Full text: Aberglaube, Sitte und Brauch im sächsischen Erzgebirge.

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Meinung, daß gewisse Menschen gegen die Verschreibung ihrer Seele 
mit dem Teufel ein Bündnis schließen können, der ihnen dann den glück- 
bringenden Drachen schickt. „Der hat den Drachen“, hört man oft sagen, 
und man meint dann immer einen, dem es wohlgeht und der schnell 
zu Reichtum gekommen ist. Alles Geld, was er dem einen zubringt, 
nimmt er einem andern weg. Einst wurde der einfahrende Drache von 
einer Gesellschaft gesehen, bei der ein Mann war, der etwas „konnte“. 
Dieser beschwor den Drachen und rief: „Der hat aber schwer geladen, 
weil er so langsam fährt und pustet!“ Der Unhold lud ab; die Sachen 
waren vom Nachbar (Ri.). In Ge. erzählt man sich: Ein reicher Mann 
stand in dem Verdachte, mit dem Teufel im Bunde zu stehen. Ein 
armer Knabe wollte sich davon überzeugen, ging an einem Sonntage, 
als der Unhold in der Kirche war, in dessen Wohnung und las in 
der auf dem Tische aufgeschlagenen Bibel. Kaum hatte er angefangen 
zu lesen, so erschien ein Rabe in der Stube. Als der Knabe aber 
elf Seiten gelesen hatte, kam der Mann, noch ehe der Gottesdienst zu 
Ende war, selbst und las die elf Seiten rückwärts, worauf sofort der 
Rabe verschwand. Hätte der Knabe noch eine Seite gelesen, so wäre 
der Mann von dem Raben, der sich sofort in den Teufel verwandelt 
hätte, zerrissen worden. Der Knabe aber starb kurze Zeit darauf eines 
jammervollen Todes. Aus Lau. schreibt man mir: Die reiche Besitzerin 
eines Gutes in unserem Orte konnte nicht sterben; denn sie stand im 
Bunde mit dem Teufel, der ihr den gabenspendenden Drachen schickte, 
so daß ihr der Getreidevorrat nie zu Ende ging und ste selbsi keinen 
Groschen für Lebensmittel auszugeben brauchte. Bettler und Arme 
fanden bei der Frau ein verschlossenes Herz. Als nun die Stunde ihres 
Todes kam, legte man ihr Dünger unter den Kopf (vgl. S. 120), 
um ihren gräßlichen Qualen ein Ende zu machen. Aber das Mittel 
schlug nicht an. Und auch die Pferde des Nachbars, der mit seinem 
Gespann am Abende am Hause der mit dem Tode Kämpfenden vorbei 
mußte, überfiel Todesangst und sie lenkten vom Wege ab. Der bestürzte 
Bauer springt vom Wagen und eilt seinem Hofe zu. Unterdes aber 
sollen die Pferde dreimal um das Haus der Unglücklichen gefahren sein. 
Bald darauf starb die Kranke. " «··· 
Drachengeld kehrt stets zurück (allg.). Man soll es nie so aus- 
geben, daß es aufgeht; denn mit dem zurückbekommenen Gelde kehrt 
auch das ausgegebene zurück (v.). Wirft man es aber mehrmals aus 
einer Hand in die andere, so muß es bleiben (Th.). Will jemand er- 
fahren, ob er solches bekommen hat, so legt er es in ein Glas und 
bedeckt dieses mit einem Gesangbuche (A., B.). Fängt das Geld an 
zu springen, so ist es Drachengeld, das man so schnell wie möglich 
wieder ausgeben soll, weil es Verluste bringt (A., B.). Oder man legt das 
Geld in ein Holzgefäß, schlägt drei Kreuze darüber und spricht: „Drachen- 
geld brauche ich nicht und den Teufel verabscheue ich!“ (Th.). Und 
nicht nur der schnell zu Reichtum gekommen ist, hat den Drachen; denn 
nimmt man ein Geschenk nicht in Gottes Namen entgegen, so fällt der- 
selbe Verdacht auf einen (Ri.). Meist fährt der Drache in Gestalt eines 
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