618 Abschnitt XXXV. Gewerbesteuer-Gesetz.
§. 411). Wird ein Gewerbebetrieb von einer anderen Person unverändert
fortgesetzt (z. B. im Fall der Vererbung, Verpachtung, Veräußerung), so ist
die veranlagte Steuer bis zum Ablauf des Steuerjahres fortzuentrichten und
findet nur eine Umschreibung des Namens statt.
Der Verpächter eines Gewerbes haftet für die Jahressteuer solidarisch mit
dem Pächter desselben.
§. 42. Bei Verlegung des Betriebsortes oder des Sitzes der Geschäfts-
leitung, beziehungsweise des Wohnortes des Gewerbetreibenden tritt die er-
forderliche Uebertragung der Steuer für den Rest des Jahres ohne neue Ver-
anlagung ein?2).
§. 43. Im Uebrigen wird das Verfahren bei Zu= und Abgängen durch
Bestimmung des Finanzministers geregelt).
Ermäßigung im Laufe des Steuerjahres.
§. 44. Wird ein Betrieb durch Tod oder Krankheit des Inhabers, Brand-
unglück, Ueberschwemmung oder sonstige Ereignisse wesentlich geschädigt, so kann
die Steuer für die folgenden Vierteljahre ermäßigt oder erlassen werden.
[Die Entscheidung trifft die Bezirksregierung und auf Beschwerde der
Finanzminister!.
§. 45. Veranlagte Gewerbesteuerbeträge können in einzelnen Fällen nieder-
geschlagen werden, wenn deren zwangsweise Beitreibung die Steuerpflichtigen
in ihrer wirthschaftlichen Existenz gefährden, oder wenn das Beitreibungs-
verfahren voraussichtlich ohne Erfolg sein würde!#).
Bildung und Geschäftsführung der Steuerausschüsse.
§. 465). Die Wahl der Mitglieder der Steuerausschüsse und einer gleichen
Anzahl Stellvertreter findet alle drei Jahre statt. Die Wahlen erfolgen nach
relativer Stimmenmehrheit. Das Wahlverfahren wird für die Steuerklassen II
bis IV durch Bestimmung des Finanzministers geregelt.
§. 47. Wählbar sind nur solche männliche Mitglieder der betreffenden
Klasse, welche das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet haben und sich im
Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden. Z 4
Von mehreren Inhabern eines Geschäfts ist nur Einer wählbar und zur
Ausübung der Wahlbefugniß zu verstatten, Aktien= und ähnliche Gesellschaften
üben die Wahlbefugniß durch einen von dem geschäftsführenden Vorstande zu
bezeichnenden Beauftragten aus; wählbar ist von den Mitgliedern des geschäfts-
führenden Vorstandes nur Eines. Minderjährige und Frauen können die
Wahlbefugniß durch Bevollmächtigte ausüben; wählbar find Letztere nicht.
Niemand darf mehr als eine Stimme abgeben; die Uebertragung des
Stimmrechts ist unzulässig. Die Wahl darf nur aus den im §. 8 der Kreis-
1) Ausf. Anw. Art. 14, 27, 4, 46 ff., zu Art. 47, 48 vergl. Anm. 3 zu §. 43.
Wird ein gemäß §. 7 steuerfrei gelassener Gewerbebetrieb von einer anderen Person
unverändert fortgesetzt, so ist eine neue Beranlagung für den Rest des Steuerjahres
ausgeschlossen, E. O. B. in St. III. 343.
:) Vergl. Zus. Best 5. März 1894 Abschn. V. 2c.
2) Auef. Anw. Art. 46— 48, zu Art. 47 I. 5 und II. 5 Zus. Best. 5. März 1894
Abschn. V. 1 Abs. 2; zu Art. 47 II. 1 Schlußsatz Zus. Best. V. 1 Abs. 5; zu Art. 48
Zus. Best. Abschn. V. 2. 6
!) Die Ermächtigung zum Erlasse oder zur Ermäßigung veranlagter Steuern
ist Sache der Gemeinden, §. 11 Abs. 2 Ges. 14. Juli 1893 wegen Aufhebung
direkter Staatssteuern
5) Ausf. Anw. Art. 21, Res. 29. Okt. 1892 und 28. Nov. 1893 (M. 26 Nr. 10,
29 Nr. 34). §§. 46, 47, 48 beziehen sich nur auf die gemäß §8. 10, 15,1 zu
wählenden, nicht auf die gemäß §. 10 vom Finanzminister für die Steuerausschüsse
der Kl. 1 zu ernennenden Mitglieder und Stellvertreter. Doch find Vollendung des
25. Lebensjahres und Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte selbstverständliche Voraus-
setzungen für die Ernennung.