Abschnitt XXXVI. Ausf. Anw. zur Landgemeinde-Ordnung. 855
Anweisung I1
zur Ausführung der Landgemeinde-Ordnung für die sieben östlichen Provinzen der
Monarchie, betr. die erstmalige Bildung der Gemeindeversammlungen und Gemeinde-
vertretungen #).
Vom 7./12. November 1891 (M. Bl. S. 181).
Zu den Stimmberechtigten in der Gemeindeversammlung — den Wahlberechtigten
für den Fall der Bildung einer gewählten Gemeindevertretung (s. 40 Nr. 1. 58. 41,
50) — gehören unter den im §. 41 Nr. 1 bis 5 bezeichneten allgemeinen Voraus-
setzungen außer dem im Gesetze näher bezeichneten Grundangesessenen (§. 41 Nr. 6
lit. a. und b. §s. 45) und den vom 1. April 1892 ab zur Staatseinkommensteuer
deranlagten Personen mit einem Jahreseinkommen von mehr als 900 Mk. ls8. 41
Nr. 6 lit. c, 8. 5 des Einkommensteuerges. vom 24. Juni 1891 (G. S. S. 175)
auch diejenigen Gemeindeangehörigen, welche weder die an den Grundbesitz geküpften
Bedingungen erfüllen, noch ein Einkommen von mehr als 900 Mk. beziehen, aber
nach einem Jahreseinkommen von mehr als 660 Mk. bis einschließlich 900 Mk. zu
den Gemeindeabgaben herangezogen sind (s. 41 Nr. 6 lit. c).
Gemäß der Bestimmung im ersten Satze des §. 13 können Gemeindeabgabe-
pflichtige mit einem Einkommen von nicht mehr als 900 Mk. zu den Gemeinde-
abgaben herangezogen, jedoch unter Zustimmung des Kreisausschusses von denselben
ganz frei gelassen oder dazu mit einem geringeren Prozentsatze als Personen mit
einem höheren Einkommen herangezogen werden. Demgemäß ist darüber, wie es in
dieser Beziehung gehalten werden soll, von den Gemeinden Beschluß zu fassen, mit
der Maßgabe, daß die Heranziehung selbständig von der Gemeinde angeordnet werden
kann, ein auf die Freilassung oder geringere Belastung gerichteter Beschluß aber der
Zustimmung des Kreisausschusses bedarf. Wird die Freilassung der Gemeindeabgabe-
pflichtigen mit einem Einkommen von nicht mehr als 900 Mk. unter Zustimmung
des Kreisausschusses beschlossen, so werden hierdurch nicht bloß diejenigen Gemeinde-
angehörigen, welche weder die an den Grundbesitz geknüpften Bedingungen erfüllen,
noch ein Einkommen von mehr als 900 Mk. beziehen, sondern auch Wohnhausbesitzer
und die im §. 41 Nr. 6b erwähnten Grundbesitzer, deren Einkommen nicht mehr
als 900 Mk. beträgt, von den auf das Einkommen gelegten Gemeindeabgaben befreit;
auf das Gemeinde-Stimm= und Wahblrecht übt jedoch ein solcher Beschluß nur in
Ansehung der ersterwähnten Gemeindeabgabepflichtigen eine Wirkung nach der Rich-
tung hin aus, daß denselben für die Zeit ihrer gänzlichen Freilassung von den Ge-
meindeabgaben jenes Recht nicht zusteht, während dagegen die Wohnhaus- und Grund-
besitzer keine Beschränkung in ihrem Gemeinderechte durch die Befreiung von den
Gemein deabgaben erfahren. Beschließt eine Gemeinde unter Zustimmung des Kreis-
ausschuffes, daß die hier in Rede stehenden Gemeindeabgabenpflichtigen von den Ge-
meindeabgaben zwar nicht völlig freigelassen, zu denselben aber mit einem geringeren
Prozentsatze als Personen mit einem höheren Einkommen herangezogen werden sollen,
so tritt auch für die Nichtangesessenen die Ausschließung von dem Stimm= und Wahl-
rechte nicht ein.
An der erstmaligen Beschlußfassung darüber, ob die Gemeindeabgabenpflichtigen
mit einem Jahreseinkommen von nicht mehr als 900 Mk. zu den Gemeindeabgaben
heranzuziehen oder von denselben freizulassen seien, sollen, als vorzugsweise betheiligt,
auch diejenigen nicht augesessenen Abgabepflichtigen, welche zur Zeit des Inkraft=
tretens der Landgemeinde-Ordnung von einem Einkommen von mehr als 660 bis
900 Mk. zur Staatssteuer eingeschätzt und zu den Gemeindelasten herangezogen sind,
theilzunehmen berechtigt sein, und diese Bestimmung soll auch auf die Wahlen in
der Gemeindevertretung siunngemäße Anwendung finden. Eine solche Beschlußfassung,
welche zunächst für das Stenerjahr 1892/93 maßgebend ist, im Uebrigen aber auch
für die folgenden Jahre so lange in Geltung bleibt, bis sie durch einen anderweiten
Gemeindebeschluß, zuireffenden Falles unter Zustimmung des Kreisausschufses, abge-
1) Die ohne nähere Bezeichnung angeführten Paragraphen find die der L. G. O.
3. Juli 1891.
Es sind nur die für die Praxis wesentlichen und wichtigen Vorschriften der
3 Anweifungen zum Abdrucke gebracht.