Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

38 Abschnitt XXXIII. R. Gew. Ordn. Konzessionspflichtige Gewerbe. 
§. 351). Die Ertheilung von Tanz-, Turn= und Schwimmunter- 
richt:) als Gewerbe, sowie der Betrieb von Badeanstalten ist zu untersagen ?), 
wenn Thatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit der Gewerbetreibenden 
in Bezug auf diesen Gewerbebetrieb") darthun. 
Unter derselben Voraussetzung sind zu untersagen: der Trödelhandel!) 
(Handel mit gebrauchten Kleidern, gebrauchten Betten oder gebrauchter Wäsche- 
der Kleinhandel mit altem Metallgeräth, mit Metallbruch oder dergleichen), 
  
1) Der §. 35 betrifft eine Zahl von Gewerben, deren Betrieb nach der Gew. O. 
von 1869 nur auf Grund von gerichtlichen Bestrafungen wegen Verbrechen oder 
Vergehen gegen die Sittlichkeit oder aus Gewinnsucht untersagt werden konnte, was 
sich als unzulänglich erwies und die man nicht förmlich konzessionspflichtig 
machen wollte, bei denen es aber nöthig befunden wurde, gewisse Garantien im 
Gesetze zu geben, damit sie nicht zur Gefährdung der Sitte und guten Ordnung, 
zum Schaden der Allgemeinheit oder Einzelner betrieben werden. 
Das einzige Mittel, den hervorgetretenen Uebelständen abzuhelfen, blieb demnach 
die Berpflichtung der Behörden, den fraglichen Gewerbebetrieb unter gewissen Vor- 
aussetzungen zu untersagen. Auf diesem Wege wird den Behörden derjenigen Be- 
zirke, in welchen die Mißstände hervorgetreten find, die Möglichkeit gegeben, solche 
Personen, welche das Gewerbe in gemeinschädlicher Weise betreiben, 
zu beseitigen, ohne daß fie genöthigt wären, voraus ein Urtheil über die Zuver- 
lässigkeit jedes einzelnen Gewerbetreibenden dieser Art abzugeben. Ein besonderer 
Vorzug dieser Regelung wird darin bestehen, daß Personen, die in Folge eines 
Bergehens ihren bisherigen Beruf haben aufgeben müssen, nicht, wie es bei Einführung 
der Konzessionspflicht würde geschehen müssen, von diesem Gewerbebetrieb, welcher 
ihnen häufig noch die einzige Möglichkeit eines ehrlichen Erwerbes bietet, von vorn- 
herein ausgeschlossen zu werden brauchen. Die Behörde kann sie, falls sie diesen 
Gewerbebetrieb beginnen und nicht ohne weiteres nach der Natur des von ihnen be- 
gangenen Vergehens als unzuverlässig in Bezug auf den begonnenen Gewerbebetrich 
anzusehen find, zunächst gewähren lassen und abwarten, ob fie ihn in einer 
Weise ausüben, welche zum demnächstigen Einschreiten Anlaß giebt, Mot. der Nov. 
von 1883 S. 24. 
Ueber die Untersagung der in §. 35 und 37 erwähnten Gewerbe entscheidet 
der Kreis= bezw. Stadt= oder Bezirks-Ansschuß nach Maßgabe des §. 119 Zust. Ges. 
Zur Klage ist die Polizeibehörde des Betriebsortes zuständig, wenn das Gewerbe nicht 
am Wohnort betrieben wird, E. O. B. XXII. 318. 
) Tanzstunden dürfen an Schulkinder in Schankwirthschaften nicht ertheilt werden. 
Iäl ein geeignetes Privatlokal nicht zu haben, so darf der Unternehmer einen mit 
Schankräumen nicht unmittelbar zusammenhängenden Saal in einem anständigen 
Gasthause wählen, Res. 10. Dez. 1884 (M. Bl. 1885 S. 14). 
Zur gewerbsmäßigen Ertheilung des Tanzunterrichts bedarf es. 
keiner polizeilichen Genehmigung; es kann demnach Jeder, der sich dazu für 
befähigt hält, sich ohne weiteres als Tanzlehrer etabliren. Die Polizeibehörde ist nicht. 
befugt, wegen Unzuverlässigkeit des Tanzlehrers ihm die Ertheilung des Tanzunter- 
richts in einem bestimmten Ort durch Berfügung zu untersagen, sondern sie kann 
nur Klage gegen ihn beim Kreis= oder Bezirksausschuß auf allgemeine Untersagung 
der gewerbsmäßigen Ertheilung des Tanzunterrichts erheben. Doch ist polizeiliches 
Einschreiten zur Verhinderung einer bestimmten Polizeiwidrigkeit bei Ausübung des 
Gewerbes zulässig, E. O. V. XXVI. 286. 
i) Bei Vermeidung der Strafe des §. 148. 
Alfo nicht jede strafbare Handlung, auch wenn sie außer Beziehung zu diesem 
Gewerbebetrieb steht. Wird ein solches Gewerbe dem einen Ehegatten wegen Unzu- 
verlässigkeit untersagt, vom anderen ausgenommen und dabei von ersterem hervorragend 
mitbetrieben, so kann es auch dem anderen untersagt werden, Erk. O. B. G. 27. Sept. 
1886 (Pr. B. Bl. VIII. 80). · , 
Unter Unzuverlässigkeit ist nicht nur ein sinlicher Mangel zu verstehen; auch die 
Unfähigkeit zum Betriebe des Gewerbes gehört hierher, E. O. B. XXVIII. 329. 
5) Bergl. die weiter unten abgedruckte Polizeivd. 18. März 1885, betr. den Ge- 
schäftsbetrieb der im s§. 35 Abs. 2 und 3 Gew. O. verzeichneten Gewerbetreibenden 
und die Anm. dazu.
	        
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