Abschnitt XXXVII. Kommunalabgaben-Gesetz. 955
der Höhe der Mehrausgaben auch die nachweisbar der Gemeinde erwachsenden
Vortheile zu berücksichtigen. Die Zuschüsse der Betriebsgemeinde dürfen in
keinem Falle mehr als die Hälfte der gesammten in der Betriebsgemeinde von
den betreffenden Betrieben zu erhebenden direkten!) Gemeindesteuern betragen.
Liegt der Betrieb in einem Gutsbezirk, so richtet sich der Anspruch gegen
den Gewerbetreibenden; der Zuschuß darf in diesem Falle den vollen Satz der
staatlich veranlagten Gewerbesteuer nicht übersteigen.
Ueber den Anspruch beschließt in den Fällen, in welchen keine Einigung
der Betheiligten erfolgt, der Kreisausschuß, so weit die Stadt Berlin oder
andere Stadtgemeinden betheiligt sind, der Bezirksausschuß. Gegen den Be-
schluß findet innerhalb zwei Wochen der Antrag auf mündliche Verhandlung
im Verwaltungsstreitverfahren statt2).
Zutreffendenfalls kommen die Bestimmungen des §. 58 des Gesetzes über
die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 (G. S. S. 195) dahin
zur Anwendung, daß auch in den Fällen, in welchen die Stadt Berlin be-
theiligt ist, der Minister des Innern den Bezirksausschuß bestimmt, welcher zu
beschließen hat. .
4. Vertheilung des Steuerbedarfs auf die verschiedenen Steuerarten.
§. 54:). Die vom Staate veranlagten Realsteuern"!) sind in der Regel
mindestens zu dem gleichen und höchstens zu einem um die Hälfte höheren
Zu Anmerkung 8 auf S. 758.
wohnhaft waren und demnächst in dem Betriebe Arbeit gefunden haben. Es werden
regelmäßig nur die später zugezogenen Arbeiter in Betracht kommen, unter dieser
Voraussetzung aber auch solche der Hausindustrie, A. H. Komm. Ber. Anl. 13 S. 18.
Zur Begründung ihres Anspruchs muß die Arbeiterwohnsitzgemeinde
den Nachweis erbringen,
1. daß ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Betrrieb und Mehraus-
gaben besteht, daß ihr also für Zwecke des öffentlichen Volksschulwesens und
der öffentlichen Armenpflege Ausgaben erwachsen, die nicht entstehen würden,
wenn nicht ein bestimmter Betrieb in der Betriebsgemeinde vorhanden wäre.
Zu diesem Zwecke wird etwa die Zahl der Beamten und Arbeiter zu er-
mitteln sein, die, weil sie in dem bestimmten Betriebe beschäftigt werden, in
der Arbeiterwohnsitzgemeinde wohnen. Hierher werden alle diejenigen Beamten
und Arbeiter zu rechnen sein, die bereits in dem Betriebe beschäftigt waren, als
sie in die Arbeiterwohnsitzgemeinde zugezogen, oder die zuzogen, um in dem
Betriebe Beschäftigung zu finden. Es wird weiter festzustellen sein, wie groß
die Zahl der dem Kreise der in dem Betriebe Beschäftigten angehörigen
Schulkinder ist, und inwieweit diese die Ursache zur Mehrausgaben für Schul-
zwecke geworden sind, indem sie etwa die Anstellung neuer Lehrkräfte oder die
Beschaffung neuer Schulräume erforderlich gemacht haben oder machen. Be-
züglich der Armenlast sind die erwachsenden Mehrausgaben nöthigenfalls auf
Grund der Ausgaben zu schätzen, welche die Arbeiterwohnsitzgemeinde in den
Vorjahren für Arme, die dem Kreise der in dem bestimmten Betriebe Be-
schäftigten angehören, aus eigenen Mitteln thatsächlich gemacht hat, Pr. V. Bl.
XVIII. 211, 464;
2. daß diese Mehrausgaben einen erheblichen Umfang im Verhältniß zu
den Ausgaben erreichen, welche die Gemeinde ohne das Bestehen des die Ur-
sache der Mehrausgaben bildenden Betriebes hätte machen müssen;
3. daß diese Mehrausgaben geeignet find, eine Ueberbürdung der Steuer-
pflichtigen herbeizuführen.
1) Indirekte Steuern, Gebühren und Beiträge kommen nicht in Betracht.
2) Die Entscheidungen gelten nur für das betreffende Rechnungsjahr. Die Vor-
schrift des §. 2 Ges. 11. Juli 1891 (G. S. S. 329), betr. Vorausleistungen zu
Wegebamteen findet hier also keine anologe Anwendung.
:) Ausf. Anw. Art. 39 zu 58. 54—58; zu §. 54 insbesondere Art. 39 I.
und II. 1, 2.
*!) Mit Ausnahme der Betriebssteuer, §. 58 des Ges.