Abschnitt XXXV. Gewerbesteuer-Gesetz. 617
Die Bestimmungen in §§. 45 bis 49 des Einkommensteuer-Gesetzes finden
sinngemäße Anwendung.
Vertheilung des Steuersatzes auf mehrere Kommunalbezirke.
§. 38. Erstreckt sich ein Gewerbebetrieb über mehrere Kommunalbezirke
und wird für die Zwecke der kommunalen Besteuerung oder kommunaler
Wahlen die Zerlegung des Steuersatzes in die auf die einzelnen Betriebsorte
entfallenden Theilbeträge erforderlich, so ist diese von dem veranlagenden
Steuerausschusse zu bewirken 0.
Der Beschluß ist sowohl den betheiligten Kommunen als dem Steuer-
pflichtigen zuzustellen.
Denselben steht binnen einer Ausschlußfrist von vier Wochen die Berufung
an die Bezirksregierung (§§. 29 und 30) und gegen die Berufungsentscheidung
in gleicher Frist die Beschwerde an das Ober-Verwaltungsgericht zu.
Steuererhebung.
§. 392).
40. Die Zahlung der veranlagten Steuer wird durch die Einlegung
von Rechtsmitteln nicht aufgehalten, muß vielmehr, mit Vorbehalt späterer
Erstattung, in den vorgeschriebenen Fristen erfolgen.
1) Gemäß Zus. Best. 5. März 1894 Abschn. II. 1 ist diese Zerlegung in un-
mittelbarem Anschluß an die Veranlagung von Amtswegen zu bewirken. Wegen der
Art und Weise der Vertheilung vergl. Ausf. Anw. Art. 55, 2. Bei Erhebung be-
sonderer kommunaler Gewerbesteuern findet §. 38 keine Anwendung.
Die Zerlegung des Steuersatzes muß grundsätzlich, selbst wenn auch an ein-
zelnen Betriebsorten nur Verluste stattgefunden haben, nach dem Maßstabe des Er-
trages erfolgen. Erst wenn gar kein Ertrag erzielt wurde, ist sie ausnahmsweise nach
dem Maßstabe des Anlage= und Betriebskapitales zulässig, E. O. V. in St. III. 421.
Vergl. IV. 293, 398.
Die bei der Zerlegung auzuwendenden Merkmale können die an den einzelnen
Betriebsorten gezahlten Löhne oder die erwachsenen Betriebskosten sein. Bei einem
einheitlichen Gewerbebetriebe ist auch diejenige Gemeinde Betriebsort, in der die
Fabrikation der Waaren stattfindet und deshalb thatsächlich Einnahmen nicht erzielt
werden, IV. 290. Der kaufmännische Betrieb auf der einen, Fabrikation, Lagerung
und Versendung auf der anderen Seite erscheinen an sich gleichwerthig und die Ver-
theilung der Hälfte des Steunersatzes auf jede Gemeinde zutreffend. Abweichungen
müssen besonders gerechtfertigt werden, IV. 387.
Die Berücksichtigung des Einflusses der Geschäftsleitung ist grundsätzlich nicht
ausgeschlossen. Die bei einer Versicherungs-Aktiengesellschaft am Sitze der Geschäfts-
leitung aus den Zinsen von Kapitalien oder durch Gewinn an Effekten erzielten Ein-
nahmen find aber Einnahmen des gesammten Gewerbebetriebes, IV. 296. Für
die Gewinnberechnung eines solchen, stets einheitlichen Betriebes vornehmlich ent-
scheidende Merkmale find die Brutto-Prämien-Einnahmen, IV. 411. Der Betrieb
einer Straßenbahn vollzieht sich auch in denjenigen Gemeinden, wo nur Gleise vor-
handen find. Vertheilungsmerkmale: Betriebskosten oder Bruttoeinnahmen oder Länge
der Gleise, IV. 300. Im Uebrigen ist ein Betriebsort nur da vorhanden, wo das
Gewerbe fortgesetzt und dauernd ausgeübt wird, IV. 381. Mehrere Gewerbebetriebe
derselben Person werden als ein steuerpflichtiges Gewerbe veranlagt. Der einheitliche
Steuersatz gelangt zur Zerlegung. Ist ein Agent Beamter der Gesellschaft, so ist sein
Sitz deren Betriebsort, IV. 342. Der Sitz der Geschäftsleitung ist stets Betriebs-
ort, IV. 389. Betriebsort eines Gas- und Wasserwerkes ist jede Gemeinde, die fort-
gesetzt und dauernd gegen Entgelt mit Gas und Wasser versorgt wird, IV. 384.
Gemeinden, in denen sich bei Feststellung des Ertrages nicht berücksichtigte Theil-
betriebe befinden, haben keinen Anspruch auf einen Theil des Steuersatzes, IV. 392.
Bei der Zerlegung haben die Gemeinden nicht etwa einen Anspruch auf den nie-
drigsten Steuersatz, IV. 390.
:) Aufgehoben durch die Steuerreform-Ges. 14. Juli 1893. §. 66 Komm. Abg.
Ges. 14. Juli 1893 gelangt zur Anwendung, da die Hebung der Steuer Sache der
Gemeinden ist.