Zweiter Teil.
Kriegserklärung und Friedensschluß
nach deutschem Völkerrecht.
Kriegserklärung nach deutschem Bölkerrecht.
87.
1. Notwendigkeit der Kriegserklärung.
Während die Verfassung eines jeden Staates bestimmt,
welche seinen Organe zur Entscheidung über Krieg und Frieden
und zur Notifikation an den fremden Staat, zur eigentlichen
Kriegserklärung berufen sind, ist es dem äußeren Staatsrecht
der Staaten, deren Völkerrecht vorbehalten, die Formen, in
denen der Staatenvertkehr, insbesondere der nicht friedliche, sich
vollzieht, rechtlich zu fixieren. Für uns ist insbesondere die
Frage vonr Interesse: Erkennt das Völkerrecht der einzelnen
Staaten eine formelle Erklärung zum Beginn eines Krieges
als notwendig an, und welche bestimmten Formen hat es zu
diesem Zwecke geschaffen?
In der richtigen Erwägung, daß eine vollständige Be-
seitigung und Unterdrückung des Krieges unmöglich sei, hat sich
die internationale Staatengemeinschaft die große Aufgabe ge-
stellt, den Krieg wenigstens in seinen schlimmsten Folgen ein-
zuschränken. Die Erfüllung dieser Aufgabe ist ihr heute im
allgemeinen schon gelungen, dadurch daß sie die Rechte und
Pflichten der Kriegführenden auf der I. und II. Haager Konfe-
renz in einer „Ordnung der Gesetze und Gebräuche des Land-
krieges“ normierte und auf der Londoner Seekriegsrechtskon-
ferenz entsprechende Bestimmungen für den Seekrieg aufstellte.