Full text: Deutsches Kolonialblatt. I. Jahrgang, 1890. (1)

bringt, ein Arbeitermaterial zur Verfügung 
haben müssen, auf das sie sich unter allen 
Umständen verlassen können. 
Es war, irre ich nicht, ein Bericht über 
die nicht lange vor dem Aufstande eröffnete 
Plantage Lewa der Deutsch= Ostafrikanischen 
Plantagen-Gesellschast, welchen deren damaliger 
Verwalter veröffentlichte. Es hieß darin un- 
gefähr: 
ganze umwohnende Bevölkerung herbei und 
hatten wir täglich 300 Arbeiter; dann kamen 
nur noch 100, schließlich 50; — war der 
Verdienst aufgezehrt, stellten sich wiederum 200 
ein — und so ging das fort!! 
Und ähnlich rapportirte vor Kurzem der 
zeitige Verwalter der gleichen Plantage seiner 
Direktion. 
Der Aufstand machte seiner Zeit den Ver- 
suchen ein vorzeitiges Ende; aber mit dem 
Tabakbau in Sumatra Vertraute (und Su- 
matra wollte man sich schon damals und will 
man sich auch heute noch mit vollstem Recht 
zum Muster nehmen) drückten, als sie den 
Bericht lasen, ihre Meinung dahin aus, daß 
auf diese Weise des Arbeitens eine Konkurrenz 
für das Deli-Produkt wohl niemals zu er- 
warten sein dürfte. 
Der neuerliche Bericht ihres Verwalters, 
welchen die Ostafrikanische Plantagen-Gesell- 
schaft veröffentlicht, erkennt die Gefahr, die in 
Folge der Unzuverlässigkeit der Arbeiter dem 
jungen Unternehmen droht, und plädirt für 
die Einführung ostasiatischer Arbeiter — Chi- 
nesen oder Javanen. 
Langjährige Erfahrungen haben die Su- 
matra-Pflanzer gelehrt, daß es eigentlich nur 
mit chinesischen Arbeitern möglich sei, ein Pro- 
dukt zu erzielen, wie dasjenige es ist, das 
dem Deli-Tabak seinen Nuf erworben hat. 
Häufige und kostspielige Versuche sind mit 
Angehörigen aller möglichen Rassen gemacht 
worden. Mit Boyans, Javanen, Siamesen, 
Malayen, Klings (Tamils von Vorder-Indien), 
sie alle schlugen fehl. Nur der Chinese unter 
Allen bewährte sich und nur er allein wird 
auch heute noch als Pflanzer beschäftigt. 
Wohl findet man auf den Plantagen der 
Ostküste Sumatras ein Konglomerat von In- 
dividuen aller den oben genaunten Völker- 
schaften Angehörigen, aber durch Erfahrung 
hat man gelernt, einem Jeden den Platz an- 
zuweisen, der seinen früheren Lebensgewohn= 
heiten am besten zusagt. So beschäftigt man 
Malayen als Waldschläger und Scheunen- 
erbauer, Boyans als Zimmerleute, Hausbauer 
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„In den ersten Tagen strömte die 
arbeiter, zum Beaufsichtigen der Viehheerden 
und zum Fahren der zahlreich benöthigten 
Transport-Ochsenkarren. So wenig aber ein 
Chinese sich zum Bauen eines Hauses oder 
einer Scheune eignet, so wenig ist ein Malaye 
zur Bearbeitung eines Tabakfeldes, oder 
und das ist die Hauptsache beim Tabakbau — 
—. 
zur Beaufsichtigung und Pflege des wachsenden 
Tabaks zu gebrauchen. 
Der Eingeborene des Landes, der Malaye, 
ist von allen aufgezählten Völkerschaften Ost- 
Asiens als Arbeiter am wenigsten werth. 
Seine Bedürfnisse sind geringe, die Natur 
giebt ihm ohne zu große Anstrengung, was 
er nöthig hat. Wozu also viel arbeiten! 
Fällt es ihm einmal ein, arbeitet er ein 
paar Tage, um dann ebensoviele Wochen sich 
dem süßen Nichtsthun hinzugeben. 
Es scheint das ein Punkt großer Aehn- 
lichkeit zu sein, den er mit seinem schwarzen 
Bruder in Afrika gemein hat. 
Chinesen legen eine rührende Ausdauer in 
Beaufsichtigung ihrer Pflanzenpfleglinge an den 
Tag. Dieselben müssen während ihres ganzen 
Wachsthums täglich nachgesehen werden; Naupen 
und Insekten aller Art, welche die Blätter 
durch Zerfressen minderwerthig machen würden, 
muß täglich nachgestellt werden („Würmer 
suchen“ lautet der technische Ausdruck), jedes 
  
  
  
und Pferdejungen, Javanen als Wege= und « 
nie so wenige Beschwerden zu hören als zur 
Drainagearbeiter und beim Sortiren des Ta— 
baks in den Scheunen, Tamils als Wege— 
Unkraut, jeder Seitentrieb muß sorgfältig ent- 
fernt werden. 
Ohne Beaufsichtigung seitens des europäi- 
schen Personals geht es dabei auch nicht ab, 
es genügt aber dem Kuli, um ihn fleißig bei 
seiner Arbeit zu halten, zu wissen, daß der 
Herr jeden Morgen durch sein Feld geht. Ein 
Antreiben ist in seltenen Fällen erforderlich. 
Dann kommt die Errntezeit. 
Der reife Tabak kann nur in den wenigen 
Nachmittagsstunden geschnitten werden, nach- 
dem der Thau völlig aufgetrocknet ist. Eine 
Reihe von schönen Tagen hat auf einmal 
eine große Menge Tabak zur Reife gebracht, 
der rasch geschnitten und in den Schennen ge- 
borgen werden muß. Einem jeden Kuli wird 
durch den Verwalter Hülfe gestellt, Iavanen, 
Klings und Malayen müssen dann helfen, 
Tabak in die Schennen zu tragen, während 
dem Chinesen das Schneiden obliegt. 
Von den chinesischen Kulis fehlt in diesen 
Tagen der Ernte Keiner bei der Arbeit. Auch 
die Unruhigsten unter den Leutchen — und 
es giebt mehr Rowdies unter ihnen, als ihren 
Herren und der Polizei lieb ist — sind eifrigst 
bei der Arbeit; die Behörden haben in Deli 
Erntezeit.
	        
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