Full text: Kriegserklärung und Friedensschluß nach deutschem Staats- und Völkerrecht.

64 2. Tl. Kriegserklärung u. Friedensschluß n. deutsch. Völkerrecht. 
kam die Gewohnheit der feierlichen Kriegserklärung bei vielen 
Staaten wieder auf und wurde im ganzen Mittelalter aner- 
kannt und praktisch geübt. Während aber die Kriegserklärung 
bei den Römern mehr auf religiöser Grundlage beruhte, ver- 
dankte sie ihre Anerkennung im Mittelalter dem Einfluß des 
Rittertums: „Comme on provoque son adversaire en duel, 
en lui jetant son gant, on appelle l,ennemi dà la guerre en 
lui lancant un defi.“ 1) Dies war die sogen. dikfidatio. Dieses 
Schreiben enthielt den Gegenstand der Beschwerde und bestimmte 
eine Frist, bei deren Ablauf die Feindseligkeiten beginnen konn- 
ten. 
Diese formelle Kriegserklärung wurde nicht nur unter den 
christlichen Staaten des Mittelalters anerkannt, sondern von diesen 
sogar gegen die Türken geübt, so von Friedrich l. gegenüber dem 
Sultan Saladin, als er 1188 gegen letzteren den dritten Kreuz- 
zug unternahm.) 
Zur Uebermittelung des Herausforderungsschreibens be- 
diente man sich eines Heroldes, des sogen. roi d'armes.) 
Dieser Brauch war konstant während des ganzen Mittel- 
alters und setzte sich teilweise noch in der neuen Aera fort. 
c. Erst mit dem Verschwinden der Privatkriege und dem 
Niedergang des Rittertums verlor sich die bisherige Tradition, 
dem Gegner eine förmliche Kriegserklärung in Form eines Her- 
ausforderungsschreibens zu senden. :) Das 17. Jahrhundert 
gilt als der Wendepunkt, da im Laufe desselben nicht nur 
die erwähnten Solennitäten außer Gebrauch Rhamen, sondern 
überhaum allles, was die Kriegerklärung betrifft, in Frage ge- 
stellt wurde. Blin de Bailleul (S. 70) führt die Beseitigung 
jeglicher Erklärung zurück auf die koloniale Expansionsbeweg- 
ung im 17. und 18. Jahrhundert und die daraus sich ergeben- 
den Seckriege, die immer Ueberraschungen des Gegners er- 
y) Ebre n, Obligation iuridique de la declaration de guerre in „Revue 
gen. de dr. intern. publ.“ 1904 S. 136. 
2) Lgl. Hefster-Gesscken 5§5 110 Nr. 2. 
8) So wurde beispielsweise der Krieg von Maria von England 1557 an 
Heinrich III. von Frankreich durch einen Wassenherold erklärt. In besonders feier- 
licher Form hat Ludwig XllI. 1635 dem Kardinal--Infanten, der Gouverneur der 
Niederlande war, den Krieg erklären lassen. Vgl. Rivier, II S. 224. 
4) Bgl. Ebren, a. a. O. 
 
	        
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