Abschnitt XXXVI. Gemeinde-Ordnung für die Rheinprovinz. 891
Diejenigen Forensen, welchen das Gemeinderecht aus besonderem Vertrauen ver-
liehen ist (§. 36), gehören zur ersten Abtheilung und kommt die von ihnen bezahlte
Steuer bei der Abtbeilungsabstufung nicht in Anrechnung.
§. 51. Jede Abtheilung wählt für sich eine gleiche Anzahl von Gemeindever-
ordneten, die Wahl ist aber an die Mitglieder dieser Abtheilung nicht gebunden.
Gemeindeverordnete 1) können nicht sein:
. diejenigen Beamten und die Mitglieder derjenigen Behörden, durch
welche die Aufsicht des Staats über die Gemeinden ausgeübt wird;
2. die Gemeindebeamten mit Ausnahme der Beigeordneten;
2. die Geistlichen, Kirchendiener und Elementarlehrer;
4. die richterlichen Beamten, zu denen jedoch die Mitglieder der Kammern
für Handelssachen:) und der Gewerbegerichte hier nicht zu rechnen sind;
5. die Beamten der Staatsanwaltschaft;
6. die Polizeibeamten.
Vater und Sohn, sowie Brüder dürfen nicht zugleich Mitglieder der Ge-
meindeverordneten-Versammlung sein. Sind dergleichen Verwandte zugleich
erwählt. so wird der ältere allein zugelassen ?). .
Befinden sich unter den meistbegüterten Grundeigenthümern (8. 46), und wenn
die Vertretung der Gemeinde durch sämmtliche Meistbeerbte stattfindet, unter den
letztern Vater und Sohn, sowie Brüder, so kann nur Einer von ihnen Mitglied des
Gemeinderaths werden. Beim Mangel einer gütlichen Einigung entscheidet das
höhere Alter und bei gleichem Alter das Loos.
§6 52. Wenigstens die Hälfte der Gemeindeverordneten muß aus Grundbesitzern
bestehen. Wenn von den zu Gemeindeverordneten Gewählten weniger als die Hälfte
Grundbesitzer find, so treten diejenigen Unangesessenen, welche die wenigsten Stimmen
gehabt haben, zurück.
Die Wahl muß alsdann zur Ergänzung der erforderlichen Anzahl von Grund-
besitzern in denjenigen Wahlversammlungen, in welchen die Zurücktretenden gewählt
waren, erneuert werden.
Wo die örtlichen Verhältnisse es nothwendig machen, kann der Kreisausschuss")
von der Vorschrist, daß wenigstens die Hälfte der Gemeindeverordneten aus Grund-
besitzern bestehen soll, eine Ausnahme gestatten.
§. 53. In dem Wahltermine, welcher vier Wochen vorher nach der in der Ge-
meinde gewöhnlichen Publikationsart bekannt zu machen ist, müssen die Wahl-
berechtigten persönlich erscheinen. Die Ausgebliebenen find an die Beschlüsse der An-
wesenden gebunden und zur Einsendung schriftlicher Abstimmungen nicht befugt.
eh obgleich anwesend, sich der Abstimmung enthält, ist den Ausgebliebenen gleich-
zuachten.
§. 54. Die Wahl erfolgt unter der Leitung des Bürgermeisters 5) im Beistand
zweier von der Wahlversammlung zu bestimmenden) Skrutatoren. Der Bürgermeister
kann sich durch den Gemeindevorsteher vertreten lassen.
64) Art. 14 findet daher auf die Beamten, die zu den im §S. 46 bezeichneten
Erundeigenthümern gehören, keine Anwendung. Sie sind, soweit sie Meistbegüterte
find, von der Mitgliedschaft im Gemeinderathe nicht ausgeschlossen. Vergl. Res.
15. Dez. 1846 (M. Bl. 1847 S. 74).
2) §§. 100 ff. Ger. Verf. Ges. 27. Jan. 1877 (R. G. Bl. S. 41) und §. 12, 3
Ausf. Ges. 24. April 1878 (G. S. S. 230)
2) Art. 14 Abs. 4 und 5 Ges. 15. Mai 1856.
) Zust. Ges. §. 31 Abs. 1.
5) Da dem Bürgermeister die Leitung der Wahlen zusteht, so ist ihm auch die
Berechtigung nicht abzusprechen, die Qualifikation eines Gewählten einer Prüfung zu
unterwerfen und falls sich dabei ergiebt, daß der Gewählte die gesetzlich erforderliche
Qualifikation nicht besitzt, die Wahl für ungültig zu erklären und sofort eine neue
Wahl vorzunehmen, Res. 11. Dez. 1869 (M. Bl. 1870 S. 12).
) Beliebig, durch mündliche Stimmenabgabe, Zuruf oder Stimmzettel. Doch
liegt eine Wahl durch Zuruf nicht vor, wenn der Vorsitzende die Beisitzer ohne
Widerspruch der Wähler ernannt hat, E. O. V. VIII. 121.
Die Zuziehung eines besonderen Protokollführers ist nicht ausgeschlossen, Erk. O. V. G.
3. Juli 1895 (bei Harnisch S. 98).