Full text: Deutsches Kolonialblatt. I. Jahrgang, 1890. (1)

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Von allen diesen Zahlen ist die Ziffer von 
Rehoboth die einzig zuverlässige, die Bastards 
sind alle Christen, daher das Kirchenbuch eine 
gute statistische Quelle. 
beruhen auf Schätzung. Th. Hahn ist als 
ein guter Kenner des Landes anzusehen. Er 
ist als Sohn eines Missionars im Lande ge- 
boren, ist hier später Händler gewesen und 
hat das Land jahrelang im Auftrage der 
eenglischen Regierung bereist, um eine Karte zu 
entwerfen. Ergänzen wir die Lücken von 
Hahn durch die Zahlen, welche ich von den 
Missionaren erhalten, so bekommen wir etwa 
15 000 Einwohner, was mit Büttners An- 
gabe — er zählt 17000 — ungefähr über- 
einstimmt, da dieser die Namaquas nördlich 
des 23. Breitengrades noch mitgerechnet haben 
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Ich halte die Bevölkerungsziffer für etwas 
größer, indem ich von der Zahl der Krieger 
rückschliesze. 
FJerner aber habe ich im Lande verstreut 
Werften gefunden, wo ein gut Theil Menschen 
herum lagen und wo Missionare nie hin- 
kommen. · 
Endlich sind nirgends die Buschmänner 
mitgerechnet, und deren giebt es mehr als man 
glaubt. Allerdings fallen diese weniger ins 
Gewicht, sie haben gar keine Kaufkraft und 
keine Arbeitslust, vielleicht können sie aber mit 
der Zeit zur Arbeit bewogen werden. 
Es wird wohl nicht falsch sein, wenn wir 
die gegenwärtige Bevölkerung auf etwa 20 000 
schätzen. » 
Wollen wir nun erörtern, wie groß die 
Bevölkerungsziffer sein könnte, unter denselben 
Verhältnissen, wie sie heute vorliegen, ohne 
Berücksichtigung emes etwaigen Bergbaues, mit 
der Viehzucht als wesentlichstem Erwerbszweig, 
so müssen wir zuvörderst ei les Drittel -..««- » .- 
ssen wir zuvörderst ein volles Drittel verwandte Familien herübergekommen, haben 
des Areals als dauernd unbewohnbar streichen. 
Es blieben dann rund 1600 — Meilen. Nehmen 
wir nun auf je eine Quadratmeile einen Farmer 
an und rechnen wir für jede Farm mit Dienst- 
boten und deren Kinder nur 20 Personen, so 
hätten wir 92000 Seelen. Was noch an 
100 000 fehlt, dürfte der Handel und die 
Verwaltung zu der Bevölkerung liefern. 
Daß dies nicht zu hoch gegriffen, dafür 
kann ich zwei interessante Fälle anführen. 
Missionar Bam aus Bethanien versuchte jüngst 
gelegentlich einer Missionsreise eine Art Volks- 
zählung, dabei fand er zu seinem größten 
Erstaunen allein auf der Werft des reichen 
Ruben Frederiks 120 Seelen. In Grundorn 
lprach ich mit einem Herrn Hill über den- 
selben Gegenstand; Hill nannte mir zu kleine 
Alle anderen Zahlen 
137 
  
  
  
  
  
wohl in früheren Jahren überschätzt. 
  
  
— 
erhielten, gleichfalls zu Hills größtem Er- 
staunen, 96 Seelen. Und das war nur auf 
dem Platz selbst, die Außenposten Hills 
zählten wir noch gar nicht mit. 
Die Missionare sind der Ansicht, daß die 
Bevölkerung im Rückgang begriffen ist, doch 
haben sie mir Mittheilungen aus den Kirchen- 
büchern gemacht, welche Zweifel an der Richtig- 
keit dieser Ansicht erwecken. Ich gebe die 
Zahlen hier wieder, wie ich sie erhalten habe, 
da sie noch in mancher anderen Beziehung 
interessant sind, und ein geübter Statistiker 
vielleicht noch Rückschlüsse daraus ziehen kann. 
Umstehende Tabelle weist eine bedeutende 
Zunahme der Bevölkerung nach. Trotz großer 
Verluste durch Krieg überwiegen die Geburten 
die Todesfälle so erheblich, daß eine Zunahme 
stattgefunden haben muß und heute noch statt- 
findet. Die Missionare haben mir einstimmig 
versichert, daß Geburten leichter ihrer Kenntniß 
entgehen als Sterbefälle. Die Zahlen beziehen 
sich nur auf die christlichen Gemeinden, aber 
ein Unterschied in der Lebensweise, Gewohn- 
heiten, Sitten, Nahrung, Kleidung u. s. w. 
findet zwischen Christen und Heiden in keiner 
Weise statt, das einzige wäre, daß dann und 
wann, aber sehr selten, ein Heide mehrere 
Frauen hat. So bin ich berechtigt anzu- 
nehmen, daß Geburten wie Sterbefälle bei den 
Heiden im gleichen Verhältniß stattfinden als 
bei den Christen. 
Wenn die Missionare glauben, daß die 
Bevölkerung zurückgegangen ist, so ist diese 
Manu 
bedenke, daß die Orlams Anfang des jetzigen 
Jahrhunderts erst hier eingewandert sind. Die 
Stämme bestehen heute noch aus großen Familien, 
besonders Bethanien, Bersaba und Gibeon. 
Gewiß sind diese Stämme als wenige nahe 
kaum 100 Seelen gezählt, und zählen heute 
nach Tansenden. Möglich ist allenfalls, daß 
die Buschmänner, theilweis früher die Herren 
des Landes, in der Seelenzahl zurückgegangen 
sind. Sie sind heute so besitzlos wie früher, 
und der Wildstand, von dem sie ausschließlich 
lebten, ist ruinirt, da mögen viele Hungers 
gestorben sein. Auch ist eine gute Zahl von 
ihnen später von den Orlams, als diese sich 
stark genug fühlten, erschossen worden, wenn 
sie sich an deren Heerden zu stark vergriffen. 
Indessen sind doch, wie bereits erwähnt, noch 
mehr Buschleute im Lande als man glaubt, 
allerdings weit ab von den befahrenen Wegen, 
wo Niemand hingelangt. Ich habe oft unver- 
muthet Haufen von 10 bis 20 und mehr 
angetroffen. Die Kenntniß mancher verborgenen 
Zahlen, schließlich fingen wir an zu zählen und Wasserstelle verdanke ich ihrer Mittheilung.
	        
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