähren ist;
4. dass Krankengeld allgemein oder unter bestimmten Voraussetzungen
schon vom Tage des Eintritts der Erwerbsunfähigkeit ab, sowie für Sonn-
und Festtage zu zahlen ist;
5. dass Versicherten auf ihren Antrag die im S. 6 Abs. 1 Ziff. 1 bezeichneten
Leistungen auch für ihre dem Krankenversicherungszwange nicht unter-
liegenden Familienangehörigen zu gewähren sind):
6. dass die ärztliche Behandlung, die Lieferung der Arznei und die Kur und
Verpflegung nur durch bestimmte Aerzte, Apotheken und Krankenhäuser.
zu gewähren sind und die Bezahlung der durch Inanspruchnahme anderer
Aerzte, Apotheken und Krankenhäuser entstandenen Kosten von dringen-
den Fällen abgesehen, abgelehnt werden kann.
Die Gemeinden sind ferner ermächtigt, Vorschriften über die Kranken-
meldung, über das Verhalten der Kranken und über die Krankenaufsicht zu
erlassen und zu bestimmen, dass Versicherte, welche diesen Vorschriften oder
den Anordnungen des behandelnden Arztes zuwiderhandeln, Ordnungsstrafen
bis zu zwanzig Mark zu erlegen haben. Vorschriften dieser Art bedürfen der-
Genehmigung der Aufsichtsbehörde.
9 An Stelle der im §. 6 vorgeschriebenen Leistungen kann freie Kur
und Verpflegung in einem Krankenhause gewährt werden") und zwar:
1. für diejenigen, welche verheirathet sind oder eine eigene Haushaltung
haben, oder Mitglieder der Haushaltung ihrer Familie find, mit ihrer
Zustimmung, oder unabhängig von derselben, wenn die Art der Krankheit
Anforderungen an die Behandlung oder Verpflegung stellt, welchen in
der Familie des Erkrankten nicht genügt werden kann, oder wenn die
1) Wann liegt Borsätzlichkeit vor? E. O. V. XVII. 374; XXIV. 327. Der
Wille des Kassenmitgliedes muß auf Herbeiführung der Krankheit gerichtet sein, Erk.
O. V. G. 11. Febr. 1892 (Pr. V. Bl. XIII. 315).
:) D. i. gewohnheitsmäßiges, übermäßiges Trinken, das die Krankheit thatsächlich
herbeiführt. Die Krankheit braucht nicht die durchaus nothwendige unabwendbare
Folge zu sein, E. O. B. XXIII. 291. 6
3) Darunter kann nur ein geschlechtlich ausschweifendes Leben verstanden werden.
Das O. V. G. irrt, wenn es annimmt (E. O. B. XXIV. 332), daß schon ein ein-
maliger außerehelicher Beischlaf genüge. # .
4) Nur dieses; die Leistungen aus §. 6 Abs. 1, 1 find jedenfalls zu gewähren;
E. O. V. XXIV. 327. ssenmitglieber die Vercchiigten, d 6
5) Doch find die Kassenmitglieder die Berechtigten, denen auch die Leistungen
für n Dechusine orian zu gewähren sind, E. O. V. XVI. 359. stung
6) Die Krankenversicherung ist zu allen Leistungen verpflichtet, die erforderlich
sind, um dem Erkrankten die Pflege im Krankenhause zu verschaffen. Sie hat
daher den Kranken, der unfähig ist, zu gehen, unter Anwendung geeigneter Trans-
portmittel in das Krankenhaus zu schaffen, E. O. V. XXII. 352. Wer sich weigert,
in ein Krankenhaus zu gehen, verliert für die Dauer der Weigerung seine Ansprüche
aus der Krankenversicherung, E. O. V. XVI. 31t63.
Den Krankenhäusern stehen andere Heilanstalten, wie Irrenhäuser, Entbindungs-
anstalten rc. gleich, nicht aber Armen= und Siechenhäuser.