Full text: Deutsches Kolonialblatt. I. Jahrgang, 1890. (1)

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Erörterungen die Angelegenheit nicht abschließen konnten, und mußte vielmehr versucht werden, 
einen allgemeinen Standpunkt zu finden. Es wurde daher diesseits als für uns leitender 
Gesichtspunkt hingestellt, daß die verschiedenen streitigen Gegenstände als ein untrennbares 
Ganzes behandelt, und daß als Tauschobjekte diejenigen Punkte verwerthet werden sollten, 
deren relativer Werth für die beiden Staaten ein verschiedener war, so daß das Interesse des 
einen mit dem des anderen bei einem Umtausch vereinigt werden konnte. Es erschien wohl 
möglich, einen Vertrag zu Stande zu bringen, in welchem zwar keiner der beiden Theile alle 
seine Wünsche befriedigt sehen würde, in welchem aber auch Jeder von Beiden einen Gewinn 
gerade an denjenigen Stellen zu verzeichnen hätte, welche von seinem besonderen Standpunkt 
aus die werthvolleren waren. 
Nachdem diese Gesichtspunkte die Allerhöchste Billigung Seiner Majestät des 
Kaisers erlangt hatten, konnte der deutsche Botschafter Graf Hatzfeldt die bezüglichen, all- 
gemeineren Verhandlungen mit Lord Salisbury in London beginnen. Bereits am 17. Juni 
kam es zu der vorläufigen Verständigung, welche in Nr. 145 des „Deutschen Reichs= und 
Königlich Preußischen Staats-Anzeigers“ veröffentlicht ist. Die Einzelheiten dieses Abkommens 
wurden sodann zwischen den obengenannten Delegirten der beiden Regierungen in Berlin auf 
der nunmehr gefundenen Grundlage durchgearbeitet, und es konnte nach angestrengter Arbeit das 
Abkommen am 1. Juli Abends gezeichnet werden. 
Im Einzelnen waren dabei für uns folgende Erwägungen maßgebend gewesen: 
I. West= und Südwest-Afrika. 
Das deutsche Togogebiet, welches reich an kulturfähigem Land ist und fast alle 
tropischen Produkte hervorbringt, kann in Zukunft ein ergiebiges Feld für den Betrieb von 
Plantagen bieten. Die in dieser Beziehung eingeleiteten Unternehmungen befinden sich indessen 
noch in den ersten Anfängen. Von Bedeutung ist einstweilen allein der Handelsverkehr, welcher 
eine erfreuliche Entwickelung genommen hat. An dem nur wenige Meilen langen Küstenstreifen 
von Lome bis Klein-Popo sind 11 europäische Firmen angesessen, welche in der Zeit vom 
1. April 1888 bis 31. März 1889 einheimische Produkte — namentlich Palmöl, Palmkerne, 
Gummi, Elfenbein, Erdnüsse — im Werthe von 1 900 000 Mark ausgeführt haben und deren 
Einfuhr nach Togo sich in der gedachten Zeit auf einen Werth von 2 Millionen Mark beziffert 
hat. Der gedachte Verkehr wurde durch 112 Schiffe, welche die Rhede von Klein-Popo an- 
liesen, vermittelt. Für das Jahr 1889,90 liegen genaue statistische Nachrichlen noch nicht vor; 
nach dem Ergebniß der Zolleinnahmen darf aber erwartet werden, daß der Handelsumsatz sich 
auch in diesem Zeitraum, mancher ungünstig wirkenden Verhältnisse ungeachtet, ungefähr auf 
gleichem Niveau wie im Vorjahre gehalten hat. 
Bei der räumlich geringen Ausdehnung des Schutzgebietes, welches im Osten durch 
französisches und im Westen durch englisches Gebiet begrenzt wird, ist für die Weiterentwickelung 
des Handels in Togo der Verkehr mit dem Hinterlande von größter Bedeutung. Um das in 
gerader Linie hinter dem Togogebiet liegende Hinterland zu erforschen und dem Handel zu 
erschließen, ist seiner Zeit im Adelilande die Station Bismarcksburg angelegt worden. Von 
dort aus sind freundliche Beziehungen mit den umliegenden Eingeborenen-Stämmen angeknüpft 
und auch in anderer Beziehung (Beförderung der Gummi-Gewinnung 2c.) Erfolge erzielt worden. 
Wichtiger als diese Gebiete sind aber die nordwestlich von der deutschen und hinter der eng- 
lischen Interessensphäre gelegenen Gegenden von Salaga, Jendi und Gambaga, welche theils 
von heidnischen, theilweise aber auch schon von mohammedanischen Völkerschaften bewohnt sind. 
Von dort aus findet schon jetzt ein reger Karawanenverkehr nach der Küste statt. Den Be- 
dichten der deutschen Forschungsreisenden (Hauptmann v. Frangois und Dr. Wolf) zufolge 
ist der Handel nach jenen Gegenden aber einer weiteren sehr erheblichen Steigerung fähig.
	        
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