Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

458 Abschnitt XXXIV. Invaliditäts-- und Altersversicherung. 
angehört haben, die Bescheinigung der Gemeindebehörde ). Die Kassenvorstände 
sind verpflichtet, diese Bescheinigungen auszustellen und können hierzu von der 
Aufsichtsbehörde durch Geldstrafe bis zu einhundert Mark angehalten werden. 
Für die in Reichs= und Staatsbetrieben beschäftigten Personen können die 
vorstehend bezeichneten Bescheinigungen durch die vorgesetzte Dienstbehörde aus- 
gestellt werden. 
Der Nachweis geleisteter Militärdienste erfolgt durch Vorlegung der Mi- 
litärpapiere. 
§. 19. Die Mittel zur Gewährung der Invaliden= und Alters- 
renten werden vom Reich, von den Arbeitgebern und von den Ver- 
sicherten aufgebracht. *7½ 
Die Aufbringung der Mittel erfolgt seitens des Reichs durch Zuschüsse zu 
den in jedem Jahre thatsächlich zu zahlenden Renten, seitens der Arbeitgeber 
und der Versicherten durch laufende Beiträge. Die Beiträge entfallen auf den 
Arbeitgeber und den Versicherten zu gleichen Theilen (F. 116) und sind für 
jede Kalenderwoche zu entrichten, in welcher der Versicherte in einem die Ver- 
sicherungspflicht begründenden Arbeits= oder Dienstverhältniß gestanden hat 
(Beitragswoche) . 
§. 20. Die Festsetzung der für die Beitragswoche zu entrichtenden Bei- 
träge erfolgt für die einzelnen Versicherungsanstalten (F. 41) im Voraus auf 
bestimmte Heiträume, und zwar erstmalig für die Zeit bis zum Ablauf von 
zehn Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes (§. 162 Abs. 2), demnächst 
für je fünf weitere Jahre. 
Die Höhe der Beiträge ist unter Berücksichtigung der in Folge von Krank- 
heiten (§. 17 Abs. 2) entstehenden Ausfälle so zu bemessen, daß durch dieselben 
gedeckt werden die Verwaltungskosten, die Rücklagen zur Bildung eines Reserve- 
fonds (§. 21), die durch Erstattung von Beiträgen (8§§. 30 und 31) voraus- 
sichtlich entstehenden Aufwendungen, sowie der Kapitalwerth der von der Ver- 
sicherungsanstalt aufzubringenden Antheile an denjenigen Renten, welche in dem 
betreffenden Zeitraum voraussichtlich zu bewilligen sein werden. 
§. 21. Die Rücklagen zum Reservefonds sind für die erste Beitragsperiode 
so zu bemessen, daß am Schlusse derselben der Reservefonds ein Fünftel des 
Kapitalwerths der in dieser Periode der Versicherungsanstalt voraussichtlich zur 
Last fallenden Renten beträgt. Sofern der Reservefonds am Schlusse der 
ersten Beitragsperiode diesen Betrag nicht erreicht hat, ist das Fehlende in den 
nächsten Beitragsperioden aufzubringen. Die Vertheilung auf diese Perioden 
unterliegt der Genehmigung des Reichs-Versicherungsamts. 
Durch das Statut der Versicherungsanstalt kann bestimmt werden, daß der 
Reservefonds bis zur doppelten Höhe des vorgeschriebenen Betrages zu erhöhen ist. 
Der Reservefonds sowie dessen Zinsen dürfen, so lange der erstere die vor- 
geschriebene Höhe noch nicht erreicht hat, nur in dringenden Bedarfsfällen mit 
Genehmigung des Reichs-Versicherungsamts angegriffen werden. 
§. 22. Zum Zweck der Bemessung der Beiträge und Renten werden nach 
der Höhe des Jahresarbeitsverdienstes folgende Klassen der Versicherten gebildet: 
Klasse 1 bis zu 350 Mark einschließlich, 
„ II von mehr als 350 bis 550 Mark, 
„ III von mehr als 550 bis 850 Mark, 
IV von mehr als 850 Mark. 
1) Ausf. Anw. 26 Febr. 1890 (M. Bl. 1891 S. 141) A. 1: Gemeindebehörden 
sind die Vorstände der Gemeinden und selbständigen Gutsbezirke; ist die Gemeinde- 
verwaltung in örtliche Distrikte getheilt, deren Vorsteher. Bildet die Gemeinde- 
behörde ein Kollegium, so darf sie zur Ausstellung der Bescheinigungen einen Kom- 
missar bestellen. 
Wegen der Nachweise über Arbeitslohn, Arbeitszeit, Unterbrechungen eines stän- 
digen Arbeitsverhältnisses, Krankheiten vergl. ebenda B.—D.; wegen der Bescheini- 
gungen der Dienstherrschaft über die Dauer des Gesindedienstes, Res. 15. Juli 1891 
(M. Bl. S. 140). 
:) Die Kalenderwoche ist gleichbedeutend mit Arbeitswoche und beginnt daher 
mit dem ersten regelmäßigen Arbeitstage, dem Montag, Min. Erl. 23. Nov. 1890.
	        
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