Abschnitt XXXVI. Ausf. Anw. zur Landgemeinde-Ordnung. 871
meindeangehörigen Stimmberechtigten und die Vertreter bleiben also bei dieser Be-
rechnung außer Betracht. Bei jeder Vorladung ist ausdrücklich darauf hinzuweisen,
daß die Nichterscheinenden sich den Beschlüfsen der Erscheinenden zu unterwerfen haben.
Erfolgt wegen Beschlußunfähigkeit der Versammlung die Vorladung zu einer neuen
Bersammlung, so kommt es auf die Zahl der Erscheinenden nicht weiter an; hierauf
ist bei der zweiten Vorladung hinzuweisen (Abs. 3 und 4 a. a. O.).
9. Geschäftskreis.
Anlangend den Geschäftskreis der Gemeindeversammlung, so hat dieselbe über alle
Gemeindeangelegenheiten zu beschließen, soweit sie nicht ausdrücklich durch Gesetz dem
Gemeindevorsteher (Gemeindevorstand) überwiesen sind. Ueber andere als Gemeinde-
angelegenheiten darf die Gemeindeversammlung nur berathen, soweit sie durch besondere
gesetzliche Bestimmungen oder Aufträge der Aufsichtsbehörde dazu berufen ist (§. 102).
II. Die Gemeindevertretung.
1. Einführung der Gemeindevertretung.
Beträgt die Zahl der Stimmberechtigten mehr als 40, so tritt an Stelle der
Gemeindeversammlung eine Gemeindevertretung. Die Wahl derselben ist — erforder-
lichenfalls von Aufsichtswegen — sofort zu veranlassen, sobald die berichtigte Liste
(s. oben I. 5) mehr als 40 Stimmberechtigte nachweist. Bei geringerer Zahl kann
die Bildung einer Gemeindevertretung durch Ortsstatut eingeführt oder im öffentlichen
Interesse durch den Kreisausschuß angeordnet werden (§. 49 Abs. 1 und 2).
Da wo bereits jetzt eine Gemeindevertretung besteht, behält es dabei nach Maß-
gabe des §. 147 Abs. 1 sein Bewenden.
2. Zusammensetzung; Wahl der Gemeindeverordneten.
Die Gemeindevertretung besteht außer dem Gemeindevorsteher und den Schöffen
aus Gemeindeverordneten, welche von den Stimmberechtigten aus ihrer Mitte auf
sechs Jahre gewählt werden. Die Zahl der Gemeindeverordneten beträgt das Dreifache
der Zuerstgenannten, kann aber durch Statut auf 12, 15, 18 oder 24 erhöht werden
(5. 49 Abs 3). Eine Erhöhung der Zahl der Gemeindeverordneten wird zweckmäßiger
eise nur in denjenigen Gemeinden in Anregung zu bringen sein, bei denen umfang-
reiche kommunale Aufgaben zu lösen sind, oder ein größeres Gemeindevermögen zu
verwalten ist.
Nicht wählbar sind die in 8. 53 bezeichneten Personen.
Die Wahl erfolgt nach dem Dreiklassensystem nach Maßgabe der §§. 50, 51,
wonach jeder Stimmberechtigte in seiner Klasse eine Stimme hat, jede Klasse ein
Drittel der Gemeindeverordneten wählt, ohne an die Angehörigen der Klasse gebunden
zu sein. Mindestens zwei Drittel aller Mitglieder der Gemeindevertretung müssen
Angesessene sein; die hiernach zulässige Zahl der zu wählenden Nichtangesessenen wird
auf die drei Klassen nach Maßgabe des §. 52 möglichst gleich vertheilt. Die Wahlen
erfolgen auf sechs Jahre; alle zwei Jahre scheidet ein Drittel der Gewählten aus und
wird durch Neuwahlen ersetzt; die näheren Bestimmungen über die Wahlen find in
88. 54 bis 64 enthalten.
Was die Wahl nach Wahlbezirken betrifft, so ist zu beachten, daß die Bildung
der letzteren sich auf alle oder einzelne der drei Klassen erstrecken kann, jedoch immer
nur für solche Klassen zulässig ist, welche mehr als 500 Wähler umfassen (s. 51 Abs. 1).
3. Beschlußfähigkeit, Vorsitz, Sitzungen, Geschäftskreis.
Die Gemeindevertretung ist beschlußfähig, wenn mehr als die Hälfte der Mit-
glieder anwesend sind (S. 106 Abs. 2). Unentschuldigtes Ausbleiben kann durch Orts-
starut nach Maßgabe der Vorschriften in §. 112 unter Strafe gestellt werden.
Im Uebrigen kommen in Betreff des Vorsitzes, der Zusammenberufung, der
Abhaltung der Sitzungen und des Geschäftskreises die für die Gemeindeversammlung
gegebenen Bestimmungen zur Anwendung (s. oben I).