58 Abschnitt XXXIII. R. Gew. Ordn. Gewerbebetrieb im Umherziehen.
2. das Aufsuchen, sowie die Vermittelung von Darlehnsgeschäften und von
Rückkaufsgeschäften ohne vorgängige Bestellung, ferner das Aufsuchen von
Bestellungen auf Staats= und sonstige Werthpapiere, Lotterieloose und
Bezugs= und Antheilscheine auf Werthpapiere und Lotterieloose;
3. das Aufsuchen von Bestellungen!) auf Branntwein und Spiritus bei
Personen, in deren Gewerbebetriebe dieselben keine Verwendung finden.
4. das Feilbieten von Waaren, sowie das Aufsuchen von Bestellungen auf
Waaren, wenn solche gegen Tbeilzahlungen unter dem Vorbehalt ver-
äussert werden, dass der Veräusserer wegen Nichterfüllung der dem
Erwerber obliegenden Verpflichtungen von dem Vertrage zurücktreten
kann (§§. 1 und 6 des Gesetzes, betreffend die Abzablungsgeschäfte,
vom 16. Mai 1894)2).
§. 56b. Der Bundesrath ist befugt, soweit ein Bedürfniß obwaltet, an-
nordnen, daß und inwiefern der Ankauf oder das Feilbieten von einzelnen der
im §. 56 Abs. 2 ausgeschlossenen Waaren im Umherziehen gestattet sein solls).
Die gleiche Befugniss steht den Landesregierungen für ihr Gebiet oder Theile
desselben binsichtlich der im §. 56 Abs. 2 Ziff. 10 bezeichneten Gegen-
stände 2zu#.
Aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, sowie zur Abwehr oder Unter-
drückung von Seuchen kann durch Beschluß des Bundesraths und in dringenden
Fällen durch Anordnung des Reichskanzlers nach Einvernehmen mit dem
Ausschuß des Bundesraths für Handel und Verkehr für den Umfang des
Reichs oder für Theile desselben bestimmt werden, daß und inwiefern außer
den in den §§. 56 und 56 a aufgeführten Gegenständen und Leistungen auch
noch andere Gegenstände und Leistungen auf bestimmte Dauer von dem Ge-
werbebetriebe im Umherziehen ausgeschlossen sein sollen. Die Anordnung ist
dem Reichstage sofort, oder, wenn derselbe nicht versammelt ist, bei seinem
nächsten Zusammentritt mitzutheilen. Dieselbe ist außer Kraft zu setzen, wenn
der Reichstag die Zustimmung nicht ertheilt.
Zu Anmerkung 4 auf S. 57.
Die Vorschrift des §. 56 a Nr. 1 findet ihrem unzweifelhaften Wortlaute nach
auch auf reisende Zahnkünstler und Zahnärzte Anwendung (vergl. Res. 22. Juli
1884), sowie auf Personen, die sich als Heildiener ausgebildet haben und die kleine
Chirurgie betreiben, Sten. Ber. S. 2680 ff.
Wandergewerbescheine für die Aufertigung künftlicher Zähne und Gebisse
können nicht versagt werden. Die einzelnen bezüglichen Leistungen sind aber in dem
Schein speziell aufzuführen und ausdrücklich zu vermerken, daß er den Inhaber zu
Leistungen, die als Ausübung der Zahnheilkunde anzusehen sind, nicht berechtigt, Res.
16. Mai 1887 (M. 21 S. 79).
1) Wer im Umherziehen ohne Lösung eines Gewerbescheines dem Verbot des
§. 56 Nr. 1 und des §. 56 a Nr. 3 Gew. O. entgegen geistige Getränke feilbiettt
oder Bestellungen auf Branntwein bei Versonen aufsucht, in deren Gewerbebetriebe
er keine Verwendung findet, macht sich nicht nur nach §. 148 Gew. O. einer Polizei-
Kontravention, sondern zugleich eines Steuerdelikts schuldig, das durch §. 20 Hausir-
steuerges. 5. Juli 1876 mit Strafe bedroht ist, Erk. 4. Nov. 1886 (E. K. VII. 221).
:) Eingefügt durch Ges. 6. Aug. 1896 (R. G. Bl. S. 685):
§. 1 Ges. 16. Mai 1894 (R. G. Bl. S. 450) betrifft die einfachste Form des
Abzahlungsgeschäftes,, den Kauf und Verkauf auf Abzahlung, §. 6 alle sonstigen Ver-
träge, die darauf abzielen, die Zwecke eines Abzahlungsgeschäftes in einer anderen
Rechtsform, insbesondere durch miethweise Ueberlassung der Sache zu erreichen.
3) Das Feilbieten im Umherziehen des in Anhalt gebrauten Braun- und Weiß-
bieres und des Zerbster Bitterbieres ist, sofern diese Getränke keinen höheren Alkohol-
gehalt als 2 Prozent besitzen, gestanet, Bek. 21. März 1890 (N. G. Bl. S. 60);
jedoch unter Beschränkung des Feilbietens auf das Herzogthum Auhalt, Bek. 7. Nov.
1892 (R. G. Bl. S. 1038).
) Eingefügt durch Ges. 6. Aug. 1896 (N. G. Bl. S. 685).