Abschnitt XXXVI. Ausf. Anw. zur Landgemeinde-Ordnung. 875
an sich alle Gemeindeangehörigen zu dieser Nutzung berufen; ihr Theilnahmeverhältniß
bestimmt sich, wenn die oben angegebenen Rechtsquellen hierfür keinen Anhalt bieten,
nach der Theilnahme an den Gemeindelasten.
Ueber Beschwerden, betreffend den Mitgebrauch von öffentlichen Gemeindeanstalten
und die Theilnahme an den Nutzungen des Gemeindegliedervermögens, beschließt der
Gemeindevorsteher, wo aber ein Gemeindevorstand besteht, und ihm diese Aufgabe
Übertragen ist, der Gemeindevorstand. Gegen den Beschluß ist binnen zwei Wochen
die Klage im Verwaltungsstreitverfahren beim Kreisausschuß zulässig (§§. 9, 71).
Wohl zu unterscheiden vom Gemeindegliedervermögen ist das sogenannte Inter-
essentendermögen. Hierzu gehören namentlich die den Grundbesitzern in gemeinschaft-
lichen Jagdbezirken zustehenden Jagdnutzungerechte, hinsichtlich deren die bisherigen
Vorschriften in ihrem Inhalte durch die Landgemeinde-Ordnung nicht verändert werden,
sowie das Vermögen, welches einer Klasse von Gemeindeangehörigen auf Grund einer
privatrechtlichen Gemeinschaft zusteht.
Ueber die Voraussetzungen, unter denen Gemeindevermögen im engeren Sinne
in Gemeindegliedervermögen umgewandelt werden kann und umgekehrt, enthält §. 69
Abs. 1 und 3 nähere Bestimmungen; die Zustimmung des Kreisausschusses ist hier
nur für den letzteren Fall vorgeschrieben, ist indessen — wie es sich aus §. 114 Abs. 2
ergiebt — auch für den ersteren Fall erforderlich, da es sich bei einem solchen Ge-
meindebeschlusse um eine „Veränderung im Geunsse der Gemeindenutzungen“ handelt.
Die Umwandlung von Gemeindevermögen im engeren Sinne in Gemeindeglieder-
vermögen wird nur ausnahmsweise zulässig erscheinen, während sich die umgekehrte
Maßnahme vielfach als zweckmäßig erweisen wird.
Weder das Gemeindevermögen im engeren Sinne noch das Gemeindeglieder-
vermögen darf durch eine Gemeinheitstheilung in Privatvermögen der Gemeinde-
angehörigen umgewandelt werden; dies ist der wesentlichste Inhalt der im §. 68
Abs. 2 angeführten Deklaration vom 26. Juli 1847.
Für größere Gemeinden empfiehlt sich die Anlegung und regelmäßige Fort-
schreibung eines Lagerbuches, in welches sowohl das unbewegliche Vermögen (Grund-
stücke, Gebäude, Gerechtigkeiten) als auch das bewegliche Eigenthum der Gemeinde
(Forderungen, Bücher, Feuerlöschgeräthschaften) einzutragen ist.
2. Verwaltung des Gemeindevermögens.
Die Beschlußfassung über die Verwaltung und Benutzung des Gemeindevermögens
— unbeschadet der Nutzungsrechte der Gemeindeangehörigen bezüglich des Gemeinde-
gliedervermögens — steht der Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung) zu (. 113).
In Betreff der Veräußerung und Verpachtung von Grundstücken und Gerechtsamen
enthält das Gesetz in §§. 115, 116 Bestimmungen, welche als Regel den Weg des
öffentlichen Meistgebots vorschreiben, jedoch die daselbst näher bezeichneten Ansnahmen
zulassen. Auf die Verpachtung der Jagdnutzung findet §. 116 keine Anwendung.
Die Genehmigung des Regierungspräsidenten ist nach §. 114 erforderlich zur Ver-
äußerung oder wesentlichen Beränderung von Sachen, welche einen besonderen wissen-
schaftlichen, historischen oder Kunstwerth haben; die Genehmigung des Kreisausschusses
zur Veräußerung von Grundstücken und Gerechtsamen, zu einseitigen Verzichtleistungen
und Schenkungen und zu Beränderungen im Genusse des Gemeindevermögens.
Die Ausführung der Beschlüsse der Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung),
betreffend die Verwaltung und Benutzung des Gemeindevermögens, liegt dem Ge-
meindevorsteher ob; hinfichtlich der Benutzung des Gemeindevermögens ist ihm, ab-
weichend von der allgemeinen Regel, die zuvorige Berathung mit den Schöffen vor-
geschrieben. Demgemäß hat der Gemeindevorsteher die laufeude Verwaltung bezüglich
des Vermögens und der Einkünfte der Gemeinde sowie der Gemeindeanstalten, für
welche keine besondere Verwaltung besteht, zu fübren und diejenigen Gemeindeanstalten,
für welche besondere Verwaltungen eingesetzt sind, zu beaufsichtigen (s§. 88 Abs. 4
Nr. 3). Wo ein Gemeindevorstand eingeführt ist, können demselben die vorerwähnten
;ikogaiss und Pflichten durch Ortsstatut ganz oder theilweise übertragen werden
89).
3. Einnahmen.
Zur Ergänzung der Einnahmen aus dem Gemeindevermögen und desjenigen,
was sonst von den Gemeinden durch privatrechtliche Titel erworben wird, dienen die