Abschnitt XXXV. Stempelsteuer-Gesetz. Tarif. 731
Zu Anmerkung 3 auf S. 730.
Alle Behörden und Beamten find verpflichtet, bei der Ertheilung amtlicher
Zeugnisse, welche ihres besonderen Zwecks wegen (s. Buchst. a und c der Befreiungen
dieser Tarifstelle) dem sonst zu entrichtenden Stempel nicht unterliegen, in dem
Zeugniß — und zwar in dem Text des Zeugnisses und nicht in Vermerken, welche
außerhalb dieses Textes stehen und durch die Unterschrift des Beamten nicht gedeckt
werden — den Zweck bestimmt onzugeben, zu welchem das Zeugniß ausgestellt wird.
Unterbleibt eine solche Angabe, so unterliegt das Zeugniß in allen Fällen und ohne
Rücksicht darauf, daß es thatsächlich zu einem Stempelfreiheit genießenden Zweck
gebraucht worden ist oder nicht, dem tarifmäßigen Stempel von 1,50 Mk. (vergl.
Abs. 4 dieser Tarifstelle). Wird ein entgegen der vorgedachten Vorschrift stempelfrei
ertheiltes amtliches Zeugniß bei einer Behörde zur Begründung irgend eines Antrages
vorgelegt, so hat diese Behörde den fehlenden Stempelbetrag von dem Vorzeiger oder
Inhaber bezw. von derjeuigen Person, auf deren Veranlassung das Zeugniß ertheilt
ist, einzuziehen und den Sachverhalt der vorgesetzten Behörde des Beamten, von
welchem das Zeugniß ausgestellt ist, anzuzeigen. Ist der die Stempelfreiheit recht-
fertigende Zweck bestimmt bezeichnet, von dem Zeugniß aber zu einem anderen als
dem aus der Urkunde hervorgehenden Zwecke Gebrauch gemacht, ohne daß der In-
haber oder Vorzeiger die Versteucrung bewirkt hat, so haftet derselbe nicht blos für
den tarifmäßigen Stempel (§. 13 Buchst. d des Ges.), sondern er verfällt unter
Umstände a auch in eine dem vierfachen Betrage des Stempels gleichkommende Strafe
(§. 17 Abs. 1 des Ges.), Dienstvorschr. Nr. 53. ,
4)AuchdiejenigenZeugnisfesollenvonderStempelpflichtumfaßtwerden,deren
Ausstellung zum Theil aus Gründen des öffentlichen Wohles, zum Theil im In-
teresse Privater veranlaßt worden ist, Mot. S. 61.
Es gehören z. B. hierher und sind steuerpflichtig: Amtliche Bestätigungen der
Polizeibehörde zu einer Erklärung des Vaters, Vormundes, Angehörigen 2c. oder des
Bewerbers selbst, daß ein Bewerber um Annahme als Civilsupernumerar sich drei
Jahre lang durch Unterstützung oder aus eigenen Mitteln unterhalten kann, Res.
16. April 1896 (M. Bl. S. 73); desgl. Heimathsscheine, Staatsangehörigkeits=
answeise und Entlassungsurkunden, Res. 8. Sept. 1896 (C. Bl. Abg. Ges. S. 587);
die von den Oberforstmeistern über die Befähigung zum Eintritte in die Forstlehre
nach der Bestimmung zu §. 2 Abs. 5 des Reg. 1. Okt. 1893 (jetzt 12. Okt. 1897,
M. Bl. S. 237) zu ertheilenden Bescheinigungen, Res. 19. Sept. 1896 (M. Bl.
S. 184); die gemäß Ausf. Verf. 2. Aug. 1895 (M. Bl. S. 236) Nr. V. 3 Abs. 2
zum Jagdscheinges. 31. Juli 1895 (G. S. S. 304) von den Jagd= oder Orts-
polizeibehörden ausgestellten Zeugnisse behufs Erlangung von Jagdscheinen, Res.
10. Nov. 1896 (C. Bl. Abg. Ges. S. 633); die gemäß §. 7 Abs. 6 des Reg.
1. Okt. 1893 (jetzt 12. Okt. 1897, M. Bl. S. 237) über die Ausbildung, Prüfung und
Anstellung für die unteren Stellen des Forstdienstes 2c. auszustellenden Lehrzeugnisse, Ref.
17. Febr. 1897 (C. Bl. Abg. Ges. S. 91); die von Medizinalbeamten für Militär-
anwärter ausgestellten Gesundheitsatteste, um deren körperliche Brauchbarkeit zur An-
stellung im Staatsdienste nachzuweisen, Res. 6. März 1897 (C. Bl. Abg. Ges. S. 93).
Die von den Polizeibehörden ausgestellten Urkunden darüber, daß der Auszahlung
von Brandentschädigungsgeldern an die Versicherten keine Bedenken entgegenstehen,
sind nur dann stempelpflichtig, wenn die von den Polizeibehörden ausgehenden Er-
klärungen in Form von Bescheinigungen abgegeben werden. Es genügt indefsen,
daß diese Erklärungen in Form eines Erlaubuißscheines („zur Auszahlung wird die
polizeiliche Genehmigung ertheilt“) abgegeben und mit dem Vermerk versehen werden:
— Mangels Borhandenseins einer Urschrift“, Res. 16. Sept. 1896 (M. Bl.
Dagegen gehören zu den amtlichen Attesten in Privatsachen nicht und find
daher stempelfrei: die von preußischen Staatsbeamten, Reichsbeamten oder Militär-
personen aus Anlaß ihrer Bersetzung beizubringenden polizeilichen Bescheinigungen
über das Leerstehen ihrer bisherigen Wohnungen während der Zeit, für die sie
Miethsentschädigung aus der Staatskasse beanspruchen, Res. 26. Nov. 1896 (M. Bl.
. 228); die von den Dampfkesselrevisoren auszustellenden Bescheinigungen über
ie Prufung der Bauart, die erste Wasserdrucprobe, die regelmäßig wieder-
kehrenden technischen Untersuchungen und die Wasserdruckproben nach Hauptaus-