386 Abschnitt XXXIV. Unfall- und Krankenversicherungs-Gesetz.
Soweit hiernach das Reich oder ein Bundesstaat an die Stelle der Berufs-
genossenschaft tritt, werden die Befugnisse und Obliegenheiten der Genossenschafts-
versammlung und des Vorstandes der Genossenschaft durch Ausführungsbehörden
wahrgenommen, welche für die Heeresverwaltungen von der obersten Militär-
verwaltungsbehörde des Kontingents, im Uebrigen für die Reichsverwaltungen
vom Reichskanzler, für die Landesverwaltungen von der Landes-Centralbehörde
zu bezeichnen sind!). Dem Reichs-Versicherungsamt ist mitzutheilen, welche
Behörden als Ausführungsbehörden bezeichnet worden sind.
§. 3. Soweit das Reich oder ein Bundesstaat an die Stelle der Berufs-
genossenschaft tritt, finden die §§. 10 bis 31, 33 bis 40, 59 Abs. 4, 60, 62
Abs. 1, 71 bis 74, 75 Abs. 2 und 3, 76, 78 bis 86, 87 Abs. 1, 88, 89, 90
Abs. 1 lit. a, d, e, 94, 103 bis 108 des Unfallversicherungs-Gesetzes keine
Anwendung:).
§. 4. Personen des Soldatenstandes sind von der Versicherung aus-
eschlossen.
a Die Erstreckung der Versicherungspflicht auf Betriebsbeamte mit einem
zweitausend Mark übersteigenden Jahresarbeitsverdienst (§. 2 Abs. 1 des Unfall-
versicherungs-Gesetzes) kann durch die Ausführungsvorschriften erfolgen, soweit
diese Beamten nicht nach 8. 4 a. a. O. von der Anwendung des Gesetzes aus-
geschlossen sind.
§. 5. Die Wahl der Vertreter der Arbeiter (§. 41 a. a. O.) erfolgt für
den Geschäftsbereich jeder Ausführungsbehörde.
Das Regulativ (. 43 a. a. O.) wird durch die für den Erlaß der Aus-
führungsvorschriften zuständige Behörde erlassen. In demselben sind die Zahl
der Vertreter und die denselben zu gewährenden Vergütungssätze (8§. 44 Abf. 4,
49 Abs. 2, 55 Abs. 1 a. a. O.) festzustellen.
Ueber Streitigkeiten, welche sich auf die Gültigkeit der vollzogenen Wahlen
beziehen, entscheidet das Reichs-Versicherungsamt bezw. das Landes-Versiche-
rungsamt.
. 6. Für den Geschäftsbereich jeder Ausführungsbehörde ist mindestens
ein Schiedsgericht (§. 46 a. a. O.) zu errichten. Die im §. 47 Abs. 3 a. a. O.
bezeichneten Beisitzer werden von der Ausführungsbehörde ernannt.
§. 7. Die Feststellung der Entschädigungen (§. 57 a. a. O.) erfolgt durch
die in den Ausführungsvorschriften zu bezeichnende Behörde.
§. 8. Gegen den Bescheid der zuständigen Behörde, durch welchen ein
Entschädigungsanspruch aus dem Grunde abgelehnt wird, weil der Betrieb, in
welchem der Unfall sich ereignet hat, für nicht unter den §. 1 fallend erachtet
wird, steht dem Verletzten und seinen Hinterbliebenen die Beschwerde an das
Reichs-Versicherungs-, bezw. Landes-Versicherungsamt zu, welche bei demselben
bimnen vier Wochen nach der Zustellung des ablehnenden Bescheides einzu-
egen ist.
§. 9. Vorschriften der Ausführungsbehörden über das in den Betrieben
von den Versicherten zur Verhütung von Unfällen zu beobachtende Verhalten
sind, sofern sie Strafbestimmungen enthalten sollen, vor dem Erlaß mindestens
drei Vertretern der Arbeiter zur Berathung und gutachtlichen Aeußerung vor-
zulegen. Die Berathung findet unter Leitung eines Beauftragten der Aus-
führungsbehörde statt. Der Beauftragte darf kein unmittelbarer Vorgesetzter
der Vertreter der Arbeiter sein. · »
Die auf Grund solcher Vorschriften verhängten Geldstrafen fließen in die
Krankenkasse, welcher der zu ihrer Zahlung Verpflichtete zur Zeit der Zuwider-
handlung angehört.
1) Res. 19. Sept. 1885 (C. Bl. d. D. R. S. 475) für die preußische Heeres-
verwaltung; 18. Febr. 1895 (Eisenb. B. Bl. S. 244) für die preußischen Staats-
eisenbahnen; vergl. Res. 9. März 1895 (Eisenb. B. Bl. S. 244) für die übrigen
Eisenbahnen; 21. März 1886 (C. Bl. d. D. R. S. 66) für die Reichs-Post= und
Telegraphenverwaltung; 27. Juli 1887 (M. Bl. S. 200) für die für Rechnung der
Staatsforstverwaltung betriebenen Wald- und Feldeisenbahnen; 4. Jan. 1892 (M. Bl-
S. 49) für die Betriebe der Staatsbauverwaltung.
:) Bergl. zusätzlich §. 764 Krankenvers. Ges. 10. April 1892.