Full text: Deutsches Kolonialblatt. II. Jahrgang, 1891. (2)

folgender Bericht an den Kaiserlichen Gonver- 
neur über den Sklavenhandel erstattet worden: 
Euer Excellenz gestatte ich mir mit Gegen— 
wärtigem, über den Sllavenhandel gehorsamst Fol- 
gendes zu berichten: 
Die sämmtlichen Araber und Wangwaner, 
sowie die sämmtlichen Waniamwezi-Sultane 
und deren Leute, kurz, jeder „Frcie“ im Un- 
jamwezi-Gebiete ist Sklavenhändler, oder dient 
direkt oder indirekt als Agent für den Sklaven- 
handel. 
Tabora speziell, mit all 
zerstreut liegenden Araber= und Wangwaner= 
Temben und -Häusern, und die sämmtlichen 
Ortschaften des Sultans von Unjanjemba bilden 
den Centrallager= und Sammelplatz nicht nur 
für den Eljenbeinhandel, sondern ganz besonders 
für den Sklavenhandel. 
Die geschlossenen, jestungsartigen Temben 
sind die Gesängnisse, die Wangwaner, die alten 
Sktlaven und deren Weiber sind die Kerker- 
meister, und werden meistens von den Sklaven- 
händlern gut bezahlt, haben Gewinnantheil 
oder erschwindeln sich solchen und genießen 
nebenbei das ausschweifendste, unmoralischste 
den zahlreichen 
  
Leben, welches allein schon für diese Bestien 
genügt, um sic zu sicheren Werkzeugen der 
Sllavenhändler zu machen. Die Empfänglichteit 
des Negers für die Unmoralität bringt es mit 
sich, daß die frisch eingebrachten Stlaven und 
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hauptsächlich Stlavinnen gar bald selbst Ge- 
schmack an den solchen Temben sich ab- 
spielenden Orgien gewinnen, und braucht es 
nur ganz kurze Zeit, um einen großen Theil 
derselben soweit präparirt zu haben, daß sie 
zum Transporte nach der Küste jähig sind, 
das ist, daß sic, ohne an Ketien gelegt zu 
werden, unter dem Titel „Träger, Haus- 
haltsstlaven“ 2. willig nach der Küste 
gehen, und dies um so eher, als sie ja die 
Sllavenschaft bisher nur von der rosigsten 
Seite her kennen gelernt haben. Wenig Arbeit, 
viel Essen, viel geschlechtliche Abwechslung, einige 
bunte Lappen, Unordnung und Schmutz m den 
Araberhäusern, das ist für die Sllaven viel 
verlockender, als freie, regelmäßige Lohnarbeit 
und Selbswersorgung im Dienste des Europäers. 
Dezu lommen noch die von den Arabern 
und deren Leuten den siumpfsinnigen Stklaven 
aufgetischten Schaudermärchen über Europäer 
und deren Regierung, und dies alles zusammen 
bewirkt, daß der größte Theil der Stlaven 
gar nicht vom Europäer befreit sein will, 
sondern es vielmehr vorzieht, selbst das ganze 
Getriebe und Verfahren der Slklavenhändler 
zu verdecken. 
Bei der ungeheneren Ausdehnung des 
Sklavenhandels, bei der Raffinirtheit, Ver- 
schlagenheit und Verwegenheit, mit welcher die 
Sklavenhändler zu Werke gehen, kann ich mich 
hier leider vorläufig nur auf ein Erschweren 
und vorsichtiges Beobachten des Sklavenhandels 
beschränken. Viele zu plump angelegte Fälle, 
in welchen ich einschreiten mußte, um nicht 
blind oder schwach zu erscheinen, ergaben mir 
nur zu deutlich den Beweis, daß mit dem 
Hängen einzelner Sklavenhändler absolut der 
Sache nicht abgeholsen, sondern daß vielmehr 
dadurch eine derartige allgemeine Erbitterung 
eintreten würde, daß die Besetzung der wichtigsten 
Plätze im Innern nur durch schwere, kost- 
spielige Kämpse möglich sein würdr. Körperliche 
Züchtigung, an die Kette legen, Ausweisung 
aus Tabora, Befreiung einzelner Sklaven, 
das waren die einzigen Mittel, die ich bisher 
angewendet habe, und selbst diese nur mit 
größter Vorsicht in äußerst gravirenden Fällen. 
Wollte man die hiesigen Sklavenhändler alle 
hängen, es würden in ganz Tabora keine 
Menschen am Leben bleiben. So lange Araber, 
Wangwaner und von Araberkultur-Ver- 
dorbenheit Berührte Negerhandel treiben und 
im Lande Haushaltssklaven und Viel- 
weiberei geduldet werden müssen der Verhälmisse 
wegen, so lange wird der Sklavenhandel 
bestehen. Wenn die Araber in ihrer Beschwerde 
gegen Emin Pascha fragen, ob denn kein 
Plaß für sie im Lande mehr sein solle, so stellen 
dieselben diese Frage nur, weil sic deutlich 
sühlen, daß es ein Ding der Ummöglichkeit 
für sie ist, sich den Gesetzen der Enropäer, 
was die Sklavenfrage anbelangt, zu fügen. 
Es liegt darin eine Art versteckler Anfrage, ob 
die Regierung nicht eventuell ein Auge zuzu- 
drücken geneigt wäre. Wenn nicht, nun dann 
kommt es in Wanjema zum Verzweislungs 
kampfe, dort hoffen die Araber den Europäern 
gewachsen zu sein. 
Es würde mich zu weit führen, Ener 
Excellenz schriftlich über alle von mir hier 
gesammelten und beobachteten Details berichten 
zu können, und erlaube ich mir daher nur ganz 
gehorsamst auf den Umstand aufsmerksam zu 
machen, daß Tabora, wie schon Eingangs 
erwähnt, der Hauptsammelplatz aller Sklaven- 
händler ist, und daß dieses Nest ausgehoben 
werden müßte, um mit einem Griff so ziemlich 
im Norden des Deutschen Schutzgebieles mit 
diesem Gesindel ausgeräumt zu haben. Von 
hier aus werden die Sllaven in das Hinter- 
land von Pangani bis Dar-zes-Salam, besonders 
in das Hinterland von Saadani und Baga 
moyo in der Landschaft Usegna und Ngurn 
gebracht, um von dort einzeln von den Wang- 
wanern in die nicht besetten kleinen Küsten
	        
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