Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

Abschnitt XXXVI. Ausf. Anw. zur Landgemeinde-Ordnung. 869 
nahme der Landgemeinde-Ordnung für solche Städte, welche zwar eine nicht ganz 
Unerhebliche Einwohnerzahl aufweisen, im Uebrigen aber vou größeren Landgemeinden 
nicht wesentlich verschieden find, durch die nach S. 74 Abs. 6 und §. 75 Abs. 2 ge- 
botene Möglichkeit der Einrichtung eines kollegialischen Gemeindevorstandes und der 
Anstellung eines besoldeten Gemeindevorstandes erleichtert. 
Die Bewegungen den Gemeindelebens, welche durch das Inkrafttreten der Land- 
gemeinde-Ordnung entstehen, werden mannigfache Anlässe zu der Erwägung bieten, 
ob die Annahme der Städte-Ordnung seitens einzelner größerer Landgemeinden mit 
vorwiegend städtischem Charakter und die Annahme der Landgemeinde-Ordnung seitens 
einzelner dorfartiger Städte sich empfiehlt. Fälle dieser Art sind durch den Regie- 
rungspräfidenten festzustellen und eintretendenfalls die Verhandlungen mit den bezüg- 
lichen Gemeinden wegen anderweiter Regelung ihrer Gemeindeverfassung einzuleiten. 
  
Anweisung III 
zur Ausführung der Landgemeinde-Ordnung für die sieben östlichen Provinzen der 
Monarchie vom 3. Juli 1891 (G. S. S. 233), betr. die Verfassung und Verwaltung 
der Landgemeinden 7. 
29. Dez. 1891 
Von 12.Jan.1892 (M. Bl. S. 1). 
A. Die Organisation der Landgemeinden. 
I. Die Gemeindeversammlung. 
1. Stimmrecht. 
Die Gemeindeversammlung besteht zunächst aus den stimmberechtigten Gemeinde- 
angehörigen. Welche Gemeindeangehörigen nach ihren persönlichen und wirthschaft- 
lichen Eigenschaften als stimmberechtigt anzusehen sind, ergiebt sich aus 8S 41 bis 44 
und §. 45 Abs. 3. Außerdem fsind stimmberechtigt in der Gemeindeversammlung 
Auswärtswohnende, juristische Personen und Gesellschaften nach Vorschrift des §. 45 
Abs. 1 und 2, wenn sie Grundbesitz von dem Umfange oder Werthe einer „Acker- 
nahrung, welche zu ihrer Bewirthschaftung die Haltung von Zugvieh erfordert“, im 
Gemeindebezirk haben. 
Jedem Stimmberechtigten steht der Regel nach Eine Stimme zu. 
Als Gemeindeglieder werden diejenigen Gemeindeangehörigen bezeichnet, welchen 
vPg. Stimm- und Wahlrecht und das Recht zur Bekleidung unbesoldeter Aemter 
zusteht. 
2. Mehrfache Stimmen. 
Stimmberechtigte, welche von ihrem Grundbesitz im Gemeindebezirk an Grund- 
und Gebäudesteuer 
20 Mk. oder mehr zahlen, haben zwei Stimmen, 
50 „ „ „ „ „ drei „ 
100 7“ i* % ’rn ½ vier 2— 
Die Gewerbetreibendenden der drei obersten Gewerbesteuerklassen nach dem Gesetz 
vom 24. Juni 1891 (G. S. S. 205) haben ein in entsprechender Weise vermehrtes 
Stimmrecht (s. 48 Nr. 2 Abs. 3). .. 
Auf Antrag des Kreisausschusses können durch Beschluß des Provinziallandtages 
die vorstehenden Grund= und Gebäudesteuersätze von 20, 50 und 100 Mk. erhöht 
oder — höchstens jedoch um die Hälfte erniedrigt werden; in gleicher Weise kann die 
Stimmenzahl, zu welcher die im Gesetz erwähnten Steuersätze berechtigen, um eins 
(d. i. auf drei, vier, fünf) erhöht werden (s. 48 Nr. 2 Abs. 1 und 2). Durch eine 
Erhöhung der Stimmenzahl der Angesessenen wird eine entsprechende Erhöhung der 
Stimmenzahl der Gewerbetreibenden von selbst herbeigeführt (s. 48 Nr. 2 Abf. 4). 
Wenn der Kreisausschuß beschließt, eine derartige Abänderung der gesetzlichen 
1) Die ohne nähere Bezeichnung angeführten Paragraphen find die der L. G. O. 
3. Juli 1891.
	        
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