496 Abschnitt XXXV. Reklamationen und Verjährungsfristen.
Gesetz über die Reklamationen und vVerjährungsfristen bei öffeut-
lichen Abgaben.
Vom 18. Juni 1840 (G. S. S. 140)1).
§. 1. Reklamationen gegen direkte Steuern, namentlich gegen Ab-
gaben, welche nach den Etats, Katastern oder Jahresheberollen als Grundsteuer
durch Ortserheber oder unmittelbar durch unsere Kassen von den Steuer-
pflichtigen erhoben werden, imgleichen gegen die Klassen= und Gewerbesteuer,
sowie gegen diejenigen Abgaben welche in Folge des K. 11 des allgemeinen
Abgaben-Gesetzes vom 30. Mai 1820, als auf einem speziellen Erhebungstitel
beruhend ?), zu entrichten sind, müssen ohne Unterschied, ob sie auf Ermäßigung
oder auf gänzliche Befreiung gerichtet sind, binnen drei Monatens) vom
Tage der Bekanntmachung der Heberolle, oder wenn die Steuer im Laufe des
Jahres auferlegt worden, binnen drei Monaten nach erfolgter Benachrichtigung
von deren Betrage, oder endlich, im Falle eine periodische Veranlagung und
Anfertigung von Heberollen nicht stattfindet, binnen den ersten drei Monaten
jedes Jahres:), bei der Behördes) angebracht werden.
Wird diese Frist versäumt, so erlischt der Anspruch auf Steuerermäßigung
oder Befreiung, sowie auf Rückerstattung, für das laufende Kalenderjahr .
Ist die Reklamation vor dem Ablaufe der Frist angebracht, und wird solche
begründet gefunden, so erfolgt die Ermäßigung oder gänzliche Befreiung für
das laufende Jahr!"7). Für verflossene Jahre") wird keine Rückzahlung gewährt.
Tritt eine solche Veränderung ein, wodurch die bisherige Steuerverpflichtung
aufgehoben wird, so muß davon der Behörde Anzeige gemacht werden. Bis
zu Ende des Monats, in welchem diese Anzeige erfolgt, kann die Entrichtung
der Steuer gefordert werden.
1) Für die Staatssteuern mit diesen, für die Kommunal-- und ähnlichen Abgaben
durch Ges. 12. April 1882 (G. S. S. 297) in den neuen Provinzen eingeführt.
2) Begriff der direkten Steuern im Sinne dieses Gesetzes: E. O. V. VI. 103;
Begriff der Abgaben: E. O. V. X. 153.
3) Diese Frist ist heute vielfach abgeändert. Ueberhaupt hat das Gefetz an Be-
deutung durch die neueren Steuergesetze sehr verloren. Gemäß §. 81 Einkommen-
steuerges. 24. Juni 1891 finden seine Borschriften auf die Einkommensteuer nur
insoweit Anwendung, als dies Gesetz nicht abweichende Bestimmungen enthält, wie
z. B. hinsichtlich der Fristen bei Einlegung von Rechtsmitteln (§s§ 40, 44) und der
Erhebung von Nachsteuern (88. 67, 80).
Daßeelbe bestimmt §. 79 Gewerbesteuerges. 24. Juni 1891, wo ebenfalls hin-
sichtlich der Fristen bei Einlegung von Rechtsmitteln (5s. 35—37) und der Erhebung
von Nachsteuern (§F. 78) besondere Bestimmungen gelten; desgl. §. 46 in Verbindung
mit 8§. 33, 36, 44 des Ergänzungssteuerges. 14. Juli 1893. Hinsichtlich der Ge-
bäudestener vergl. 88. 10, 11 Gebäudesteuerges. 21. Mai 1861.
Hinsichtlich der Kommunalabgaben sind bezüglich der Rechtemittel die §§. 69 ff.,
bezüglich der Nachforderung und Verjährung die §8§. 83 ff. Komm. Abg. Ges. 14. Juli
1893 maßgebend.
Für Provinzialabgaben beträgt die Reklamationsfrist 4 Wochen (Prov. O. F. 112
n 2); für Kreis= und Amtsabgaben 2 Monate (Kr. O. §. 19 Abs. 2, 56. 703
Abs. 2).
() An Stelle des Kalenderjahres ist in Folge Ges. 12. Juli 1876 (G. S. S. 288)
das Etatsjahr getreten; auch sonst ist da, wo das Ges von „Jahr“ spricht, überall
das Etatsjahr gemeint. Die Frist endigt mit dem Ablaufe desjenigen Tages des
letzten Monats, der durch seine Zahl dem Tage entspricht, an dem die Frist begonnen
hat, bezw. mit dem letzten Tage des Monats, E. O. V. XVII. 232. Die Reklamation
#nn mündlich angebracht werden, wenn darauf ein Bescheid ertheilt wird, E. O. V.
. 147.
*) D. h. bei der Behörde, durch welche der Betheiligte herangezogen oder ver-
anlagt worden ist, Res. 29. Jan. 1878 (M. XX. 26).