616 Abschnitt XXXV. Gewerbesteuer-Gesetz.
§. 36. Gegen die Entscheidung des Steuerausschusses über den Einspruch
steht sowohl dem Vorsitzenden als dem Steuerpflichtigen binnen der im §. 35
bestimmten Ausschlußfrist das Rechtsmittel der Berufung an die Bezirksregie-
rung (§§. 29 und 30) zut). Der Steuerpflichtige hat das Rechtsmittel beim
Vorsitzenden des Steuerausschusses einzulegen?).
Für den Vorsitzenden läuft diese Frist vom Tage der Entscheidung).
§. 370. Gegen die Entscheidung über die Berufung steht dem Steuer-
pflichtigen die Beschwerde an das Ober-Verwaltungsgericht zu, welche inner-
halb der im §. 35 bestimmten Ausschlußfrist bei der Bezirksregierung (§§. 29
und 30) einzulegen ist und nur darauf gestützt werden kann:
1. daß die angefochtene Entscheidung auf der Nichtanwendung oder auf
der unrichtigen Anwendung des bestehenden Rechts, insbesondere auch der von
den Behörden innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassenen Verordnungen beruhe;
2. daß das Verfahren an wesentlichen Mängeln leide.
In der Beschwerde ist anzugeben, worin die behauptete Nichtanwendung
oder unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts, oder worin die behaupteten
Mängel des Verfahrens gefunden werdens).
Zu Anmerkung 6 auf S. 615.
Wird ein Rechtsmittel bei einer nicht zuständigen Behörde angebracht, so hat
diese die bezüglichen Schriftstücke unverzüglich an die zuständige Stelle zu befördern,
ohne daß dem Steuerpflichtigen die Zwischenzeit auf die Frist anzurechnen ist (§. 3
S#ün die Verjährungsfristen bei öffentlichen Abgaben vom 18. Juni 1840, G. S.
Rechtsmittel, welche nach Ablauf der Frist angebracht werden, sind als verspätet
von dem Vorsitzenden des Steuerausschusses beziehungsweise von der Regierung ohne
weiteres zurückzuweisen.
Jede ganz oder zum Theil abweisende Entscheidung über ein Rechtsmittel ist mit
kurzer Begründung und, sofern dagegen ein weiteres Rechtsmittel zulässig ist, mit
entsprechender Belehrung hierüber zu versehen.
Diejenigen Kosten, welche durch die gelegentlich der eingelegten Rechtsmittel er-
folgenden Ermittelungen veranlaßt werden, sind von dem Steuerpflichtigen zu erstatten,
wenn sich seine Angaben in wesentlichen Punkten als unrichtig erweisen. Darüber,
ob diese Verpflichtung zur Kostenerstattung dem Steuerpflichtigen aufzulegen ist, wird
in der auf das Rechtsmittel ergehenden Entscheidung Bestimmung getroffen.
Die Höhe der zu erstattenden Kosten setzt die Regierung fest, gegen deren Ent-
scheidung die Beschwerde an den Finanzminister gestanet ist.
Die Entscheidung auf ein Rechtsmittel ist dem Steuerpflichtigen im verschlossenen
Schreiben zuzustellen.
Nach endgültiger Entscheidung hat der Vorsitzende des Steuerausschufses wegen
Berichtigung der namentlichen Nachweisungen, der Notizregister, sowie wegen Abgang-
stellung der Steuer das Weitere zu veranlassen.
In den Klassen I1I, III, IV find die durch die Entscheidungen über eingelegte
Rechtsmittel verursachten Zu- und Abgänge auch wegen der dadurch bedingten Abzüge
und Zusätze bei der Berechnung der Steuersumme für die nächste Veranlagung (§5. 13
des Ges.) durch Führung einer besonderen Liste sorgfältig zu kontrolliren, Ausf. Anw.
Art. 42, 4—7. Vergl. Art. 43 und (zu Nr. 6) Zus. Best. Anm. zu Abschn. III. z.
1) Der Vorsitzende — und zwar in allen Klassen — hat Berufung einzulegen,
wenn die im Art. 33, 1 unter a—c bezeichneten Voraussetzungen vorliegen.
In den Klassen II, III und IV wird jedoch wegen vermeintlich unrichtiger
Beurtbeilung des steuerpflichtigen Ertrages oder des Anlage= und Betriebskapitals
die Einlegung der Berufung nur dann rathsam erscheinen, wenn die Entscheidung des
Steuerausschusses einen deutlich nachweisbaren Berstoß gegen die Gleichmäßigkeit
der Besteuerung enthält, Ausf. Anw. Art. 44 I. 1.
Wegen des Beweisverfahrens vergl. E. O. V. in St. III. 229, 268, 271, 281.
2) Ausf. Anw. Art. 44.
:) Der Tag der Entscheidung zählt mit, §. 199 C. P. O.
4) Ausf. Anw. Art. 42, 45.
5) Wegen der Verrechnung und Einziehung der vom O. B. G. in Gewerbe-
steuerbeschwerdesachen festgesetzten Kosten und baaren Auslagen vergl. Best. 4. Dez.
1891 (M. Bl. S. 224).