Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

448 Abschnitt XXXIV. Invaliditäts= und Altersversicherung. 
  
Zu Anmerkung 2 auf S. 447. 
dem Arbeiter= und niederen Betriebsbeamtenstande angehört, unterliegen nicht der 
Versicherungspflicht?). 
V. Die Bersicherungspflicht wie die Versicherungsberechtigung erstreckt sich gleich- 
mäßig auf männliche und weibliche, verheirathete und unverheirathete Personen. Auch 
die im Inlande beschäftigten Ausländer sind als versicherungspflichtig (versicherungs- 
berechtigt) anzusehen. 
VI. Von der Dauer der Beschäftigung, welche für die Krankenversicherung von 
entscheidender Bedentung ist, wird die Versicherungspflicht nach dem Gesetz nicht ab- 
hängig gemacht. Auch eine nur vorübergehende Dienstleistung, mag dieselbe ihrer Natur 
nach oder aus mehr zufälligen Gründen, wie z. B. vorübergehende Hülfsleistung in 
der Ernte, auf nur kurze Zeit beschränkt sein, begründet die Verficherungspflicht. Jedoch 
kann durch Beschluß des Bundesraths bestimmt werden, inwieweit vorübergehende 
Dienstleistungen als Beschäftigung im Sinne des Gesetzes nicht anzusehen sind (F. 3 
Abs. 3 d. Ges.)“). 
VII. Diejenigen Personen, welche berufsmäßig einzelne persönliche Dienstleistungen 
bei wechselnden Arbeitgebern übernehmen, z. B. Hafenarbeiter, Kofferträger, Dienst- 
männer, Lohndiener, Führer, Friseusen, Krankenpflegerinnen, ferner Aufwartefrauen, 
Waschfrauen, Nätherinnen, Büglerinnen, die auf jedesmalige Bestellung in den Häusern 
der Kunden arbeiten, unterliegen der Bersicherungepflicht dann, wenn sie als Arbeiter, 
dagegen nicht, wenn sie als selbständige Gewerbetreibende anzusehen find. Welcher 
dieser letzteren Fälle vorliegt, wird nach den jedesmal obwaltenden Berhältnissen zu 
entscheiden sein. Im Allgemeinen werden die sogenannten unständigen Arbeiter, wie 
die freien landwirthschaftlichen Arbeiter, die Hafenarbeiter, die Wegearbeiter, die Wasch- 
franen 2c., welche von Haus zu Haus gehen, als unselbständige Lohnarbeiter, dagegen 
die selbständigen Kofferträger, Führer, Dienstmänner (vergl. §. 37 Gew. O., R. G. 
Bl. 1883 S. 177), Lohndiener, Krankenpflegerinnen, Friseusen in der Regel als ge- 
werbliche Unternehmer zu behandeln sein ?77). 
VIII. Auch diejenigen Personen, welche von den Gewerbetreibenden außerhalb 
ihrer Betriebsstätten beschäftigt werden (§. 2 Ziff. 4 Krankenvers. Ges.), find als ver- 
sicherungspflichtige Lohnarbeiter anzusehen, sofern sie nicht Hausgewerbetreibende sind 
(vergl. Nr. XIX.). 
IX. Verwandte des Arbeitgebers, insbesondere Hauskinder, welche zu diesem in 
einem die Versicherung begründeten Verhältnisse stehen, unterliegen gleichfalls den 
Vorschriften des Gesetzes (vergl. jedoch hierzu Nr. X.). Eine Ausnahme machen nur 
die Eheleute untereinander, da zwischen ihnen nach dem Wesen der Ehe niemals 
eines der für die Begründung der Versicherung erforderlichen Abhängigkeitsverhältnisse 
bestehen kann. 
X. Das Invaliditäts= und Altersverficherungs-Gesetz versichert abweichend von 
den Unfallversicherungs-Gesetzen nur die gegen Lohn oder Gehalt beschäftigten Ar- 
beiter 2c. Um das Bersicherungsverhältniß zu begründen, ist es jedoch nicht erforderlich, 
daß der für die Beschäftigung gewährte Entgelt in baarem Gelde besteht. Es genügt 
vielmehr hierzu auch die Gewährung von Naturalbezügen, z. B. Wohnung, Feuerung, 
Kleidung, Gartennutzung, Kuhweide, Kartoffelland u. s. w. (§. 3 Abs. 1 d. Ges.). 
Ohne Belang ist auch die Art der Lohnzahlung; es kann der Lohn als Tagelohn 
oder sonstiger Zeitlohn, als Stücklohn oder als Antheil an der Einnahme (Tantieme) 
gezahlt werden. Hiernach ist beispielsweise ein Kurscher, welcher einen Wagen von 
einem Lohnfuhrherrn mit der Bedingung übernimmt, daß ihm ein Theilbetrag oder 
*) Hierher gehören z. B. auch Fleischbeschauer, Industrielehrerinnen der Gemein- 
den, Mitglieder einer Kapelle oder eines Schauspielunternehmens, die höheren Kunst- 
zwecken dienen, Arb. Vers. 1892 S. 280, 1891 S. 384, 1887 S. 337, 1891 S. 514, 
1892 S. 57. Bergl. wegen der letzteren (Schauspieler, Ballettänzer, Sänger, Mu- 
siker) Res. 14. Jan. 1892 (M. Bl. S. 46). 
*#) Vergl. Bek. 24. Dez. 1891 (R. G. Bl. S. 399), 24. Jan. 1893 (N. G- 
Bl. S. 5) und 31. Dez. 1894 (R. G. Bl. S. 543) hinter dem Ges. abgedruckt. 
o##) Auch Hebammen, Botengänger, Botenfrauen. Diakonissinnen und Ordens- 
schwestern werden versicherungepflichtig, sobald sie in ein privates Lohnverhältniß ein- 
treten, Arb. Vers. 1892 S. 129, 1891 S. 687, 205. 
 
	        
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