Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

920 Abschnitt XXXVI. Landgemeinde-Ordnung für die Prov. Westfalen. 
§. 66. Bei städtischen Gemeinden (§. 1) treten folgende besondere Bestim- 
mungen ein: 
1. die auswärts wohnenden Hausbesitzer werden nicht zu den Gemeinde-Mit- 
gliedern, sondern zu den Forensen gerechnet. 
Das Gemeinde- (Bürger.) Recht kann nicht durch Stellvertreter ausgeübt werden; 
doch finden auch hier wegen der juristischen und auswärts wohnenden höchbesteuerten 
Personen der §. 8 der Städte-Ordnung und die auf denselben bezüglichen Bestimmungen 
in §. 25 daselbst Anwendung. 
2. Die Stadtgemeinde wird überall durch eine Gemeinde-(Stadt.) Verordneten- 
Versammlung vertreten, und muß mindestens die Hälfte der Mitglieder aus Haus- 
besitzern bestehen. 
3. Bei Bildung der Klassen zum Behuf der Wahl der Gemeinde= (Stadt) Ber- 
ordneten (§. 27) find auch die juristischen und auswärts wohnenden höchbesteuerten 
Personen (Nr. 1) nach Maßgabe der von ihnen zu entrichtenden Steuern, welche der 
Gesammtsumme der Steuern der Bürger beizurechnen, zu berücksichtigen. 
4. Für einzelne Stadtthiele können nach Vorschrift des s. 42 Bezirksvorsteher 
(Rott= oder Viertelmeister) bestellt werden. 
5. Bei Anstellung der zum Dienste der Stadt erforderlichen Unterbeamten und 
Diener find die Vorschriften wegen der zur Ciwvilversorgung berechtigten Militär- 
Personen zu beachten. 
§. 67. Die Besitzer der den Gemeinden gleichgestellten Güter (F. 3) find für 
den Bereich derselben, gleich den Gemeinden, zu allen Pflichten und Leistungen ver- 
bunden, welche den Gemeinden nach den Gesetzen obliegen. Der Besttzer eines solchen 
Guts hat die Verpflichtung 1), die Amtsverrichtung des Gemeinde-Vorstehers ohne 
Entschädigung für Dienstunkosten zu besorgen; er ist jedoch befugt, für Abwesenheits- 
und Behinderungsfälle einen Stellvertreter auf seine Kosten zu bestellen, welcher dem 
Landrath zur Genehmigung präsentirt und auf dessen Verlangen, wenn es im Dienst- 
interesse nöthig befunden wird, wieder entlassen werden muß. Der Gutsbesitzer muß 
einen solchen Stellvertreter bestellen, wenn er die gedachten Amtsverrichtungen selbst 
wahrzunehmen nicht im Stande oder geeignet ist. 
§. 68. Diejenigen Lasten, welche im öffentlichen Interesse nach §. 67 den ge- 
dachten Gütern obliegen, sind von dem Gutsbesitzer und auf Grund eines Statuts, 
welches der Bestätigung des Kreisausschusses bedarkf?:), antheilig auch von den 
übrigen selbständigen Einwohnern des Guts zu tragen. 
#§. 69. Für jeden Amtsbezirk (5. 4) wird ohne Unterschied, ob derselbe aus 
einer oder aus mehreren Gemeinden besteht, ein Amtmann und mindestens ein 
Stellvertreter (Beigeordneter) desselben bestellt. 
Den Beigeordneten steht es zu, den Amtsversammlungen ohne Stimmrecht bei- 
zuwohnen. 
In Aemtern, welche aus mehreren Gemeinden bestehen, kann der Amtmann zu- 
gleich Vorsteher der Gemeinde sein, in welcher er wohnt. 
§. 70. Die Sielle des Amtmanns ist als ein Ehrenamts), mit welchem nur 
  
1) §. 26 Westf. Kr. O.: Der Gutsbesitzer (beziehungsweise der Stellvertreter) 
wird in seiner Eigenschaft als Gutsvorsteher von dem Landrathe bestätigt. Die Be- 
stätigung kann unter Zustimmung des Kreisausschusses versagt werden. Der Guts- 
vorsteher wird vor seinem Amtsantritte von dem Landrathe vereidigt. 
Unterläßt der Besitzer des Gutes in den im letzten Satze des im 8. 67 der 
Landgemeinde-Ordnung angegebenen Fällen, oder wenn ihm die Bestätigung versagt 
worden ist, die Bestellung eines Stellvertreters, oder befindet er sich im Konkurse, 
oder befindet er sich nicht im Besitze der bürgerlichen Ebrenrechte, so steht dem Land- 
rathe unter Zustimmung der Kreisausschusses die Ernennung des Stellvertreters auf 
Kosten des Besitzers zu. # 
Der Kreisausschuß beschließt auf Antrog der Betheiligten über die Remuneration 
stellvertretender Gutsvorsteher. 
2) Westf. Kr. O. §. 26 Abs. 4. VBergl. Zust. Ges. §. 31. 
3) §. 8 Abs. 7 Westf. Kr. O.: Die Verpflichtung zur Uebernahme unbesoldeter 
Aemter findet auf das Ehrenamt des Amtmanns und des Beigeordneten mit der 
Maßgabe statt, daß als genügender Ablehnungsgrund auch die Größe des Geschäfts- 
umfanges anzuerkennen ist, wenn derselbe nach Ermessen des Kreisausschusses die an
	        
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