662 Abschnitt XXXV. Stempelsteuer-Gesetz.
Versorgungsanstalten, ferner vom Staate genehmigte Vereine für die
Kleinkinderbewahranstalten, sowie Stiftungen, welche als milde aus-
drücklich anerkannt sind ); »
e) öffentliche Schulen und Univerfitäten;
f) Gemeinden (Gutsbezirke) und Verbände von solchen:) in Armen-, Schul-
und Kirchenangelegenheiten;
8) Aktiengesellschaften, Genossenschaften und Gesellschaften mit beschränkter
Haftung, deren durch Statut bestimmter Zweck ausschließlich darauf
gerichtet ist, unbemittelten Familien gesunde und zweckmäßig eingerichtete
Wohnungen in eigens erbauten oder angekauften Häusern zu billigen
Preisen zu verschaffen und deren Statut die an die Gesellschafter zu
vertheilende Dividende auf höchstens vier Prozent ihrer Antheile be-
schränkt, auch den Gesellschaftern für den Fall der Auflösung der Gesell-
schaft nicht mehr als den Nennwerth ihrer Antheile zusichert, den etwaigen
Rest des Gesellschaftsvermögens aber für gemeinnützige Zwecke bestimmt.
Dem Staatsoberhaupte und dem Fiskus anderer Staaten als des Deutschen
Reiches und des Preußischen Staates sowie den öffentlichen Anstalten und
Kassen, die für Rechnung eines solchen anderen Staates verwaltet werden
oder diesen gleichgestellt sind, und den Chefs der bei dem Deutschen Reiche
oder bei Preußen beglaubigten Missionen kann die Stempelsteuerbefreiung ge-
währt werden, wenn der betreffende Staat Preußen gegenüber die gleiche
Rücksicht übt?).
In den Fällen zu d bis g erstreckt sich die Stempelsteuerbefreiung nur auf
inländische Anstalten, Stiftungen, Vereine u. s. w. Tiese Befreiung kann jedoch
auch ausländischen Anstalten, Stiftungen, Vereinen u. s. w. gewährt werden,
wenn der auswärtige Staat Preußen gegenüber die gleiche Rücksicht übt.
Die außerdem gewissen Personen, Behörden, Gesellschaften, Anstalten,
Stiftungen, Vereinen u. s. w. durch frühere Gesetze oder landesherrliche Privilegien
bewilligten Steuerbefreiungen bleiben auch fernerhin in Kraft.
Die nach den vorstehenden Bestimmungen von der Stempelsteuer befreiten
Personen, Behörden, Gesellschaften, Anstalten, Stiftungen, Vereine u. s. w. sind
nicht befugt diese Befreiung den Privatpersonen, mit welchen sie Verträge ein-
gehen, einzuräumen, wenn diese Personen an sich nach gesetzlicher Vorschrift zur
Entrichtung des Stempels verbunden sind.
Bei allen zweiseitigen Verträgen mit solchen Personen muß für den Vertrag
die Hälfte des Stempels und für die Nebenausfertigungen außerdem der vor-
geschriebene Stempel (§. 9) entrichtet werden?).
1) Die in Preußen bestehenden Gustav Adolf-Vereine find allgemein als steuerfrei
und als milde Stiftungen nicht anerkannt. Stenerfreiheit und die Rechte juriftischer
Personen besitzen der schlesische Hauptverein, der preußische Hauptverein, die Lokal-
vereine zu Berlin und Danzig, der Verein in Frankfurt a. M. und der Ostfriefische
Verein. Der Centralvorstand der Gustav Adolf. Stiftung hat die staatliche Aner-
kennung als milde Stiftung bis jetzt nicht nachgewiesen, Res. 6. Febr. 1877 (M.
Bl. S. 78). Die Stempelfreibeit des Vaterländischen Franenvereines (Hauptvereines)
ist anerkannt; bezüglich der Lokalvereine ist von Fall zu Fall zu prüfen und zu ent-
scheiden, Res. 26. Nov. 1891, F. M. III. 15041.
:) Auch Kirchengemeinden, Komm. Prot. 20 S. 13.
") Ueber die Zulässigkeit der im zweiten und dritten Absatz erwähnten Stempel-
steuerbefreiungen entscheidet der Finanzminister, Ausf. Bek. Nr. 1.
!) Die vom Fiskus als Berpächter abzuschließenden Pachtverträge bedürfen also,
falls der Pächter nicht etwa ebenfalls Befreiung von der Stempelsteuer genießt, gemäß
§. 5 Abs. 6 und §. 11 des Stempelsteuerges. der Hälfte des tarifmäßigen Stempels
in Abstufungen von je 50 Pf.
Dieser Stempel ist nicht, wie früher, zu dem Hauptexemplar des Vertrages,
sondern zu dem von der fiskalischen Behörde zu führenden Pachtverzeichnisse zu
verwenden.
Der fiskalischen Behörde steht, wenn sie den Stempel verauslagt, nach allge-
meinen Grundsätzen der Rückgriff gegen den zur Zahlung der Abgabe gesetzlich ver-
pflichteten Vertragstheilnehmer zu.