Full text: Deutsches Kolonialblatt. I. Jahrgang, 1890. (1)

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wärtigen Amte inspirirten Note des Grafen Hatzfeldt an Lord Salisbury vom 19. August 
v. J. heißt es in dieser Beziehung: 
„In Bethätigung dieser Auffassung hat die Kaiserliche Regierung bei Gelegenheit einer 
von deutscher Seite beabsichtigten Expedition zum Entsatz von Emin Pascha ausdrücklich er- 
klärt, daß Uganda, Wadelai und andere nördlich des ersten Grades südlicher Breite gelegenen 
Gebiete sich außerhalb des Bereiches deutscher Kolonialbestrebungen befinden.“ 
Eine Besitzergreifung von Uganda deutscherseits war hierdurch ausgeschlossen. 
Deutsche Interessen waren daselbst nie vorhanden gewesen. Nur englische und fran- 
zösische (algerische) Missionare hatten dort einen Einfluß ausgeübt. 
Keinc Vereinbarung war bisher getroffen einerseits über dasjenige Gebiet im Norden 
des Tanganika-Sees, welches zwischen dem Victoria-See und dem Congostaat liegt, und 
andererseits über dasjenige Gebiet im Süden des Tanganika-Sees, welches zwischen dem Congo- 
staat im Westen und der Stevensonstraße und dem Nyassa-Sce im Osten begriffen ist. 
Auf das letzte Gebiet legte England ganz besonderen Werth. Nicht nur beruht die 
Kenntniß dieses Landes im Wesentlichen auf den zahlreichen Krenz= und Ouerzügen, welche 
David Livingstone, der Wiederentdecker des Nyassa-Sees, daselbst in den Jahren 1866 bis 
1869 und 1872—1873 unternommen hat, sondern es hat auch im Anschluß an Living- 
stones Reisen daselbst die Begründung von Missionsstationen und Handelsunternehmungen 
stattgefunden. Schon in den 60er Jahren hatte die anglikanische Universitäten-Mission ihr 
Werk am Schire begonnen und war bis zum Nyassa vorgedrungen, an dessen Ufern sie mehrere 
Stationen besitzt. Noch weiter nördlich als sie ist die schottische freikirchliche Mission vor- 
gedrungen, welche ihre Stationen bis in das Gebiet zwischen Nyassa= und Tanganika-See vor- 
geschoben hat, für welche vor etwa 10 Jahren mit erheblichen Kosten und Verlust von 
Menschenleben eine Verbindung zwischen dem Nyassa= und Tanganika-See, die sogenannte 
Stevensonstraße, anzulegen versucht wurde. 
Handelsgeschäfte betreibt die „African Lakes Co.“, welche, wie bekannt, noch in letzter 
Zeit schwere Kämpfe mit den Arabern am Nordrande des Nyassa-Sees zu bestehen hatte. 
Sowohl diese Gesellschaft, wie die Missionen besitzen Dampfschiffe auf dem Nyassa-Sece. 
Diese durch britischen Unternehmungsgeist eröffnete Verbindung, welche durch den Schire, 
den Nyassa-Sec und die Stevensonstraße zwischen dem Tanganika-See und dem Zambesi ge- 
geben war, aufszuopfern, konnte sich die englische Regierung umsoweniger entschließen, als sie 
deren Aufrechterhaltung im Interesse der südlich am Zambesi gelegenen, ihrem Einfluß unter- 
stellten Gebiete für durchaus erforderlich erachtete. 
Die Kaiserlich dentsche Regierung sah sich umsomehr veranlaßt, diesen berechtigten 
Wünschen der englischen Regierung entgegenzukommen, als einerseits, soweit bekannt, das Land 
zwischen dem Nyassa-See und dem Congostaat einen besonderen Werth nicht besitzt und als 
andererseits die Verbindung der deutschen Interessensphäre mit dem Congostaat besser und 
bequemer über den Tanganika-See herzustellen ist, von welchem aus die Hauptkarawanenstraßen 
nach der ostafrikanischen Küste führen. Ungleich werthvoller als der Besitz eines größseren 
Antheils am Nyassa-Sec erschien es, einen möglichst ausgedehnten Küstenbesitz am Victoria See 
für uns zu sichern, welcher die Verbindung mit den reichen und fruchtbaren Gebieten im Norden 
bildet. Hier, in dem Gebiet zwischen dem Victoria-Nyanza und Congostaat, bestanden keine 
älteren englischen Interessen, und England hat daher bereitwillig dieses Gebiet als zu unserer 
Interessensphäre gehörig anerkannt. 
War hiernach eine Einigung über die Abgrenzung unseres Gebiets auch im Westen 
zu Stande gekommen, so erschien es ferner erforderlich, im Osten dem unnatürlichen Zustande 
ein Ende zu machen, wonach nominell dort der Sultan von Sansibar herrschte, während that- 
sächlich die Verwaltung eine deutsche war und der daselbst ausgebrochene Aufstand durch eine
	        
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