Full text: Deutsches Kolonialblatt. II. Jahrgang, 1891. (2)

ins Auge zu fassen, worauf ein verständiger 
Ansiedler schon bei Auswahl des Platzes zur 
Errichtung der Niederlassung Rücksicht nehmen 
wird. Ist die Ansiedelung an einem perenni- 
renden Gewässer indeß aus irgend einem 
Grunde nicht thunlich, so läßt sich vielleicht 
das ausgewaschene Bett einer Thalsenkung, 
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doch unbedingt versehen 
von 
welche vorübergehend in der Regenzeit von 
Wasser durchflossen wird, sehr 
machen, indem letzteres durch Aufschüten eines 
Querdammes ausgestaut wird. Der für die 
Ausschüttung eines solchen zu verwendende 
Boden muß der Zuflußseite enlnommen werden, 
wodurch das Sammelbecken gleichzeitig eine 
größere Tiese bekommt, ohne daß hierfür eine 
besondere Arbeit aufgewendet werden braucht. 
Die Höhe des ausgeschütteten Dammes richtet 
sich ganz nach der Menge des Wassers, welche 
aufzustauen beabsichtigt wird. Jedenfalls ist 
es zwecklos, denselben über die Höhe 
Seitenufer hinaus aufzuschütten, da das auf- 
gestaute Wasser in diesem Falle über letztere 
hinauslausen würde. Unbedingt nothwendig 
ist es, den Damm in der Mitte mit einem 
Wehr zu versehen und zwar breit genng, 
um die ganze hinzuströmende Wassermasse 
durchzulassen, nachdem das Sammelbecken bis 
zum Nande gefüllt ist. 
Gilt die Wassergewinnung in vorgedachter 
Weise mehr oder weniger nur dem Bedarf für 
wirthschaftliche Zwecke, so ist nunmehr noch 
der Beschaffung des Wassers für den häus- 
lichen Bedarf zu gedenlen. Falls derselbe 
etwa nicht aus einem llaren und absolut 
reinen Gebirgsbache gedeckt werden lann, so 
ist in erster Linie die Anlage von Brunnen 
in Erwägung zu ziehen. Zu empfehlen ist 
indeß die Anlage eines solchen nach europäi- 
schem Muster nicht, denn falls sich das Wasser 
schon in geringer Tiese, vielleichl 8 bis 10 Fuß 
vorfindet, also als wirkliches Quellwasser nicht, 
sondern als sogenanntes Sickerwasser zu be- 
trachten ist, welches seinen Weg direlt durch 
die Oberfläche der Erde gefunden hat, und 
somit mit Substanzen derselben, in erster Linie 
mit Fiberpilzen geschwängert ist, so dürfte 
dasselbe dem Zwecke als Trinkwasser durchaus 
nicht entsprechen. Steht das Wasser indeß 
erst in einer bedeutenden Tiese, vielleicht 10 
bis 50 Juß und darüber, so bietet nicht nur 
allein die Aushebung eines Brunnenschachtes 
in dieser Tiese eine bedeutende Schwierigkeit, 
indem dazu eine Menge eigens für diesen 
Zweck angesertigter Werlzeuge gehören, über 
welche der Ansiedler wohl laum versügen 
dürste, sondern es würde auch der Mangel 
an Material zur Hinausführung eines Mauer- 
werks, mit welchem ein gegrabener Brunnen 
gut nubbar 
der 
  
werden muß, ein 
Hinderniß für die Anlage eines solchen bieten. 
Es können also demnach nur die artesischen 
Brunnen in Frage kommen, weshalb es jedem 
Europa einwandernden Ansiedler zu 
empfehlen ist, sich von Hause aus mit einem 
solchen zu versehen. Die Ausstellung desselben 
ist ziemlich einfach und erfordert keine besondere 
Sachlenntniß. Falls auch diese Methode der 
Wassergewinnung in Folge eines felsigen Unter- 
grundes, wie er im Togo-Gebiet häufig anzu- 
tressen ist, ebenfalls nicht durchführbar sein 
sollte, so würde die Anlage von Cisternen zum 
Ausfangen von Regenwasser das letzte Hülfs 
mittel sein. 
Da es im ganzen Lande an irgend welchen 
Verlehrswegen fehlt, die Lasten vielmehr von 
den Eingeboren meilenweit und tagelang bei 
Benußung schmaler Negerpfade auf den Köpfen 
trausporlirt werden, so bedingt jede Anlage 
einer Plantage die Beschaffung von Last= und 
Zugvieh, sowie die Anlage eines sahrbaren, 
das Hinterland mit der Lagune bezw. der 
Küste verbindenden Weges. Da die Neichs- 
Regierung in neuerer Zeit dem Wegebau ihre 
Aufmerksamteit zugewendet hat, also alle Aus- 
sicht vorhanden ist, daß das Gebiet in nicht 
allzu serner Zeit von mehreren zweckentsprechen- 
den Verkehrswegen durchschnitten sein wird, 
so dürfte sich die Schwierigkeit des Wegebaues 
für den Ansiedler in Zukunft nicht unwesentlich 
verringern; derselbe wird dann nur nöthig 
haben, seine Niederlassung mit dem nächsten 
össentlichen, von der Behörde angelegten Wege 
zu verbinden. 
Zur Beurtheilung der Bodenqualität in einer 
tropischen Wildniß lann man als Regel gelten 
lassen, daß je dichter und üppiger der Baum- 
bestand, desto größer die Tragfähigleit des 
Bodens ist. Hiernach würde also der wirkliche 
Urwald das werthvollste Kulturgelände ab- 
geben, was in der That auch der Fall ist. 
Einen sicheren Beweis dafür liefert auch der 
Umstand, daß die Neger für ihre Kulturen mit 
Vorliebe den Wald wählen, wenngleich dessen 
Urbarmachung einen bedentend größeren Arbeits 
aufwand ersorderl, als ein wenig baumreicher 
Savannenboden. Da der Neger den Begriss 
„ Zeit“ nicht leunt, so lommt es eben bei ihm 
nicht darauf an, daß er erst nach Jahren mit 
einem in Angriff genommenen Stück Wald- 
bodens so weit ist, um an die Bepflanzung 
desselben mit Dams oder Mais denken zu können. 
Anders liegt die Sache indeß bei dem euro- 
päischen Unternehmer, welcher darauf angewiesen 
ist, sein in das Unternehmen gesteckles Geld 
Mmöglichst schnell rentabel zu machen, was also 
bedingt, den nur unter Schwierigkeiten zu kulti-
	        
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