Dritter Abschnitt. 1862—1868. 29.
erwähnt, ebensowenig eines Rechtes zur Einsprache gegen die Errichtung
oder den Bestand konfessionell gemischter Schulen.
Die Zweite Kammer der Landstände des Großherzogtums erklärte durch
einen in der Sitzung vom 29. März 1860 gefaßten Beschluß die von der
Regierung ohne Vorbehalt der ständischen Zustimmung mit dem Pänpstlichen.
Stuhle abgeschlossene Vereinbarung in ihrer Gesamtheit als nicht rechtsver-
bindlich für das Land. Infolge dieses Beschlusses unterblieb der Vollzug.
der Konvention; das Verhältnis der katholischen Kirche zur Staatsgewalt
wurde im Wege der staatlichen Gesetzgebung geregelt, und durch eine landes--
herrliche Verordunng vom 9. Oktober 1860) wurde ausgesprochen, daß der
Uebereinkunft mit dem Päpstlischen Stuhle keine rechtliche Wirksamkeit bei-
zulegen sei, vielmehr an deren Stelle dad Gesetz vom gleichen Tage,
die rechtliche Stellung der Kirchen und kirchlichen Vercine-
im Staatce betreffend,) trete.
Das Gesetz vom 9. Oktober 1860 gewährleistet der Vereinigten Evangelisch-
Protestantischen und der Römisch-Katholischen Kirche das Recht öffentlicher
Korporationen mit dem Rechte der öffentlichen Gottesverehrung (§ 1) und
überläßt den beiden Kirchen die freic und selbstständige Ordnung und Ver-
waltung ihrer Angelegenheiten (§ 7), namentlich (C„unbeschadet der auf öffent-
lichen oder Privatrechtstiteln, wie insbesondere dem Patronat bernhenden
Befugnisse“) die Verleihung der Kirchenämter (§ 8); jedoch kann keine
Kirche aus ihrer Verfassung oder ihren Verordnungen Befugnisse ableiten,
Artikel XVIII;
„Außerdem wird eine gemischte Kommission gebildet werden, welche im
„Namen der Kirche die Verwaltung des Interkalarfonds sowie der übrigen:
„allgemeinen kirchlichen Fonds zu überwachen und welche zugleich die Ober=
„aufsicht über die Verwaltung sämtlicher kirchlicher Fonds des Großherzog-
„tums zu führen hat.“ ·
Artikel XIX;
— — „DieKommission soll einen Vorsteher katholischer Religion haben,
„und es wird einerseits der Großherzoglichen Regierung, anderseits dem
„Erzbischof die Befugnis zustehen, solche Männer in Vorschlag zu bringen,
„welche von dem einen oder anderen Teil zur Führung des fraglichen
„Amtes für geeignet erachtet werden. Derjenige wird dieses Amt führen,
„der sowohl von der Großherzoglichen RNegierung als vom Erzbischofe im
„gegenseitigen Einvernehmen gewählt und ernannt werden wird. Von-
„seiten des Staates wird derselbe Mann zum Vorsteher desienigen
„anderen Kollegiums bestellt werden, welchem die Leitung der
„katholischen Schulen des Großherzogtums übertragen ist, und
„welchem zugleich die Aufsicht über die Verwaltung des im Großherzogtume-
„für den katholischen Religionsteil bestimmten Vermögens obliegt.“
1) Reg.-Bl. von 1860 Nr. 51 S. 392.
2) Cbendaselbst S. 375—378.