Full text: Deutsches Kolonialblatt. II. Jahrgang, 1891. (2)

muß die Erbauung guter Straßen zwischen den 
produzirenden Distrikten und den Häsen sein. 
An den Straßen wird der Handel blühen, 
Kaufleute werden ihn bis zu seinen Quellen 
verfolgen, Missionare werden ihre Schulen er- 
richten, neue Bedürfnisse werden dem Volle 
eingeimpft werden, und es wird zur Thätigkeit 
getrieben durch den Wunsch, jene Bedürfnisse 
zu befriedigen. Die Absicht, das Volk zu civili- 
siren und zum Christenthum zu bekehren, lann 
nicht durch eine Neihe von Niederlassungen an 
der Küste erreicht werden, sondern die Leute 
aus dem Innern müssen in unmittelbare Be 
rührung mit den Vortheilen der Civilisation 
gebracht werden, um sie schätzen zu lernen. In 
dem Werle der Civilisation sind zehn Spaten 
stiche mehr werth, als ein ganzer Stoß von 
Verordnungen. Mit guten Straßen werden 
Lastthiere eingeführt werden und die Transport 
losten werden hierbei verringert werden, während 
der an den Produzenten zu zahlende Preis 
steigt und ihn ermuthigt, seine Produktion zu 
vergrößern. Die Berührung von Exporteuren 
und Produzenten führt zun Anwendung ver- 
besserter Fabrikations-Methoden, und das 
Kennenlernen europäischer Produkte treibt den 
Pflanzer an, das meist Mögliche aus seinem 
Boden zu ziehen, um im Stande zu sein, sich 
jene zu verschasfen. 
Die Nichtung, welche die Straßen zu nehmen 
haben würden, ist durch die zur Zeit bestehen- 
den Handelswege vorgeschrieben. 
Reist man durch den Oeldistrilt, so kommt 
man zwischen Tausenden prachtvoller Bäume 
hindurch, von denen die Nüsse ungeerntet herab- 
sallen, und an den Plätzen, wo das Oel gepreßt 
wird, liegen Hausen von Nüssen, hunderte 
Pfunde werth, die versaulen, weil der Eigen- 
thümer sie nicht zum Markte bringen lann. Das 
  
Oel wird auf die wenigst sorgfältigste und die 
verschwenderischste Weise gewonnen, wobei die 
Onalität verschlechtert und der Preis verringert 
wird, während das Oeffnen der Nüsse mit der 
Hand so langsam geht, daß die Zeit zur Voll- 
endung der Arbeit sehlt. Berührung mit euro- 
pä#ischen Kaufleulen und die Entdeckung, daß 
vollständig reines Oel besser bezahlt wird als 
schlechtes unreines, wird eine Umwälzung in 
der Oeljabrikation und eine bedeultende Ver- 
mehrung der Ausbeule bewirken, während die 
Einführung der Kernbrechmaschine von Gunnell 
oder Anderen es ermöglichen wird, den Kern 
vollständig zu verwerthen, oder Oelmühlen ihn 
zu einem seinen und werthvollen Oel verarbeiten 
werden. Auf solche Verbesserungen kann aber 
so lange nicht Obacht genommen werden, als die 
Kosten und Schwierigkeiten, das Prodult zum 
Markt zubringen, die Arbeit nicht lohnend machen. 
Auf diese Weise wird die Ausfuhr von 
Palmöl und Kernen sofort steigen. Da der 
Handel indessen, so lange er von diesem Pro- 
dutt allein abhäugig ist, steten und plötßlichen 
Schwankungen unterliegt, so sollte man sich be- 
streben, seine Grundlagen durch Einführung 
neuer Kulluren und die Ausbentung anderer 
einheimischer Produlte zu erweitern. Das beste 
Mittel hierfür ist, wie das Beispiel von Lagos 
und der Niger Kompagnie zeigt, die Einrichtung 
botanischer Versuchsstationen. In gleicher Weise 
müßte die Regierung durch Sachverständige 
Versuche mit der Einführung von Vieh und 
der Verbesserung des einheimischen Viehes durch 
Kreuzung anstellen lassen, um geeignete Last- 
thiere zu erhalten. Selbst europäisches Vieh 
kommt an der Küste sort, wie Herr van der 
Eb, Gouverneur der holländischen Nieder- 
lassungen, gezeigt hat, welcher von holländischen 
Kühen züchtete. Das Vieh von Salaga oder 
vom Niger würde sich voraussichtlich besser für 
die Kreuzung mit einheimischen Thieren eignen, 
welche in Bezug auf Größe und Stärke den 
Ansprüchen nicht genügen. In Gegenden, wo 
die Tselse-Fliege die Einführung von Ochsen 
und Pferden unmiglich macht, lann an deren 
Stelle der Esel und das Mauslthier treten, 
welche dem Angriss des Insektes nicht unler- 
liegen. Dies ist ein Punkt von so großeer 
Wichtigleit, daß er fortgesetzte Aufmerlsamleit 
verdient. Durch die Entwickelung des Handels 
wird die Einführung von Last= und Zugvieh, 
die Anlage von Eisenbahnen vorbereiten, welche 
gegenwärtig die Kosten noch nicht decken würden. 
Der Anblick eines Joches Ochsen, welches Last 
wagen des Gonvernements ziehl, würde sosort 
zu einer Nachahmung des Systems durch Pri- 
vate führen: auch würden dann bald beim 
Ackerbau Pflüge und andere verbesserte Arbeits- 
methoden angewendet werden. 
Die Befugnisse des Digh Tommissioners in dem 
Gebiete der Britlisch-Züdafrikanischen Gesellschaft 
südlich des Sambesl. 
Durch Order in Council d. d. Windsor, 
den 9. Mai 1891, sind für das Gebiel, welches 
begrenzt wird durch unser südwestafritanisches 
Schutzgebiet, die Flüsse Chobe und Sambesi, 
die Portugiesischen Besitzungen, die Südafrila- 
nische Republik und Britisch-Betschnanaland, 
dem jeweiligen High Commissioner für Süd- 
Afrika (angenblicklich der Gonverneur der Kap 
Kolonie, Sir Heury Loch) die Machtvolllom= 
menheit und Gerichtshoheit Ihrer Majestäl der 
Lönigin zur Ausübung übertragen worden.
	        
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