Full text: Deutsches Kolonialblatt. II. Jahrgang, 1891. (2)

Gefolges begrüßt hatte, zur Bewillkommnung auf 
der Station. Er ist ein starker, großer Mann in 
den 500er Jahren, mit einem glattrasirten, setten, 
aber äußerst intelligenten Gesicht und wirklich 
würdiger Haltung. Wie immer, brachte er auch 
heute warmen Palmwein in mächtigen Kalc- 
bassen und Kolanüsse mit. Hier nun ersah man 
bereits deutlich, daß Garega mit den oben 
erwähnten Pläncn im Prinzip einverstanden, 
also das was Irr. Zintgraff ihm früher schon 
immer gesagt, verarbeitet und als auch für ihn am 
vortheilhaftesten erkannt hatte. Hatte doch dieser 
Mann schon früher einmal zu lr. Zintgraff 
gesagt: „Siehst Du, ich hätte Dich todtschlagen 
können, aber ich will nicht Deinen Kopf, ich 
will Deinen, des Weißen Verstand;“ ein Beweis, 
wic klar es dem Mannc, daß, wenn wir Vor- 
theil von ihm haben, er andererseits nicht minder 
Nuten vom Weißen ziehen kann. Am nächsten 
Tage sollte — so wurde bestimmt — großes 
Palaver sein und große Waffenschau. 
Nächsten Tag, Freilag — dem Sonntag 
der Bali — 28. August, ertönte gegen 10 Uhr 
Vormittags drüben im Bali-Dorse in weithin 
hörbarem Schalle das Hcerhorn des Königs, 
mit dem er sein Volk zusammenzurufen pflegt. 
Nach einiger Zeit kam der Fahnenträger des 
Königs, Titua — Garega führt eine weiße 
Fahne, dic aber höchst selten entfaltet wird — 
um uns zum Palaver abzuholen: wir folgten, 
Dr. Zintgraff in weißer Tropenunisorm und 
mit dem großen Stabe, ich im Buschkostüm 
mit Schlapphut und Gummiregenmantel. 
In dem der Station zunächst gelegenen 
Gehöst sitzt Nöo, der zweitälteste Sohn des 
Königs, intelligent, den Weißen sehr zugethan; 
— ich sage Gehöft: gleich den alten Germanen 
lieben auch die Bali nicht ein dichtes Nebenein- 
anderbauen der Häuser in regelmäßigen Straßen, 
sondern jeder baut sich da, wo es ihm gefällt, 
sein Haus mit den Nebengebäuden und friedet 
es mit hohen Matten ein, so daß ein solches 
Graslandsdorf einen malerischen Anblick gewährt, 
ähnlich den kleinen Gebirgsdörsern Südbayerns. 
— In einer steinigen schmalen Gasse geht es 
den Hügel hinan bis auf den Königsplatz. Lärm 
und Stimmengebrause und Schüsse kündeten an, 
daß die Bali versammelt. Die Gasse ist zu Ende, 
wir treten auf den Königsplatz; ein prächtiges, 
sarbenreiches Bild bietet sich dem Auge: Ein 
großer, freier, leicht gegen die Mattenmaucer, die 
die Königsgebäude auf der gegenüberliegenden 
Seitc abschließt, ansteigender Platz, der Raum 
bietct für viele Tausende, liegt hell erglänzend in 
dem in der Regenzeit so seltenen, heute um so 
freudiger begrüßten Sonnenlicht vor unseren 
Angen, in reinem Blau wölbt sich der Himmel 
darüber; in weitem Kreis sitzen und siehen dic 
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dunkeln, hochausgeschossenen Hünengestalten der 
Bali, wohl tausend an der Zahl; nur wenige 
ohne ein Stück farbenschillerndes Tuch, viele 
im vollen Kriegsschmuck, alle bewaffnet. Wie 
cinst unsere Ahnen als freie Männer mit Schwert 
und Speer zum Thing im Gau anschritten, so 
geht der Bali nie ohne Wasse, wenn das Horn 
des Königs ihn ruft. In der Mitte des Platzes 
I stehtcinBamn,umihaaufgchäuftciucStcin- 
pyramide. Fonté, ein Verlrauter des Königs 
(ein Stlavel), war uns entgegengekommen, und 
schritt nun, ein Hünc in seinem Waffenschmuck, 
mit Titua uns voran über den Platz. Die 
einen kamen heran nach Bali-Art uns zu grüßen, 
indem sic ihre Gewehre in die Luft abschossen, 
in mächtigen Sätzen, mit hochgeschwungenen 
Speeren, gezückten Messern oder mit dem Kolben 
des Gewehres gegen die Brust drohend und 
ihr Kriegsgeschrei ausstoßend, bis dicht an uns 
heranstürmien, wo Fonté und Titua uns als 
unter ihrem Schutz zum König zu Geleitende 
scheinbar schirmten, indem sie zur Abwehr vor 
uns traten und ihrc Spcere und Messer 
entgegenschwangen, — andere saßen in langen 
Reihen, ihrc Gewehre vor ihnen liegend — wieder 
andere, big men (d. h. angesehene Männer), 
standen bewegungslos da, den forschenden Blick 
auf die beiden Weißen gerichtet, ein prächtiges 
Bild, jeder einzelne werth, gemalt zu werden: 
mächtige Hünengestalten, regungslos gleich 
Bronzestatuen standen sie da, um Kopfeslänge 
wohl die anderen überragend (und auch von 
diesen mißt wohl jeder seine 6 Jußtl), mit 
riesigen wallenden Federbüschen auf ihren glatt- 
geschorenen Schädeln (fast 1 m weit ragen die 
zupersten Spitzen dieses malcrischen Kopsschmucks 
hinaus), in farbenschillernden reichen Gewändern, 
daran die Schleppen breit und saltenreich 5 und 
Gm hinten nach auf der Erde liegend, ein 
Trinkhorn an der Hüfte, ein Bündel Speere 
in der Hand, darauf mit den ringgeschmückten 
sehnigen Armen sich stützend. Ouer über den 
Platz schritten wir zum Königshaus. An der 
„Thüre der umschließenden hohen Maltenmauer 
saß der König gleichfalls in vollem Kriegs- 
schmuck mit seinem Gefolge. Wir schritten an 
ihm vorüber ins Innere, ohne ihn zu beachten 
oder nur anzusehen; es hätte dies in diesem 
Augenblicke sich nach der Landessitte nicht 
gepaßt! 
Das Königshaus besteht gleich den übrigen 
Vali-Gehöften aus mehreren Gebänden, zwei bis 
drei größeren und einer Menge kleineren, welch' 
letztere immer je eins von einem der zahlreichen 
Weiber des Königs bewohnt werden. Zuerst 
Ü gelangten wir in einen kleinen Hos, der dicht 
besetzt war von den Weibern und Kindern Sr. 
. Majestät, die neugicrig die beiden Weißen
	        
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