Full text: Gesetze und Verordnungen über Elementarunterricht und Fortbildungsunterricht im Großherzogtum Baden.

Titel VII. Lehranstalten der Privaten und Korporationen. 8 116. 285. 
sondern als Staatsanstalten zu betrachten. Ausdrücklich war in einem au die 
bischöflichen Vikariate zu Konstanz und Bruchsal gerichteten Schreiben des Katholischen 
Kirchen-Departements vom 7. September 1810 — mit welchem den genannten 
Kirchenbehörden der Entwurf des Regulativs „zur Kenutnisnahme“ mitgeteilt ward 
— bemerkt, daß „die Umschaffung der Frauenklöster in Lehrinstitute wie eine Kloster- 
aufhebung anzusehen“ sei, ein Satz, welchem in den nachgefolgten Erklärungen der 
beiden Vikariate ein Widerspruch nicht entgegengesetzt wurde. Nach der so erfahrenen 
Umgestaltung waren die aus vormaligen Franenklöstern hervorgegangenen „Lehr- 
und Erziehungsinstitute“ korporativ organisierte Vereinec von katholischen 
Frauen, welche den Unterricht und die Erziehung von Mädchen zum Lebensberuf er- 
wählt haben und nach einer durch staatliche Vorschriften geregelten Haus= und Lebens- 
ordnung in Gemeinschaft leben. 
Alle diese Institute unterhielten vor Erlassung des Gesetzes vom 18. September 
1876 Schulen für — einfachen oder erweiterten — Elementarunterricht, 
welche als Unternehmen eines mit Korporationsrechten ausgestatteten Lehrfrauen= 
vereins die Eigenschaft von Korporationsanstalten hatten, von dem betreffenden 
Institut selbst geleitet und aus der Zahl der Institutsfrauen mit den erforderlichen 
Lehrkräften versehen wurden. Wo solche Institutsschulen bestanden, traten dieselben 
infolge von Ubereinkommen mit den betreffenden Gemeinden für die weibliche 
volksschulpflichtige Jugend (die dem katholischen Bekenntnis angehörende, wo für das 
evangelische Bekenntnis eine besondere Volksschule errichtet war) in der Weise an die 
Stelle der Volksschule, daß in die Schule des Instituts — in gleicher Weise, wie in. 
eine Volksschule — alle im Schulbezirk wohnenden volksschulpflichtigen (katholischen) 
Mädchen ausgenommen werden mußten, daß zur Sicherung des Besuchs der Instituts- 
schule die für Volksschulen verordneten Zwangsmittel in Anwendung kamen, die 
eigentliche Volksschule aber von (katholischen) Mädchen thatsächlich nicht besucht wurde. 
Diese eigentümliche Stellung der sog. Regulatioschulen war der Anlaß zu der für 
letztere vorzugsweise berechneten Bestimmungen in § 5 der Ministerialverordnung vom 
9. Oktober 1869. 
Die schon bei Erlassung des Regulativs von 1811 kund gegebene Anschauung, 
daß die „Katholischen Weiblichen Lehr= und Erziehungsinstitute“" nicht Klosteranstalten, 
sondern weltliche Korporationen seien, hat die Staatsregierung auch später fest- 
gehalten. Namentlich wurde dieselbe bei den landständischen Verhandlungen von 1872. 
über den Entwurf eines Gesetzes betr. die Lehrwirksamkeit der Mitglieder religiöser 
Orden mit besonderem Nachdruck geltend gemacht; es wurde dabei vonseiten der Re- 
gierung als Voraussetzung ihrer Zustimmung zu dem (von der Zweiten Kammer 
ausgegangenen) Gesetzesvorschlage bezeichnet, daß das Verbot der Lehrwirksamkeit! 
von Mitgliedern religiöser Orden und ordensähnlicher Kongregationen auf die frag- 
lichen Institute sich nicht beziehe. Demgemäß wurde das unter'm 2. April 1872 zur 
Verkündung gelangte Gesetz nicht Anlaß zu einer Anderung in den Verhältnissen der 
Regulativschulen. Dagegen war eine solche Anderung bedingt durch das Gesetz vom 
18. September 1876. 
Die Zweite Kammer des Landtages von 1875/76 hatte zu dem von der Re- 
gierung vorgelegten Entwurfe eines Gesetzes über Abänderung einiger Bestimmungen 
des Elementarunterrichtsgesetzes bei der ersten Verhandlung, dem Antrag der Kom- 
mission gemäß, zwei die Katholischen Weiblichen Lehr= und Erziehungsinstitute be- 
rührende Zusätze beschlossen, nämlich 
a) zur Artikel I, als zweiten Absatz des § 6. folgenden Zusatz:
	        
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