Full text: Deutsches Kolonialblatt. II. Jahrgang, 1891. (2)

betrachteten, 
Thür in der Mattenwand steigend in einen 
zweiten, etwas größeren; linls grenzt ihn ab 
die Wand emes Hauses, vor dem sich ein 
lleiner Vorplatz besindet mit einem Lehnstuhl 
aus Bambus und davor ein halbmondförmiges 
Pflaster, dessen Material wohl 20 in die Erde 
eingelegte Elephantenzähne sind! Durch eine 
zweite Thür ging's in einen weiteren Hof. In 
dessen Mitte steht ein größeres Haus, 
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dann wieder durch so eine lleine 
und scitlich 
davon besindet sich an der Mattenwand des 
Hofes ein Vorplatz gleich dem im anderen Hos, 
aber ohne Elfenbeinpflaster. Hierher schleppten 
die Weiber 3 kleine Schemel, deren je 3 Füße 
aus Holz geschnitzte Götzenfratzen vorstellten, 
und gleich darauf als unumgänglich noth- 
wendiges Erforderniß zu jedem Palaver zwei 
mächtige Kalebassen voll warmen Palmweins 
— eine ganze NReihe dieser Ungethüme stand 
noch drohend im Hintergrund in langer Linie 
aufmarschirt. bereit als Verstärlung nöthigenfalls 
ins Tresffen einzugreisen — sowie einen Sack 
voll Kolanüsse. 
Wir selzten uns; gegenüber tanerten sich 
Fonté, Titna, 2 bis 3 Männer vom Rathe, 
— alte Leute mit scharf geschnittenen, intelli- 
genten Gesichter — und unser als Dolmetscher 
dienender Koch auf den Boden, ein paar Weiber 
mit ihren unvermeidlichen Pfeisen fanden sich 
gleichsalls ein und ein paar junge Prinzen 
lollerten sich allmälig auch herau. Bald darauf 
lam auch der König: im Lande verarbeitetes 
Messing in getriebener Arbeit, zu breiten Ningen 
gesormt, schmückte seine Arme, an einem gleich- 
falls mit Messinglnöpfen dichtbeseblen klurzen 
Niemen, der von der rechten Schulter unter 
der linken Achsel durchlief (die Art, wie fast 
alle Bali ihre Messer zu tragen pflegen], hing 
sein breites Messer in reich verzierter Scheide 
aus Leopardenfell. In der Hand trug er 
einen Karabiner, in dessen Kolben zahlreiche 
Messingnägel eingeschlagen waren: der ganze 
Körper war mit Nothholz reichlich eingerieben: 
so setzte er sich zu uns, ohne anfangs die 
geringste Notiz von uns zu nehmen. Nach ein 
paar Minuten reichte er auf einmal jedem die 
Hand mit dem freundlichsten „amabori“ von 
der Welt, und der Palmwein begann sofort 
in einer alten Theetasse, die Dr. Zintgraff 
seinerzen ihm geschenlt, von Font lredenzt, 
die Runde zu machen: manchmal reichte der 
König selbst die Tasse oder gab ein Stück 
Kolanuß, die er vorher höchsteigenhändig getheilt, 
einem von uns, was ein Zeichen besonderer 
Freundlichkeit ist. Alles, was im Kreise mit 
herum saß — es hatten sich mittlerweile noch 
vier weitere Männer vom Nathe eingesunden, 
half wacker an der Vertilgung der Palmwein= 
  
massen, die unermüdlich herbeigeschleppt wurden 
— Garega scheint grundsätzlich immer sein 
Trinkgesäß auf einen Zug zu leeren! 
Titanje und Nbo, die beiden ältesten 
Söhne des Königs, waren nicht anwesend; 
Garega hatte Tags vorher ertlärt, er mache 
die Palaver —- und doch war das, was der 
Weiße wollte, von hoher Bedentung auch für 
den zukünftigen Thronfolger. 
Im Anfang drehte sich das Gespräch um 
gleichgültige Gegenstände — Comme chez nous 
—, es wurde durch doppelten Dolmetscher ge- 
führt in der Weise, daß z. B. Dr. Zintgraff 
in englischer Sprache unserm Dolmetscher etwas 
sagte, dieser sagte es in der Wai-Sprache Fontc 
und dieser endlich in der Bali-Sprache dem 
König:; in gleicher Weise ging es zurück; will 
der König sich nur mit seinen Vertrauten oder 
seinem Rathe besprechen, bedient er sich einer 
cigenen Geheimsprache, wie die alten Aegypter- 
priester ihrer Geheimschrift. Bald aber kam es 
zum eigentlichen Palaver; dem König ward 
der zu Papier gebrachte Vertrag vorgelesen und 
ertlärt: Dr. Zintgraff, und wenn dieser nicht 
oder nicht mehr hier ist — Lieutenant Hutter, 
dann der nächste Weiße u. s. w. ist in Bali Herr 
über Leben und Tod, hat alle Strafgewalt, 
entscheidet über Kricg und Frieden, über allen 
zu entrichtenden Tribut unterworsener Stämme, 
vor ihn kommen alle Palaver mit anderen 
Stämmen — dies sind die Hauptpunkte des so 
bedeutungsvollen, weitreichenden Vertrages. — 
Der König zeichnete sodann mit ungefüger Hand 
sein Handzeichen: 3 Kreuzc, wobei er hartnäckig 
die beiden Seiten des großen Bogens bemalen 
wollte! Als Zeuge setzte ich meinen Namenszug 
darunter. — Der Vertrag war abgeschlossen; 
und dieser Moment bezeichnet den Veginn der 
Zeit, wo Kamerun unn erst mit Recht behaupten 
darf, das Hinlerland wirklich zu besitzen, und 
dieses Hinterland besteht nicht in den paar 
elenden Dörsern am Mungo; das ist das Wald- 
land und noch mehr das Grasland mit seinen 
menschenreichen Stämmen, dic in richtig gelei- 
teten Bahnen hinnnlerfluthen müssen an die Küste 
und erschlossen und erschließend, nützend und 
selbst Nutzen ziehend, im steten Verkehr mit 
den Weißen, unserer Kolonie ihren Werth, ihre 
Bedentung geben werden. — Glatt, ohne Ein- 
spruch des Königs oder des Rathes ging der 
Vertragsabschluß vor sich: Garega hatte schon 
längst alles reiflich erwogen und schenlt dem 
Weißen Verlrauen, hatte er doch schon früher 
einmal zu Dr. Zintgraff gesagt: „Wir sind 
zwar zwei Bäuche aber nur ein Herz.“ Hier- 
auf stand er auf und seuerte sein Gewehr vor 
uns ab, was nur der Untergebene zur Ehrung 
seines Gebieters lhul.
	        
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