Abschnitt XXXVI. Gemeinde-Ordnung für die Rheinprovinz. 885
§. 16. Die Theilnahme an den Wahlen und an den öffentlichen Geschäften der
Gemeinde (das Gemeinderecht) steht nach näherer Vorschrift des zweiten Abschnitts nur
1. den Meistbeerbten (Meistbesteuerten) (Art. 11 Gesetz vom 15. Mai 1856,
§. 35) und
2. denjenigen zu, welchen dasselbe besonders verliehen worden ist (§. 36).
§. 18. In Ansehung der Theilnahme der einzelnen Gemeindeglieder an den
Nutzungen des Gemeindevermögens wird in den bestehenden Rechtsverhältnissen durch
gegenwärtige Gemeindeordnung, vorbehaltlich der im §. 18 getroffenen Bestimmungen
nichts geändert 0.
§. 17. Für die Theilnahme an den Gemeindenutzungen (§. 17) kann auf den
Antrag des Gemeinderaths zum Vortheile der Gemeindekasse eine jährliche Abgabe,
welche nach den einzelnen Arten jener Nutzungen, und nur von denjenigen, welche
daran wirklich Theil nehmen, zu entrichten ist, angeordnet werden; zur Einführung
oder Erhöhung derselben ist die Genehmigung des Kreisausschusses?) erforderlich.
Austatt der jährlichen Abgabe oder auch neben derselben kann ein Einkaufsgeld ein-
geführt werden. Dasselbe wird nach Vernehmung des Gemeinderaths durch den
reisausschuss2) festgesetzt?).
S. 19. Auf Beschwerden und Einsprüche, betr. das Recht zur Mitbenutzung
der öffentlichen Gemeindeanstalten, sowie zur Theilnahme an den Nutzungen
und Erträgen des Gemeindevermögens beschliesst der Bürgermeister.
Gegen den Beschluss findet die Klage im Verwaltungsstreitverfahren statt.
Der Entscheidung im Verwaltungsstreitverflahren unterliegen desgleichen
Streitigkeiten zwischen Betheiligten über ihre in dem öffentlichen Rechte be-
ründete Berechtigung zu den im Absatz 1 bezeichneten Nutzungen. Die Be-
schwerden und die Einsprüche, sowie die Klagen haben keine aufschiebende
irkung .
§. 6(6 Auf das Vermögen der Korporationen und Stiftungen, sowie auf das-
lenige, welches einzelnen Klassen von Einwohnern angehört, haben Mitglieder der
Gemeinde als solche keinen Anspruch.
§. 21. Die Gemeinde ist zu allen Leistungen verpflichtet, welche das Gemeinde-
Bedürfniß erfordert.
8. 225).
§. 25. Alle Gemeindeabgaben, insonderheit auch die nach 8. 18 zu erhebenden
Gemeindetaxen und Einkaufsgelder, find, beim Mangel freiwilliger Leistung, im
Stenerexekutionswege") beizutreiben. Die Rollen werden vom Bürgermeister für voll-
streckbar erklärt.
1) Vergl. hierzu Instr. 15. Nov. 1847 (M. Bl. S. 310) §. 16. Ee ist nicht zu-
lässig, bei der Erhebung eines Einkaufsgeldes für die Theilnahme an den Gemeinde-
nutzungen die in der Gemeinde geborenen Gemeindeglieder vor denjengen zu bevor-
zugen, die dorthin von einer anderen Kommune zugezogen sind, Res. 31. März 1871
M. Bl. S. 108). BVergl. E. O. V. XX. 90.
à) Zust. Ges. §. 31 Abs. 1.
25) Instr. 15. Nov. 1847 (M. Bl. S. 310), §5. 18—28; die Erhebung eines
Einkaufsgeldes von nen Anziehenden mit Rücksicht auf das Aequivalent der sog. in-
direkten Bortheile des Gemeindevermögens Armen= und Krankenanstalten, öffentliche
Brunnen, Straßenpflaster rc.) ist unzulässig, Res. 26. Sept. 1874 (M. Bl. S. 237).
!) Zust. Ges. S. 34 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 3 und 5. Zuständig in erster
Instanz ist im Verwaltungsstreitverfahren der Kreisausschuß. Die Frist zur An-
stellung der dem Kreisausschusse uumittelbar einzureichenden oder bei demselben zu
Protokon zu erklärenden Klage beträgt zwei Wochen, Zust. Ges. §. 37; L. B. G.
k EV. Wegen der Beschwerde und Einsprüche gegen Gemeindetaxen und Ein-
Rufsgelder kommen die bisherigen Vorschriften (Zust. Ges. §. 34,2 und Ges.
9 Juni 1840, G. S. S. 140, betr. Verjährungsfristen bei öffentlichen Abgaben) zur
nwendung, da das Komm. Abg. Ges. 14. Juli 1893 gemäß §. 96 Abs. 7 solche
Abgaben nicht berührt.
14 ) Ss. 22—32, bezw. Art. 7—10 Ges. 14. Mai 1856 durch Komm. Abg. Ges.
G. Juli 1893 ersetzt. Doch wird §. 26 wegen der darin enthaltenen besonderen
Gestimmungen ber Verzinsung und Abtragung vorhandener Schulden 2c. auch fernerhin
eltung zu behalten haben. Wegen §. 25 vergl. Anm. 6.
o Bergl. Komm. Abg. Ges. §. 90.