Abschnitt XXXV. Stempelsteuer-Gesetz. Tarif. 687
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Zu Anmerkung 1 auf S. 686.
Werthe des veräußerten Gegenstandes zur Zeit des Eigenthumswechsels — wobei der
erth des mitveräußerten beweglichen Beilasses außer Betracht bleibt — ohne Rück-
sicht auf die für besondere Zwecke vorgeschriebenen Abschätzungsgrundsätze, insbesondere
also auch ohne Berücksichtigung der Schätzungsgrundsätze ritterschaftlicher Kreditan-
stalten. Der mündlich verabredete Kaufpreis oder die noch sonst mündlich verabredete
Gegenleistung sind, sofern sie niedriger sind als der gemeine Werth, für die Berech-
nung des Werthstempels nicht maßgebend. Wenn jedoch der Kaufpreis oder der Ge-
sammtwerth der Gegenleistung unter Hinzurechnung des Werthes der ausbedungenen
Leistungen oder vorbehaltenen Nutzungen den gemeinen Werth übersteigt, so ist der
Werthstempel vom Kaufpreise bezw. vom Gesammtwerth der Gegenleistung zuzüglich
des Werthes der ausbedungenen Leistungen und vorbehaltenen Nutzungen zu ent-
richten (§. 17 Abs. 3 Buchstabe a des Ges.).
Im Einzelnen ist nach folgenden Bestimmungen zu verfahren:
àA) Die Werthstempelabgabe bleibt unerhoben, wenn bei Aufnahme oder Ein-
reichung der Auflassungserklärung die Urkunde über das zu Grunde liegende Ver-
äußerungsgeschäft (Kauf, Tausch, Schenkung u. s. w.) versteuert oder unversteuert in
Urschrift, Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift vorgelegt wird, vorausgesetzt, daß
die Urkunde das Rechtsgeschäft so enthält, wie es unter den Betheiligten hinsichtlich
des Werthes der Gegenleistung verabredet ist.
Die vorzulegenden Urkunden müssen in an sich stempelpflichtiger Form abgefaßt
sein; es genügt also nicht die Beibringung eines steuerfreien Briefwechsels u. dergl.
Der Grundbuchrichter ist verpflichtet, die ihm vorgelegten Urkunden mit Rück-
sicht auf die vorschriftsmäßige Versteuerung sorgfältig zu prüfen. Ist eine die Er-
hebung des Werthstempels ausschließende Urkunde nicht ausreichend versteuert, so hat
er zunächst auf Grund des §. 57 Ziff. 6 Pr. Ger. Kostenges. 25. Juni 1895 zu be-
stimmen, ob und in welcher Höhe Sicherheit zu leisten ist, und nöthigenfalls das
Erforderliche wegen der Sicherstellung nach der Allg. Verf. des Justizministers 15. Sept.
1895 (J. M. Bl. S. 272) zu veranlassen. Der zu der Urkunde nicht oder zu wenig
verwendete Stempel ist in Gemäßheit des §. 31 Abs. 1 Pr. Ger. Kostenges. nach den
für Gerichtskosten geltenden Vorschriften einzuziehen. Wenn die Einreichung der nicht
oder nicht genügend versteuerten Urkunden bei Gericht erst nach Ablauf der in §. 16
des Ges. angegebenen Fristen stattgefunden hat, so ist zugleich unter Mittheilung des
Eingangstages und einer Abschrift der Urkunde dem zuständigen Hauptamt Anzeige
zu machen, welches das Weitere wegen einer etwa erforderlich erscheinenden Einleitung
des Strafverfahrens herbeizuführen hat.
Ist in der vorgelegten Urkunde das Entgelt für die Grundstücksveräußerung in
ausländischen Banknoten, ausländischem Papiergeld, ausländischen Geldsorten oder in
Werthpapieren der unter Nr. 1, 2 und 3 des Tarifs zum Reichsstempelges 27. April
1894 (R. G. Bl. S. 381) bezeichneten Art verabredet, so ist insoweit die Urkunde
dem Reichsstempel für Anschaffungsgeschäfte nach der Tarifnummer 4 des Reichs-
stempelges. unterworfen, dagegen nach §. 18 des Ges. vom Landesstempel befreit. An
Stelle des wegfallenden landesgesetzlichen Urkundenstempels der Tarisstelle 32 ist aber,
wenn der Auflassung die Urkunde zu Grunde gelegt wird, nach der Vorschrift des
zweiten Satzes des Abs. 3 der Tarifstelle 8 der Auflassungsstempel zu erheben, in-
soweit nicht die Boraussetzungen der Ziff. 1 und 2 der Ermäßigungen und Be-
freiungen der Tarifstelle 32 vorhanden sind. Es unterliegt also beispielsweise in Ber-
trägen über die Gründung von Aktiengesellschaften das Entgelt, welches für die Ein-
bringung von Grundstücken in solche Gesellschaften dem Einbringenden durch Zu-
theilung von Aktien gewährt wird, dem Werthstempel für Auflassungen, wenn das
eingebrachte Grundstück unter Zugrundelegung des Gründungsvertrages an die neu
errichtete Aktiengesellschaft aufgelassen wird.
Wenn die vorgelegte Urkunde das Rechtsgeschäft nicht so enthält, wie es unter
den Betheiligten hinsichtlich des Werthes der Gegenleistung verabredet ist und einem
geringeren Stempel unterliegt, als die Beurkundung des wirklich verabredeten Rechts-
geschäfts erfordern würde, so ist die Urkunde oder eine einfache Abschrift derselben
dem zuständigen Hauptamt wegen der vorgekommenen Steuerhinterziehung zur wei-
teren Veranlassung nach §. 17 Abs. 2 und Abs. 3 Buchstabe b des Ges. zu über-
senden. Steht der nach Inhalt der vorgelegten Urkunde verabredete Kaufpreis zu