Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

Abschnitt XXXV. Gewerbesteuer-Gesetz. 597 
Hinsichtlich der Besteuerung des Gewerbebetriebes im Umherziehen 
und des Wanderlagerbetriebes bewendet es bei den bestehenden 
Vorschriften mit der Maßgabe, daß im Sinne der 88. 4 und 5 des Gesetzes 
vom 27. Februar 1880 (G. S. S. 174) Städte mit mehr als 50,000 Ein- 
wohnern als Orte der ersten Gewerbesteuerabtheilung, Städte mit mehr als 
10,000 bis 50,000 Einwohnern als Orte der zweiten Gewerbesteuerabtheilung, 
Städte mit mehr als 2000 bis 10,000 Einwohnern als Orte der dritten und 
alle übrigen Orte als solche der vierten Gewerbesteuerabtheilung gelten. 
Vorstehende Eintheilung findet auch Anwendung, wo in anderen Gesetzen 
auf die bisherigen Gewerbesteuerabtheilungen Bezug genommen ist. 
Die Einwohnerzahl bestimmt sich nach dem Ergebnis der zuletzt voran- 
gegangenen Volkszählung. 
§. 2. Gewerbliche Unternehmen, welche außerhalb Preußens ihren Sitz 
haben, aber in Preußen durch Errichtung einer Zweigniederlassung ), Fabri- 
fations- Ein= oder Verkaufsstätte ) oder in sonstiger Weise ein oder mehrere 
stehende Betriebe") unterhalten, sind nach Maßgabe derselben der Gewerbesteuer 
1) Der Begriff der Zweigniederlassung unterscheidet sich nicht von dem handels- 
rechtlichen Begriffe, H. G. B. Art. 19, 21, 86, E. O. V. in St. III. 226. 
2) „Fabrikationsstätte“ bildet zugleich eine Betriebsstätte; jede Betriebsstätte be- 
gründet die Steuerpflicht. Im Allgemeinen ist eine solche überall da anzunehmen, 
wo sich dauernd und bleibend der Hauptsache nach zufolge der Willensbestimmung des 
Unternehmers oder nach der Natur des Gewerbes diejenigen Thätigkeiten vollziehen, 
die den Inhalt des Gewerbebetriebes bilden, E. O. V. XIV. 120 — Börsenlokal 
Betriebsstätte eines vereidigten Maklers der Berliner Börse —; vergl. E. O. B. 
XV. 206 — gewisse Stetigkeit in der erkennbaren Absicht fortgesetzter Betriebs- 
thätigkeit auf derselben Stelle —; XVII. 249 — Betriebsstätte eines Wasserwerkes —; 
XVIII. 131; Erk. O. V. G. 20. Sept. 1889 (Pr. V. Bl. XI. 122), 5. März 1890 
(das. XI. 369); E. K. X. 193 — Automaten als Betriebsstätten —; Erk. O. V. G. 
10. Okt. 1890 (Pr. B. Bl. XII. 85) — Arbeitsräume einer Gefangenenanstalt desgl. 
) D. i. diejenige Stätte, wo die auf den Absatz der Güter gerichteten Arbeiten 
geleistet werden, E. O. V. XV. 202. Automatische Verkaufsapparate gelten als Ver- 
kaufsstätte, Res. 8. Aug. 1888 (M. 23 S. 19); z. B. auch Cognak-Automaten, Res. 
15. Juni 1889 (M. 23 S. 19). 
4) Als stehende Betriebe gelten nicht nur die dem Gewerbe dienenden sichtbaren 
Anstalten, wie Zweigniederlassungen, Fabrikations-, Ein= oder Verkaufsstätten, Speicher, 
Waarenlager, Comptoire, sondern auch alle sonstigen Geschäftseinrichtungen, welche sich 
als Ausübung eines stehenden Gewerbes in Preußen darstellen; insbesondere genügt 
die Ausübung des stehenden Gewerbebetriebes durch dauernd sich zu diesem Zwecke in 
Preußen anshaltende Geschäftstheilnehmer, Prokuristen, Agenten oder andere ständige 
Verreter, welche entweder in einem Dienstverhältniß zu dem Inhaber des Gewerbes 
stehen, oder ohne solches Geschäfte in seinem Namen und für seine Rechnung auf 
Grund allgemeiner oder besonderer Ermächtigung abschließen. 
Die von inländischen (in Preußen domizilirten) Gewerben außerhalb Preußens 
unterhaltenen stehenden Betriebe im Sinne vorstehender Bestimmungen kommen bei 
der Gewerbesteuerveranlagung nur insoweit in Betracht, als bei der Berechnung des 
Ertrages der auf die diesseitige Geschäftsleitung entfallende Theil an dem Ertrage des 
auswärtigen Betriebes mit zu berücksichtigen ist. 
Jeder, hiernach nicht den Charakter eines stehenden Betriebes oder des Gewerbe- 
betriebes im Umherziehen an sich tragende Geschäftsbetrieb inländischer Gewerbe außer- 
halb Preußens, insbesondere derjenige vermittelst der Handlungsreisenden, ist in vollem 
Umfange mit der Gewerbesteuer zu erfassen. 
Ist ein und derselbe stehende Betrieb theils in Preußen, theils in einem andern 
Bundesstaate oder im Auslande belegen (indem z. B. einzelne Theile einer und der- 
selben Fabrik — Spinnerei und Weberei — oder die Fabrik und das zugehörige 
Comptoir sich zum Theil außerhalb Preußens befinden oder umgekehrt), so ist die 
Gewerbestener nach Maßgabe des in Preußen befindlichen Betriebes und des schätzungs- 
weise auf denselben zu rechnenden Antheils des Ertrages, beziehungsweise Betriebs- 
und Anlagekapitals zu veranlagen, Ausf. Anw. Art. 3. Vergl. Ausf. Anw. Art. 19 
und E. O. V. in St. IV. 317.
	        
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