846 Abschnitt XXXVI. Landgemeinde-Ordnung für die sieben
nahme des Amtes als Gutsvorsteher befähigten Stellvertreter auszuüben. Der
letztere muß seinen beständigen Aufenthalt im Gutsbezirke oder in defsen unmittel-
barer Nähe habent).
Zu Aumerkung 3 auf S. 845.
stehenden Gutsbezirk als gemeinschaftlichen Jagdbezirk, vergl. E. O. V. X. 156,
XVI. 352, XXV. 303.
Das Strafverfahren des §. 8 Kr. O. findet auf den Besitzer eines selbständigen
Gntsbezirks nicht Anwendung; er hat die Wahl, das Amt selbst zu verwalten oder
einen Stellvertreter zu bestellen, Erk. 29. März 1879 (E. O. B. V. 110).
Der Gutsvorsteher ist befugt, ein Dienstsiegel zu führen mit der Inschrift
„Der Gutsvorsteher zu N. N.“, Res. 10. April 1874 (M. Bl. S. 101).
1) Die Bestellung eines Stellvertreters kann sowohl in der Art erfolgen,
daß ihm die Wahrnehmung sämmtlicher Gutsvorstehergeschäfte dauernd und ausschließ-
lich übertragen wird, als auch in der Art, daß er für den Gutsbefitzer nur im Falle
seiner Behinderung so weit und so lange eintritt, als ihm dies aufgetragen wird.
Selbstverständlich ist in dem letzten Falle sowohl der Gutsbesitzer, als der Stellver-
treter als Gutsvorsteher in Gemäßheit des §. 125 zu bestätigen und zu vereidigen.
Der Vertreter muß seinen beständigen Aufenthalt im Gutsbezirke oder in dessen
unmittelbarer Nähe haben. Unter letzterer Boraussetzung kann auch der Gutsvorsteber
eines anderen Bezirks zum Stellvertreter bestellt werden.
In zerstückelten Eutsbezirken steht die Befugniß zur Bestellung eines Stellver-
treters dem Besitzer des Restguts zu, sofern nicht dieser selbst das Amt des Gutsvor-
stehers übernehmen will.
Nach der Bestimmung im zweiten Abs. des §. 123 können Seitens des Besttzers
des Guts auch außer dem in §. 86 Abs. 4 vorgeschriebenen Falle sämmtliche oder
einzelne Gutsvorstehergeschäfte, wie namentlich die Anfertigung der Klassenstener-,
Militär-Stammrollen und anderer Listen und Nachweisungen, die Borführung der
Militärpflichtigen vor die Ersatzkommissionen u. s. w. an den VBorsteher einer benach-
barten Gemeinde unter Beider (d. h. der Gemeinde und des Gemeindevorstehers)
Zuftimmung gegen eine angemessene Cntschädigung übertragen werden.
Von derartigen Abkommen ist dem Landrathe behufs der Bestätigung Anzeige
u machen.
Den Vorstehern von Gemeinden und Gutsbezirken, die eine örtlich verbundene
Lage haben, liegt es ob, sich darüber zu vereinbaren, wer von ihnen diejenigen amt-
lichen Handlungen auszuführen hat, welche eine einheitliche Vollziehung erfordern, wie
beispielsweise die Anordnungen bei einheimischen und auswärtigen Bränden, Ueber-
schwemmungen und großem Schneefall, bei Ruhestörungen auf der gemeinschaftlichen
Dorfstraße, die Beaussichtigung gemeinschaftlicher Wegebesserungen, Graben-
räumungen u. s. w.
Bon der getroffenen Vereinbarung ist dem Amtsvorsteher Anzeige zu machen.
Kommt eine Vereinbarung nicht zu Stande, so erläßt der Amisvorsteher die er-
forderlichen Bestimmungen. Ist einer der betheiligten Guts= und Gemeindevorsteher
selbst Amtsvorsteher, so bedarf es einer Vereinbarung nicht; vielmehr gebührt alsdann
die Anordnung darüber, wie es in den vorgedachten Fällen gehalten werden soll,
lediglich dem Amtsvorsteher.
Wie in Gemeinden zu mechanischen Dienstleistungen ein besonderer Gemeinde-
diener, so kann in Gutsbezirken zu gleichem Zwecke ein besonderer Gutsdiener angestellt.
und vereidet werden, Instr. 20. Sept. 1875 (M. Bl. S. 262).
Wie für den Gutsvorsteber der Besitz des Gutes, so ist für den stellvertretenden
Gutsvorsteher der Auftrag (die Bestallung) Seitens des Gutsbesitzers oder im Falle
des §. 126 L. G. O. der Austrag (die Ernennung) Seitens des Landraths die noth-
wendige Boraussetzung für die rechtliche Existenz seiner amtlichen Stellung. Mit dem
Wegfall dieses Mandats enden das Recht und die Pflicht, die Gutsvorstehergeschäfte
wahrzunehmen, von selbst. Ist Jemand stellvertretender Gutsvorsteher vermöge Auf-
trages des Gutsbesitzers, so ist die Festsetzung seiner Dienstunkosten-Entschädigung
lediglich Privatsache der Betheiligten; ist er es vermöge Auftrages des Landrathes,
so findet beim Mangel gütlicher Einigung unter den Betheiligten, auf Aurufen eines
von ihnen die Festsetzung der Entschädigung nach §. 127 2. G. O. stat. Bergl.
Erk. O. V. G. 23. April 1881 (E. VII. 186).