Abschnitt XXXV. Gewerbesteuer-Gesetz. 603
Konsumvereine mit offenem Laden!) unterliegen der Besteuerung; ebenso
unter derselben Voraussetzung Konsumanstalten, welche von gewerblichen Unter-
nehmern im Nebenbetriebe unterhalten werden.
Molkereigenossenschaften, Winzervereine und andere Vereinigungen zur
Bearbeitung und Verwerthung der selbstgewonnenen Erzeugnisse der Theil-
nehmer unterliegen der Gewerbesteuer nur unter denselben Voraussetzungen,
unter welchen auch der gleiche Geschäftsbetrieb des einzelnen Mitgliedes hin-
sichtlich seiner selbstgewonnenen Erzeugnisse der Gewerbesteuer unterworfen ist2).
Steuerklassen.
63). Die Besteuerung erfolgt in vier Gewerbesteuerklassen.
iäi Klasse 1 sind diejenigen Betriebe zu besteuern, deren jährlicher Er-
trag 50,000 Mk. oder mehr, oder bei denen der Werth des Anlage= und
Betriebskapitals 1,000,000 Mk. oder mehr beträgt.
Die Gewerbesteuerklasse II umfaßt die Betriebe mit einem jährlichen Er-
trage von 20,000 bis ausschließlich 50,000 Mk., oder mit einem Anlage= und
Betriebskapitale im Werthe von 150,000 bis ausschließlich 1,000,000 Mk.
Zur Gewerbesteuerklasse III gehören die Betriebe mit einem jährlichen
Ertrage von 4000 bis ausschließlich 20,000 Mk. oder mit einem Anlage= und
Betriebskapitale im Werthe von 30,000 bis ausschließlich 150,000 Mk.
Zur Gewerbesteuerklasse IV gehören die Betriebe mit einem jährlichen
Ertrage von 1500 bis ausschließlich 4000 Mk., oder mit einem Anlage= und
Betriebskapitale von 3000 bis ausschließlich 30,000 Mk.
Sutz Betriebe, bei denen weder der jährliche Ertrag 1500 Mk. noch
das Anlage= und Betriebskapital 3000 Mk. erreicht, bleiben von der Gewerbe-
steuer befreit.
Auf die Betriebssteuer (§8. 59 ff. dieses Gesetzes) findet diese Bestimmung
keine Anwendung.
§. 8/). Betriebe, deren Zugehörigkeit zu einer der Steuerklassen 1, II,
III lediglich durch die Höhe des Anlage= und Betriebskapitals bedingt ist, sind
auf Antrag des Steuerpflichtigen in die dem Ertrage entsprechenden Steuerklasse
zu versetzen, wenn der erzielte Ertrag nachweislich zwei Jahre lang die Höhe
von 30,000 Mk. in Klasse I, 15,000 Mk. in Klasse II und von 3000 Mk. in
Klasse III nicht erreicht hat 5).
1) Als offener Laden ist nicht nur ein mit Waarenauslagen und sonstigen Ein-
richtungen zur Anziehung des Publikums (Schaufenster u. s. w.) versehenes Geschäft,
sondern überhaupt jedes Lokal anzusehen, welches zum Verkaufe von vorhandenen
Waarenvorräthen im Kleinverkehr an das Publikum dient, Ausf. Anw. Art. 11, 2.
Vergl. E. O. V. in St. I. 300.
2) Etwaige sonstige, in den abgeänderten §§. 3—5 nicht enthaltene, auf besonderen
Vorschriften oder Rechtstiteln beruhende Befreiungen von kommunalen Gewerbe-
steuern find bei der Gewerbesteuerveranlagung nicht zu berücksichtigen. Den Be-
rechtigten bleibt es vielmehr überlassen, die ihnen zustehende Steuerfreiheit den be-
treffenden Gemeinden gegenüber selbst geltend zu machen.
Bei der Veranlagung und der weiteren steuerlichen Behandlung der bisher
steuerfreien Gewerbe (im Rechtsmittelverfahren, bei den Zu- und Abgangstellungen
u. s. w.) ist in formeller und materieller Hinsicht nach den bestehenden allgemeinen
Vorschriften, unter Ausschluß jeder Unterscheidung von den schon bisher steuerpflichtigen
Gewerben, zu verfahren.
Die Veranlagung der Gewerbebetriebe des Staats und der Reichsbank erfolgt in
Berlin nach den hierüber ergehenden besonderen Bestimmungen, Zust. Best. 5. März
1894 Abschn. I.
3) Ausf. Anw. Art. 15.
4) Ausf. Anw. Art. 15, 4p, 5, 31 I. 1, 34, 7.
5) Die Versetzung muß in diejenige niedrigere Steuerklasse stattfinden, die dem
steuerpflichtigen Ertrage entspricht, E. O. V. in St. III. 332. Der Steuerpflichtige
hat hierauf einen im Rechtsmittelwege verfolgbaren Rechtsanspruch. Die maßgebenden
zwei Jahre sind diejenigen, deren Ertrag für die Veranlagung der beiden letzten
Jahre bestimmend war.