folgender Bericht an den Kaiserlichen Gonver-
neur über den Sklavenhandel erstattet worden:
Euer Excellenz gestatte ich mir mit Gegen—
wärtigem, über den Sllavenhandel gehorsamst Fol-
gendes zu berichten:
Die sämmtlichen Araber und Wangwaner,
sowie die sämmtlichen Waniamwezi-Sultane
und deren Leute, kurz, jeder „Frcie“ im Un-
jamwezi-Gebiete ist Sklavenhändler, oder dient
direkt oder indirekt als Agent für den Sklaven-
handel.
Tabora speziell, mit all
zerstreut liegenden Araber= und Wangwaner=
Temben und -Häusern, und die sämmtlichen
Ortschaften des Sultans von Unjanjemba bilden
den Centrallager= und Sammelplatz nicht nur
für den Eljenbeinhandel, sondern ganz besonders
für den Sklavenhandel.
Die geschlossenen, jestungsartigen Temben
sind die Gesängnisse, die Wangwaner, die alten
Sktlaven und deren Weiber sind die Kerker-
meister, und werden meistens von den Sklaven-
händlern gut bezahlt, haben Gewinnantheil
oder erschwindeln sich solchen und genießen
nebenbei das ausschweifendste, unmoralischste
den zahlreichen
Leben, welches allein schon für diese Bestien
genügt, um sic zu sicheren Werkzeugen der
Sllavenhändler zu machen. Die Empfänglichteit
des Negers für die Unmoralität bringt es mit
sich, daß die frisch eingebrachten Stlaven und
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hauptsächlich Stlavinnen gar bald selbst Ge-
schmack an den solchen Temben sich ab-
spielenden Orgien gewinnen, und braucht es
nur ganz kurze Zeit, um einen großen Theil
derselben soweit präparirt zu haben, daß sie
zum Transporte nach der Küste jähig sind,
das ist, daß sic, ohne an Ketien gelegt zu
werden, unter dem Titel „Träger, Haus-
haltsstlaven“ 2. willig nach der Küste
gehen, und dies um so eher, als sie ja die
Sllavenschaft bisher nur von der rosigsten
Seite her kennen gelernt haben. Wenig Arbeit,
viel Essen, viel geschlechtliche Abwechslung, einige
bunte Lappen, Unordnung und Schmutz m den
Araberhäusern, das ist für die Sllaven viel
verlockender, als freie, regelmäßige Lohnarbeit
und Selbswersorgung im Dienste des Europäers.
Dezu lommen noch die von den Arabern
und deren Leuten den siumpfsinnigen Stklaven
aufgetischten Schaudermärchen über Europäer
und deren Regierung, und dies alles zusammen
bewirkt, daß der größte Theil der Stlaven
gar nicht vom Europäer befreit sein will,
sondern es vielmehr vorzieht, selbst das ganze
Getriebe und Verfahren der Slklavenhändler
zu verdecken.
Bei der ungeheneren Ausdehnung des
Sklavenhandels, bei der Raffinirtheit, Ver-
schlagenheit und Verwegenheit, mit welcher die
Sklavenhändler zu Werke gehen, kann ich mich
hier leider vorläufig nur auf ein Erschweren
und vorsichtiges Beobachten des Sklavenhandels
beschränken. Viele zu plump angelegte Fälle,
in welchen ich einschreiten mußte, um nicht
blind oder schwach zu erscheinen, ergaben mir
nur zu deutlich den Beweis, daß mit dem
Hängen einzelner Sklavenhändler absolut der
Sache nicht abgeholsen, sondern daß vielmehr
dadurch eine derartige allgemeine Erbitterung
eintreten würde, daß die Besetzung der wichtigsten
Plätze im Innern nur durch schwere, kost-
spielige Kämpse möglich sein würdr. Körperliche
Züchtigung, an die Kette legen, Ausweisung
aus Tabora, Befreiung einzelner Sklaven,
das waren die einzigen Mittel, die ich bisher
angewendet habe, und selbst diese nur mit
größter Vorsicht in äußerst gravirenden Fällen.
Wollte man die hiesigen Sklavenhändler alle
hängen, es würden in ganz Tabora keine
Menschen am Leben bleiben. So lange Araber,
Wangwaner und von Araberkultur-Ver-
dorbenheit Berührte Negerhandel treiben und
im Lande Haushaltssklaven und Viel-
weiberei geduldet werden müssen der Verhälmisse
wegen, so lange wird der Sklavenhandel
bestehen. Wenn die Araber in ihrer Beschwerde
gegen Emin Pascha fragen, ob denn kein
Plaß für sie im Lande mehr sein solle, so stellen
dieselben diese Frage nur, weil sic deutlich
sühlen, daß es ein Ding der Ummöglichkeit
für sie ist, sich den Gesetzen der Enropäer,
was die Sklavenfrage anbelangt, zu fügen.
Es liegt darin eine Art versteckler Anfrage, ob
die Regierung nicht eventuell ein Auge zuzu-
drücken geneigt wäre. Wenn nicht, nun dann
kommt es in Wanjema zum Verzweislungs
kampfe, dort hoffen die Araber den Europäern
gewachsen zu sein.
Es würde mich zu weit führen, Ener
Excellenz schriftlich über alle von mir hier
gesammelten und beobachteten Details berichten
zu können, und erlaube ich mir daher nur ganz
gehorsamst auf den Umstand aufsmerksam zu
machen, daß Tabora, wie schon Eingangs
erwähnt, der Hauptsammelplatz aller Sklaven-
händler ist, und daß dieses Nest ausgehoben
werden müßte, um mit einem Griff so ziemlich
im Norden des Deutschen Schutzgebieles mit
diesem Gesindel ausgeräumt zu haben. Von
hier aus werden die Sllaven in das Hinter-
land von Pangani bis Dar-zes-Salam, besonders
in das Hinterland von Saadani und Baga
moyo in der Landschaft Usegna und Ngurn
gebracht, um von dort einzeln von den Wang-
wanern in die nicht besetten kleinen Küsten