Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

Abschnitt XXXV. Stempelsteuer-Gesetz. Tarif. 709 
  
Zu Anmerkung 2 auf S. 708. 
Der Verwendung von Stempeldruckbogen bedarf es aber in denjenigen Fällen 
nicht, in denen es sich um stempelfreie Genehmigungen für Personen handelt, die 
nach §. 5 des Stempelsteuerges. Stempelfreiheit genießen, z. B. bei Genehmigungen 
für öffentliche Schulen (vergl. auch 8. 12 a des Ges.). 
IV. Umfang der Genehmigungen. Als Regel ist festzuhalten, daß jede einzeluc 
Lustbarkeit auch einer besonderen Genehmigung bedarf. Es ist deshalb nicht zulässig, 
für gewisse Lustbarkeiten vornehmlich für Tanzbelustigungen, die Genehmigung für 
einen längeren Zeitraum im voraus, z. B. für ein ganzes Kalenderjahr, zu ertheilen. 
ur wenn von demselben Unternehmer an demselben Ort an aufeinander folgenden 
Tagen Lustbarkeiten während längerer Zeiträume dargeboten werden, z. B. mehr- 
wöchige theatralische Vorstellungen einer Schauspielergesellschaft in einer Stadt, das 
Halten von Karoufsels während mehrtägiger Jahrmärkte und Kirmessen u. s. w.) ist 
zu solchen, sich als einheitliche Lustbarkeiten darstellenden Veranstaltungen nur eine 
enehmigung zu ertheilen, und zwar auch dann, wenn während des Zeitraums, für 
welchen die Genehmigung gewährt ist, an dem einen oder dem anderen Tage zeit- 
weise Unterbrechungen eintreten?). 
V. Anwendung des Steuersatzes von 1,50 Mk. und 0,50 Mk. Der Steuersatz 
von 1,60 Mk. hat als Regel zur Anwendung zu kommen und ist ausnahmslos stets 
ann zu entrichten, wenn die Lustbarkeit nicht von einem Einzelunternehmer, sondern 
von einer Personenmehrheit (Gesellschaften, Vereinen u. s. w.) veranstaltet oder in 
den unter IV. erörterten Fällen für einen längeren Zeitraum nachgesucht wird. 
In allen anderen Fällen ist die Erhebung des geringeren Satzes von 0,50 Mk. 
nur ausnahmsweise und wenn besondere Gründe zu einer Ermäßigung vorliegen, 
gestattet, beispielsweise also dann, wenn der zu erwartende Geschäftsgewinn für den 
Unternehmer voraussichtlich nur ein geringfügiger sein wird. Bei Tanzlustbarkeiten 
ist außerdem die Zubilligung des geringeren Steuersatzes nur zulässig, wenn ange- 
nommen werden kann, daß an der zu genehmigenden Lustbarkeit nur eine beschränkte 
Personenzahl theilnehmen wird und die Theilnehmer den ärmeren Volksklassen ange- 
hören. Andere Umstände, z. B. der Zweck der Beranstaltung, ob die Lustbarkeit in 
der Stadt oder auf dem platten Lande stattfindet, bei Tanzlustbarkeiten die Größe des 
Tanzlokals, die Anzahl der zum Tanz aufspielenden Musiker, die Dauer der Tanz- 
belustigung (ob bis 12 Uhr Nachts oder darüber), kommen für die Frage der Er- 
mäßigung des Steuersatzes nicht in Betracht. 
Die Gründe, welche für die Zulassung des niedrigeren Stenersatzes von 0,50 Mk. 
bestimmend gewesen sind, müssen in Gemäßheit der Ziff. 7 Abs. 3 Dienstvorschr. 
14. Febr. 1896 (S. 131 und 132 der amtlichen Ausgabe) sowohl an gehöriger 
Stelle in den Akten als auf den ertheilten Genehmigungen selbst vermerkt werden. 
VI. Erstattung gezahlter Stempel. Wenn die Ausführung einer genehmigten 
Lustbarkeit ohne Verschulden desjenigen, dem die Genehmigung ertheilt ist, unterbleibt, 
z. B. ein Konzert wegen ungünstiger Witterung ausfällt, sind die Provinzial-Steuer- 
direktoren ermächtigt, auf Grund des §. 25 Abs. 2 des Stempelsteuerges. den für die 
Genehmigung gezahlten Stempel erstatten zu lassen. 
Diese Verfügung ist von den Landräthen in den Kreisblättern zu veröffentlichen. 
Auch ist allen Ortspolizeibehörden eine Abschrift derselben mitzutheilen und ihnen die 
sorgfältigste Beachtung der vorstehenden Anordnungen mit dem Hinweise darauf zur 
flicht zu machen, daß die Behörden der Steuerverwaltung und insbesondere die 
Vorstände der Stempelstenerämter angewiesen sind, auf die ordnungsmäßige Ver- 
enerung der Genehmigungen zur Veranstaltung von Lustbarkeiten ihr besonderes 
genmerk zu richten und Beamte, welche nach wie vor diese Schriftstücke unversteuert 
lassen, auf Grund des §. 13a des Stempelsteuerges. wegen der nicht verwendeten 
Stempel in Anspruch zu nehmen, gegen sie auch die Einleitung des Strafverfahrens 
anf Grund des §. 19 des Ges. in Antrag zu bringen. 
„ Dieser Erlaß ist durch Res. 29. Nov. 1896 (C. Bl. Abg. Ges. S. 648) den 
Provinzial-Steuerdirektoren zur Nachachtung mitgetheilt worden. 
Der Anordnung am Schluß der Verfügung entsprechend haben die Steuerbehörden 
) Dieses gilt auch für die von den Kur- und Badeverwaltungen vorwiegend 
zur Unterhaltung ihrer Kurgäste veranstalteten Kurkonzerte, Theateraufführungen und 
sonstigen Schaufiellungen, Res. 17. Dez. 1896 (M. Bl. 1897 S. 23).
	        
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