Abschnitt XXXVII. Kommunalabgaben-Gesetz. 961
Spanndienste sind von den Grundbesitzern nach dem Verhältniß der Anzahl
der Zugthiere, welche die Bewirthschaftung ihres im Gemeindebezirk belegenen
Grundbesitzes erfordert, Handdienste von sämmtlichen Steuerpflichtigen gleich-
heitlich zu leisten. Ob und inwieweit hierbei den gespannhaltenden Grund-
besitzern die ihnen obliegenden Spanmdienste auf das Maß der auf sie entfallenden
Handdienste anzurechnen sind, bestimmt sich nach den hierüber getroffenen ver-
tragsmäßigen oder statutarischen Festsetzungen oder dem Herkommen. Im
Zweifelsfalle wird vermuthet, daß die gespannhaltenden Grundbesitzer nur bei
solchen Arbeiten, bei welchen zugleich Spanndienste vorkommen, von den Hand-
diensten befreit sind. Abweichungen von diesen Bestimmungen, insbesondere die
Heranziehnng von anderen gespannhaltenden Steuerpflichtigen zu Spanndiensten
bedürfen der Genehmigungt). "
Die Dienste können mit Ausnahme von Nothfällen durch taugliche Stell-
vertreter abgeleistet werden.
Die Gemeinde kann gestatten, daß an Stelle des Naturaldienstes ein an-
gemessener Geldbeitrag geleistet wird?).
Die gemäß S§. 38 dieses Gesetzes von den Gemeindeabgaben ganz oder
theilweise frei gelassenen Steuerpflichtigen können nach Maßgabe der Bestimmung
des Abs. 2 zu Naturaldiensten herangezogen werden.
Die in §§. 40, 41, 42 aufgeführten Personen sind von Naturaldiensten
soweit diese nicht auf den ihnen gehörigen Grundstücken lasten, befreit; untere
Kirchendiener iusoweit, als ihnen diese Befreiung seither rechtsgültig zustands).
Fünfter Titel. Rechtsmittel?).
§. 695). Dem Abgabepflichtigen 6) steht gegen die Heranziehung (Veran-
lagung?) zu Gebühren, Beiträgens), Steuern und Naturaldiensten der Einspruch
Zu Anmerkung 7 auf S. 960.
Arbeits- oder Gespannkräften hinaus, über das fie thatsächlich verfügen, weitere
Leistungen durch gemiethete Arbeiter oder Gespanne zu übernehmen, E. O. V. XX.
157. Zu beachten bleibt jedoch, daß der Pflichtige bei Spanndiensten ein solches Ge-
spann mitzubringen hat, wie er es für seinen Grundbesitz nach wirthschaftlichen
Grundsätzen gebraucht; ein Gespann, wie er es thatsächlich besitzt, genügt nicht in
jedem Falle. Bei Handdiensten hat er, wenn es sich um Arbeiten handelt, wie sie
auch die Bewirthschaftung seines eigenen Grundbesitzes erfordert, seine eigenen, im
brauchbaren Zustande befindlichen Geräthschaften, z. B. Spaten, Beile, mitzubringen.
In siungemäßer Anwendung der Vorschrift in §. 20 Abs. 2 Komm. Abg. Ges.
kann bei dem Vorhandensein der dort aufgestellten Voraussetzungen eine Mehr-
oder Minderbelastung mit Naturaldiensten beschlossen werden. Der Beschluß
bedarf der Genehmigung des Kreisausschusses (S. 77).
1) Des Kreis- bezw. Bezirksausschufsses, §. 77 des Ges.
2) Wenn eine Gemeinde beschließt, Dienste in Geld schätzen und leisten zu lassen,
so kommt überhaupt nicht mehr die Leistung von Naturaldiensten, sondern lediglich
die von Gemeindestenern in Frage. Die Aufbringung der Abgaben regelt sich dann
nach den bestehenden allgemeinen Vorschriften, Mot. S. 65.
3) Abgesehen von den in §. 68 Abs. 6 angeordneten Befreiungen dürfen
auch Postpferde und Postillone zu Spanndiensten nicht herangezogen werden, §. 22
Reichsges. über das Postwesen 28. Okt. 1871 (R. G. Bl. S. 347).
4) Ausf. Anw. Art. 45 zu 88§. 69—76.
") Auch Anträge, die ohne die erfolgte Heranziehung zu bemängeln, eingetretener
Beränderungen wegen eine Herabsetzung der Steuer im Laufe des Steuerjahres
bezwecken, sind in diesem Rechtsmittelverfahren zu erledigen, E. O. V. XV. 165,
desgl. auf Rückerstattung des Geleisteten.
6) Abgabepflichtig ist jeder, von dem die Gemeinde mit Recht oder Unrecht eine
Abgabe fordert. Ob die Anforderung der bestehenden Rechtsnorm zuwiderläuft, ist
sormell unerheblich, Erk. O. V. G. 17. Dez. 1892 Nr. I. 1217. Die Zurücknahme
einer Heranziehungsverfügung mit dem Vorbehalte, auf die Forderung zurückzu-
kommen, steht einer erneut en Heranziehung nicht entgegen, Erk. O. V. G. 30. März
1895 (Pr. V. Bl. XVI. 524).
7) Es ist also im Verwaltungsstreitverfahren sowohl über die Steuerpflicht, als
Illing-Kautz, Handbuch II, 7. Aufl. 61