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Begünstigung durch die Verhältnisse der Energie
und Kaltblütigkeit der Forscher zu verdanken.
In ersterer Hinsicht ist besonders des Um—
standes zu gedenken, welcher es den Reisenden
ermöglichte, in Lubuku bei den Baschilange —
zwischen der Westküste und dem Tanganjika —
neue Träger zu erhalten und mit deren Hülfe
die Reise fortzusetzen. Zwei obere Häuptlinge
dieses Volksstammes waren einige Jahre zuvor
westwärts gereist und in der Fremde gestorben.
Der allgemeine Glaube in Lubuku, daß die
Geister der Verstorbenen in irgend einer Form
zurückkehren, bewirkte im Verein mit dem Zu-
sammentreffen verschiedener Umstände, daß man
in Pogge und Wissmann jene Häuptlinge
wiederzuerkennen meinte und sich bereit erklärte,
ihnen überall hin zu folgen. In Nyangwe
am Lualaba, der Stadt mit wenig Arabern
und Tausenden von Sklaven, trennte sich
Dr. Pogge von Wissmann, um nach der
Westküste zurückzukehren. Wiss
allein weiter. Die Energie und die geschickte
Benutzung der Umstände, durch welche derselbe
alle Schwierigkeiten gegenüber den eigenen
Trägern, sowie die Angriffe feindlicher Ein-
geborenen, wie der Mulolwa und der Waha
(westlich und östlich des Tanganjika), zu über-
winden wußte, sind bewunderungswürdig.
Von Interesse ist die Beschreibung des
Aufenthalts bei dem inzwischen verstorbenen
Mirambo, dem „Napoleon Ost-Afrikas",
welcher als erbitterter Feind die Araber in
Schrecken setzte und im Norden und Westen
von Tabora ein mächtiges Reich gründete. Bei
Mirambo traf Wissmann mit Tippn
Tips Sohn Zefu-bin-Mohammed zu-
sammen und schloß sich demnächst auf dem
Wege von Tabora, von wo er Reichard und
Dr. Böhm in Gonda einen Besuch abgestattet
hatte, der Karawane Tippu Tips bis
Mpuapua an. Im November 1883 erreichte
Wissmann Saadani, wo er von dem Kom-
mandanten Bwana Heri, dem „feingekleideten,
dicken, äußerst wichtig thuenden Wali“, em-
pfangen wurde.
Obgleich diese erste Forschungsreise Wiss-
manns schon Anfang der achtziger Jahre
unternommen wurde, ist die Beschreibung der-
selben erst erfolgt, nachdem Wissmann in den
Jahren 1883 bis 1885 das südliche Kongo-
Becken durchforscht und 1886 bis 1887 eme
zweite Durchquerung Afrikas von der Mün—
dung des Kongo bis zu der des Zambesi aus-
geführt hatte.
Die Erfahrungen, welche Wissmann auf
diesen Reisen gewonnen, verleihen den in dem
vorliegenden Werk niedergelegten Urtheilen ein
besonderes Interesse. Reiche Gegenden, die
—Ô
er auf seiner ersten Reise durchzog, fand
er später von den von Nyangwe nach
Westen vordringenden, Sklavenhandel treibenden
Arabern verwüstet, glückliche Bölker vernichtet.
Schon auf seiner ersten Reise sah Wissmann
den bevorstehenden Kampf mit den Arabern
voraus. Er schrieb damals in sein Tagebuch:
„Bis jetzt, wo der Europäer dem Araber noch
keine Konkurrenz gemacht hat, im Gegentheil
dieser von Reisenden und Missionaren nur ver-
dient, ist das Verhälmiß noch ein leidliches.
Wird aber der Araber erst gewahr, daß der
Europäer mit seinen überlegenen Mitteln ihm
den Handel aus der Hand zu ringen anfängt,
dann wird sich das Verhältniß sehr bald
ändern." Auf seinen folgenden Reisen fand
Wissmann eine solche Aenderung vor und
inzwischen hat sich der Umschwung vollständig
vollzogen.
.(.— —— ——
Der zweite Theil des Werkes giebt eine
Darstellung von Pogges Anfenthalt in Lu—
buku, Rückkehr und Tod. Der Anhang ent—
hält „Praktische Winke zum Reisen im äqua-
torialen Afrika“, meteorologische Beobachtungen,
Höhenmessungen und astronomische Ortsbestim-
mungen.
Die Illustrationen sind nach Skizzen Wiss-
manns von Rudolf Hellgrewe ausgeführt.
Die beigefügten Karten von Nichard Kiepert
geben eine gute Uebersicht der durchreisten
Länder und des gewählten Weges.
Mit Stanley und Emin Pascha durch
Deutsch Ost-Afrika. Reise-Tagebuch des
P. August Schynse. Herausgegeben von
Karl Hespers. 116 Seiten gr. 8.
Geh. 1,80 M. Verlag von J. P. Bachem,
Köln.
P. Schynse, welcher als Missionar der
algerischen Missionsgesellschaft zwei Jahre am
Kongo thätig war, war bereits im März 1887
mit Stanley zusammengetroffen, als dieser,
um Emin Hülfe zu bringen, den Kongo hinauf-
ging. Der Zufall fügte es, daß beide sich
Ende 1889 wiederum trafen und demnächst
gemeinsam den Marsch durch die deutsche
Interessensphäre nach der Küste zurücklegten.
Schynse war inzwischen dem Provikariat
Unyangembe zugetheilt worden, hatte aber in
Folge des Aufstandes nach der Missionsstation
Bukumbi am Südende des Biktoria Nyanza
flüchten müssen. Bald darauf trafen Stanley
und Emin Pascha in Makolo (südlich von
Bukumbi) ein und Schynse erhielt vom Bischof
Livinhac den Auftrag, der Expedition die
erbetenen Kleidungsstücke u. s. w. zu überbringen.
Bei seiner Rückkehr nach Bukumbi wurde ihm
die Aufgabe, seinen augenleidenden Mitbruder