Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

612 Abschnitt XXXV. Gewerbesteuer-Gesetz. 
§. 241). Die Veranlagung der Gewerbesteuer erfolgt für jedes Steuerjahr. 
Für die Steuerveranlagung maßgebend ist der Ertrag des bei Vornahme 
derselben abgelaufenen Jahres, beziehungsweise das Anlage= und Betriebskapital 
nach seinem mittleren Stande im abgelaufenen Jahre?). 
Besteht der Gewerbebetrieb noch nicht ein Jahr lang, so ist der Ertrag 
und das Betriebskapital nach dem zur Zeit der Veranlagung vorliegenden An- 
halt zu schätzen. 
Während des Steuerjahres eintretende Aenderungen sind erst bei der Be- 
steuerung für das folgende Jahr zu berücksichtigen). 
Befugnisse des Steuerausschusses beziehungsweise des 
Vorsitzenden. 
§. 25"4). Der Vorsitzende des Steuerausschusses, welcher zugleich das 
Interesse des Staates vertritt, hat die Geschäfte des Steuerausschusses vorzu- 
bereiten, zu leiten und dessen Beschlüsse auszuführen. 
Zum Zweck der richtigen Veranlagung der Steuerpflichtigen hat er die 
erforderlichen Nachrichten über ihren Gewerbebetrieb einzuziehen. 
Hierbei kann er sich nach seinem Ermessen der Mitwirkung der Gemeinde- 
(Guts-) Vorstände und der Verwaltungsbehörden bedienen, welche seinen Auf- 
forderungen Folge zu leisten schuldig sind. 
Der Vorsitzende kann den Steuerpflichtigen auf Antrag oder von Amts- 
wegen Gelegenheit zur persönlichen Verhandlung über die für die Veranlagung 
erheblichen Thatsachen und Verhältnisse gewähren, auch eine Besichtigung der 
bemersilichen Anlagen, Betriebsstätten und Vorräthe während der Arbeitsstunden 
veranlassen. 
Sämmtliche Staats= und Kommunalbehörden haben dem Vorsitzenden die 
Einsicht aller, die Gewerbsverhältnisse der Steuerpflichtigen betreffenden Bücher, 
Akten, Urkunden u. s. w. zu gestatten, sofern nicht besondere gesetzliche Bestim- 
mungens) oder dienstliche Rücksichten entgegenstehen. 
1) Ausf. Anw. Art. 18. 
2) Die Anwendung des S§. 24 Abs. 2 setzt eine wesentliche Gleichartigkeit des 
Geschäftsbetriebes im Borjahre und im Steunerjahre voraus. Bei wesentlicher Un- 
gleichartigkeit ist Abs. 3 anzuwenden, E. O. B. in St. III. 315. Im Rechtsmittel- 
verfahren kann der Veranlagte den Nachweis des wirklichen Ertrages des inzwischen 
abgelaufenen Geschäftsjahres erbringen, Erk. O. V. G. 27. Sept. 1894. Nr. VI. 6. 72. 
3) Doch ist nach §. 44 eine Steuerermäßigung zulässig. 
4) Vergl. Ausf. Anw. Art. 22, 23. 
5.) Wie beim Reichsschuldbuch — Ges. 31. Mai 1891 §. 2 Abs. 5 (R. G. Bl. 
S. 321) — Staatsschuldbuch — Ges. 20. Juli 1883 §. 2 Abs. 4 (G. S. S. 120) 
— und bei den Sparkassen — §. 35 Abs. 6 Eink. St. Ges. 
Im Falle einer unbegründeten Ablehnung hat der Vorsitzende an die Regierung 
zu berichten, von welcher das Erforderliche zu veranlassen ist. 
Namenllich ist hierbei hervorzuheben, daß dem Vorsitzenden des Steuerausschusses 
in allen Fällen, wo er die Ermittelung des Ertrages oder des Anlage= und Betriebs- 
kapitals der Gewerbetreibenden — sei es behufs der richtigen Abgrenzung der Steuer- 
klassen, sei es behufs der individuellen Beranlagung (Klasse 1) oder der Erörterung 
von Rechtsmitteln u. s. w. — nach seinem Ermessen für erforderlich erachtet, die ein- 
gehende Kenntnißnahme und Benutzung des gesammten Materials über die Veran- 
lagung der betreffenden Gewerbetreibenden zur Einkommenstener einschließlich der 
Steuererklärung, für deren Geheimhaltung er Sorge zu tragen hat, zu Gebote steht. 
Die Vorsitzenden der Einkommensteuerveranlagungs- und Bernfungskommissionen 
haben den zuständigen Vorsitzenden der Steuerausschüsse dieses Material auf Ersuchen 
zur Berfügung zu stellen beziehungsweise zu übersenden und jede gewünschte Auskunft 
zu ertheilen, auch unaufgefordert Nachricht zu geben, falls bei der Einkommensteuer- 
veranlagung wahrgenommen wird, daß steuerpflichtige Gewerbebetriebe überhaupt nicht 
zur Gewerbesteuer herangezogen, oder daß Steuerpflichtige ein höheres Einkommen aus 
Gewerbebetrieb beziehen, als ihrer Klasse — beziehungsweise in der Klasse 1 ihrem 
Steuersatze — entspricht, Ausf. Anw. Art. 23, 3. 
 
	        
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