Full text: Deutsches Kolonialblatt. II. Jahrgang, 1891. (2)

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zerstampft und dann gekocht hat. Der Kassee 
zeichnet sich durch Dünnc, Blechgeschmack und 
die vielen zerkleinerten Bohnenstücke aus, die 
wie Fliegen darin umherschwimmen. In der 
Nähe von Viehposten giebt es auch Milch 
dazu. Brot und Butter war fast immer vor- 
handen. Das von Windhoek mitgenommene 
Brot war sehr klietschig. Dann werden die 
über Nacht rostig gewordenen Waffen gereinigt. 
Die Pferde, welche Nachte über gegrast haben, 
werden eingesangen. Obgleich ihre Vorderbeine 
zusammengefesselt sind, laufen sie weit sort und 
erstreuen sich über große Flächen, während die 
Ochsen zusammenbleiben. Timotheus und Beens- 
mann fanden sie mit ihren Fallenaugen schnell 
auf zwischen den Büschen und Felsblücken, 
oder folgen der Spur. Dabei kommt ihnen 
ihre Fertigkeit im Laufen zu siatten. Mit 
ihren nackten Füßen rennen sie über den mit 
Sleinsplittern, Klettengras, scharfen anderen 
Gräsern und Dornbüschen bedeckten Boden mit 
der Geschwindigkeit eines Pferdes viertelstunden- 
lang. Wenn sie die Pferde haben, lösen sie 
deren Fesseln und treiben dieselben dem Lager 
zu, wo sie von den Mannschaften sofort ge- 
zäumt und gesatlelt werden. Bei den Pferden, 
welche fertig sind, läßt man die Zügel auf die 
Erde herabfallen. Die Pferde bleiben dann 
stehen. Pferdehalter, wie bei uns, sind nicht 
nöthig. Unterdeß haben die Ochsenhirten die 
Ochsen, welche 34 Stunden gefressen haben, 
langsam den Wagen zugetrieben. Die Ochsen 
werden in der Nähe der Wagen gespannweise 
gesondert, und am Wagen wird das Gespann 
in einem Gliede ausfgestellt. Dann werden die 
Ochsen paarweise genau in der Reihenfolge 
rangirt, in der sie einzuspannen sind. Jeder 
Ochse hat seinen bestimmten Platz und zieht 
an einem anderen nicht. Ist dies geschehen, 
so werden ihnen die sehr einsachen Joche über 
gelegt, runde Stangen mit festen Seitenhölzern, 
die den Hals der Ochsen einschließen. Diese 
Arbeit ist nicht einfach. Es ist leine Kleinig 
keit, die halbwilden Ochsen, die sich so viel wie 
möglich sträuben, zu sangen, zu rangiren und 
zu spannen. Besonders schwierig ist dies bei 
unseren dreijährigen Ochsen, die erst einge 
fahren werden sollen und gerade in das Alter 
gelommen sind, in dem mit der Dressur be- 
gonnen werden muß. Alle Augenblicke läuft 
einer der Ochsen aus der Reihe in voller 
Karriere fort und springt dabei wie ein 
Hirsch über alle Hindernisse. Die Damara- 
ochsen, welche besonders gern eingespant wer- 
den, laufen fast so schnell wie Pferde und 
sind höchst gewandt. Treiber, Leiter und Hirt 
laufen wie die Windhunde hinterher, schneiden 
  
durch Steinwürfe und Schreien wieder zu den 
anderen Ochsen, die natürlich auch aus dem 
Gliede gelaufen sind. Jedes Gespann, das 
mehr dazu kommt, vermehrt die Schwierigleiten, 
denn dann kommen die Ochsen mehr durcheinander 
und das Treunen macht große Schwierigkciten. 
Geht Alles so glatt wic auf unserer Reise mit 
sehr gut geschultem Personal, so ist es nach 
11: Stunden möglich, aufzubrechen. Unsere 
weißen Begleiter dürfen beim Einspannen nicht 
helsen, denn sie machen die Ochsen schen, die 
merkwürdigerweise mehr Zutranen zu den 
schwarzen und braunen Gesichtern haben. Die 
Kunst, Ochsen zu spannen, will durch jahrelange 
Uebung erworben sein. Unserem Treiber 
Paulus ist beinahe ein Finger dadurch abge- 
rissen worden, daß ein Dritter einen Ochsen 
zur unrechten Zeit beim Nangiren vortrieb. 
Die Sonne steht beim Aufbruch meifst gerade 
über dem Horizont. In der Aufregung über 
dem Einspannen wird das prachtvolle Farben- 
spiel vor Sonnenaufgang meist übersehen. 
Die Marschordnung ist wechselnd. Wenn 
keine Aufnahme zu machen ist, reite ich vor- 
weg, sonst hinterher, da dann der Weg besser 
zu verfolgen ist. Die Begleitmannschaft ist im 
ersten Falle hinter dem Wagen, um an schwie- 
rigen Stellen helsen zu lönnen, anderen Falls 
reiten zwei Mann an der Spitze. Beim Voraus- 
reiten muß darauf geachtet werden, daß nicht 
die Verbindung mit dem Wagen verloren wird, 
denn auf hartem Boden geht die Spur leicht 
verloren. Schnelles Vorausreiten ist nur mög- 
lich, wenn der Weg so deutlich ist wie in der 
Rehobother Ebene und eine Wasserstelle zum 
Halten vorher bestimmt ist. Ist er aber so wenig 
begangen wie z. B. der Weg von Winhoek nach 
Heussis, so würde es unpraltisch sein, weiter 
vorauszureilen. Hat man einmal ersl einen 
anderen Weg eingeschlagen, so dauert es Tage, 
bevor man wieder zusammenlommt, und dann 
heißl es: hungern und dursten. Reilet man 
vor dem Ochsenwagen, so wird Schritt und 
Trab abwechselnd geritten, denn unsere jungen 
Ochsen gehen schneller wie die Pferde, längere 
Strecken auf gutem Wege gehen sie sogar im 
Trabe. So bleiben wir 1 bis 6 Stunden 
ohne Halt unterwegs. Ich nehme ausf; meine 
Reisegefährlen jagen dem ausgehenden Wilde 
nach und haben viel zur Strecke gebracht. 
Der Mittags-Rastplatz wird zwischen 10 
und 12 Uhr erreicht. Möglichst wird er in 
der Nähe einer Wasserstelle und unter Kameel- 
dornbäumen genommen. Pferde und Ochsen 
läßt man frei lausen. Die Pserde fressen zu- 
erst, wälzen sich trocken und gehen erst nach 
einer Stunde oder gar nicht zum Wasser, 
ihm den Weg ab und bringen den Flüchtling T während die Ochsen sofort ins Wasser gehen
	        
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