Abschnitt XXXV. Ergänzungssteuer-Gesetz. 539
Das Ausscheiden aus der Veranlagungskommission hat für die durch die
Kommission abgeordneten Mitglieder und Stellvertreter auch das Ausscheiden
aus dem Schätzungsausschusse zur Folge!?.
§. 24. Der Schähungsausschuß hat die behufs Veranlagung der Steuer-
pflichtigen erforderlichen Werthermittelungen vorzunehmen und den Werth der
steuerbaren Vermögen, insbesondere die Werthe der im Veranlagungsbezirke
belegenen Grundstücke, sowie die Werthe der gewerblichen Anlage= und Betriebs-
kapitalien zu begutachten.
Der Ausschuß erhält zu diesem Zwecke Kenntniß von allen durch den Vor-
sitzenden der Veranlagungskommission gesammelten Nachrichten (§. 25), den
behufs Veranlagung zur Einkommenstener eingereichten Steuererklärungen, den
auf letztere bezüglichen Schriftstücken, sowie dem Ergebniß der Einkommensteuer-
veranlagung, und ist befugt, Auskunftspersonen zu vernehmen oder mit be-
rathender Stimme bei seinen Verhandlungen zuzuziehen.
Die Geschäftsordnung des Schätzungsausschusses wird durch den Finanz-
minister festgestellt ).
§. 25. Der Vorsitzende der Veranlagungskommission, welcher zugleich die
Interessen des Staates vertritt, hat das Veranlagungsgeschäft zu leiten und ist
dafür verantwortlich, daß die gesammte Veranlagung in seinem Bezirk nach den
bestehenden Vorschriften zur Ausführung gelangts).
Zum Zwecke der richtigen Veranlagung der Steuerpflichtigen hat der Vor-
sitzende, soweit dies nicht bereits zum Zwecke der Einkommensteuerveranlagung
(§. 35 Abs. 3 des Einkommensteuer-Ges.) geschehen ist, möglichst vollständige
1) Ausf. Anw. Art. 32.
2) Ausf. Anw. Art. 33; zu Abs. 1 Art. 34; zu Abs. 1 und 2 auch Art. 35.
:) Ueber das dienstliche Verhältniß des Vorsitzenden zu den ihm nachgeordneten
Behörden und Beamten vergl. Res. 17. Dez. 1894 (M. Bl. 1895 S. 12):
1. Nach der Bestimmung im §. 35 Abs. 1 Eink. St. Ges. und §. 25 Abs. 1
Erg. St. Ges. hat der Vorsitzende der Veranlagungskommission, der zugleich die In-
teressen des Staats vertritt, innerhalb seines Veranlagungsbezirkes (Kreises) das Ver-
anlagungsgeschäft zu leiten und ist dafür verantwortlich, daß die gesammte Beran-
lagung in seinem Bezirke nach den bestehenden Vorschriften zur Ausführung gelangt.
Demgemäß hat er die Geschäftsführung der als örtliche Veranlagungsorgane ihm
unterstellten Gemeinde= und Gutsvorstände zu beaufsichtigen, und zwar nicht nur in
ihrer Eigenschaft als Vorsitzende der Voreinschätzungskommissionen (F. 31 Eink. St.
Ges.), sondern auch mit Bezug auf die ihnen sonst bei der Veranlagung der Ein-
kommensteuer und Ergänzungssteuer übertragenen Geschäfte (5§. 21, 23, 61 Eink.
St. Ges., §§. 21, 41 Abs. 3 Erg. St. Ges.).
Vermöge seines Aussichtsrechts ist der Borsitzende der Veraulagungskommission
als solcher befugt, die Gemeindevorsteher (Bürgermeister, Amtmänner) und Gutsvor-
steber seines Bezirkes mit Anweisungen zu versehen, sie zur Erfüllung ihrer Pflichten
anzuhalten und näöthigenfalls zur Durchfübrung der innerhalb seiner Zuständigkeit
getroffenen Anordnungen die nach Maßgabe der allgemeinen Bestimmungen und der
Verf. 5. Juli 1866 (M. Bl. S. 133) zulässigen Zwangsmittel anzuwenden.
2. Die Aussicht über die Geschäftsführung der Vorsitzenden der Veranlagungs=
kommissionen führt gemäß §. 42 Eink. St. Ges., §. 34 Erg. St. Ges. der Vorsitzende
der Berufungskommission, dem zu diesem Zwecke die oben zu Nr. 1 Abs. 2 ange-
gebenen Befugnisse gegenüber den Vorsitzenden der Veranlagungskommissionen inner-
halb seines Bezirkes in gleicher Weise zustehen.
3. Liegen nach dem Ermessen des Vorsitzenden der Berufungskommission Um-
stände vor, die ein diszivlinarisches Vorgehen mit Ordnungsstrafen (88. 15, 18, 19
Disziplinar-Ges. 21. Juli 1852) gegen den Vorsitzenden einer Veranlagungskommission
angezeigt erscheinen lassen, so hat er — unbeschadet der ihm zustehenden Zwangs-
befugnisse (s. oben zu 2) — die Vermittelung des Regierungspräsidenten anzurnfen.
Daoas gleiche Verfahren hat der Vorsitzende der Veranlagungskommission hinsicht-
lich disziplinarischer Maßregeln gegen Gemeinde= oder Gutsvorsteher zu beobachten,
insoweit ihm nicht die Berhängung von Ordnungsstrafen gegen sie in seiner Eigen-
schaft als Landrath in Gemäßheit des §. 36 Zust. Ges. zusteht.