Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

Abschnitt XXXVII. Kommunalabgaben-Gesetz. 927 
Die Erhebung von Gebühren hat zu erfolgen, wenn die Veranstaltung 
einzelnen Gemeindeangehörigen!) oder einzelnen Klassen von solchen vorzugs- 
weise zum Vortheile gereicht und soweit die Ausgleichung nicht durch Beiträge 
(. 9) oder eine Mehr= oder Minderbelastung (F. 20) erfolgt. Die Gebühren- 
sätze sind in der Regel so bemessen, daß die Verwaltungs= und Unterhaltungs- 
kosten der Veranstaltung, einschließlich der Ausgaben für die Verzinsung und 
Tilgung des aufgewendeten Kapitals gedeckt werden. 
Besteht eine Verpflichtung zur Benutzung einer Veranstaltung für alle Ge- 
meindeangehörtgen oder für einzelne Klassen derselben, oder sind die Genannten 
auf die Benutzung der Veranstaltung angewiesen 2), so ist unter Berücksichtigung 
des öffentlichen Interesses, welchem die Veranstaltung dient, und der den Einzelnen 
gewährten besonderen Vortheile eine entsprechende Ermäßigung der Gebührensätze 
gestattet: auch kann in Fällen dieser Art die Erhebung von Gebühren unter- 
eiben. 
Auf Unterrichts-?) und Bildungsanstalten, auf Krankenhäuser, Heil= und 
Pflegeanstalten, sowie auf vorzugsweise den Bedürfnissen der unbemittelten Volks- 
klassen dienende Veranstaltungen finden vorstehende Bestimmungen (Abs. 2 und 3) 
keine Anwendung. Jedoch W den Besuch der von den Gemeinden unterhaltenen 
döheren Lehranstalten und Fachschulen") ein angemessenes") Schulgeld erhoben 
erden. 
Andere Abweichungen von der im Abs. 2 vorgeschriebenen Bemessung der 
Gebühren sind nur aus besonderen Gründen) gestattet. 
— — 
Zu Anmerkung 10 auf S. 926. 
Für die Benutzung des Luftraumes über öffentlichen Straßen durch Balkons und 
Erker kann eine Gebühr auf Grund des §. 4 nicht erhoben werden, E. O. V. XXVIII. 
75. Unter die Veranstaltungen des §. 4 fallen z. B. auch Chausseen, Wege, Brücken, 
Häfen u. a. im öffentlichen Interesse unterhaltene Verkehrsanstalten Diesen ist im 
§. 5 des Ges. jedoch insofern eine Sonderstellung zugewiesen, als danach die bestehenden 
Vorschriften über die Verleihung des Rechtes auf Erhebung von Verkehrsabgaben 
sowie über die Feststellung der Tarife für solche aufrecht erhalten sind. In Folge 
dessen unterliegen die Tarife für die Erhebung von Verkehrsabgaben der hier in Rede 
stehenden Art, und zwar gegebenenfalls neben der im §. 8 des Ges. vorgeschriebenen, 
zunächst einzuholenden Genehmigung, der staatlichen Feststellung nach Maßgabe des 
A. E. 4. Sept. 1882 (G. S. S. 360) und der sich darauf gründenden Res. 18. Dez. 1882, 
31. Mai 1883 und 30. März 1895 (M. Bl. 1883 S. 2 und S. 140, 1895 S. 127). 
Dies gilt auch für das Rheinische Rechtsgebiet, die im Jahre 1866 mit Preußen ver- 
einigten Gebietstheile und die sonstigen nichtlandrechtlichen Gebiete, weil die §§. 90 ff. 
Tit. 15 Th. II. des A. L R., welche die ausschließliche Befugniß des Staates 
zur Vorschreibung der Tarife für die Verkehrsabgaben feststellen, als dem Verfassungs- 
rechte angehörend im ganzen Bereich der Monarchie Wirksamkeit haben. 
Hiervon abgesehen aber gelten die in dem Kommunalabgaben-Gesetze über die 
Gebührenerhebung durch die Gemeinden getroffenen Bestimmungen auch für die 
Verkehrsabgaben. Vergl. Res. 11. Juni 1896 (M. Bl. S. 129), wo sehr ausführ- 
liche Vorschriften für diese Gebühren gegeben sind. 
)) d. f. alle phyfischen und juristischen Personen, Erwerbsgesellschaften u. f. w., 
die der Gemeinde irgendwie (durch Aufenthalt, Befitz, Gewerbebetrieb 2c.) angehören. 
2) Vergl. E. O. V. XXX. 101. 
:) Wegen des Schulgeldes in Volksschulen vergl. 8. 4 Ges. 14. Juni 1888 
(G. S. S. 240). 
½) Dazu gehören Fortbildungs-, Näh-, Haushaltungs= und ähnliche Schulen 
nicht, Motive S. 44. Vgl. im Uebrigen Ausf. Anw. Art. 5 Nr. Za. 
*) „Angemessen“ im Verhältnisse zu den Kosten der Anstalt und der ganzen 
finanziellen Lage der Gemeinde, Komm. Ber. A. H. S. 9. 
6) Ob diese vorliegen, ist vor Ertheilung der Genehmigung der Gebührenordnung 
pflichtmäßig zu prüsen. Hat die ordnungsmäßig beschlossene Gebührenordnung die 
Genehmigung erhalten, so ist sie rechtswirksam. Die Höhe der so festgesetzten Ge- 
zübren unterliegt keiner Nachprüfung im Verwaltungsstreitverfahren, vgl. E. O. V. 
97.
	        
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