In dem letzten Logbaorte Abuda wird
eine kurze Mittagsrast gemacht, schnell ein
kalter „Manöver-Adler“, wie zu Hause das
im „Krieg im Frieden“ sehr „beliebte“ und
in Afrika „ewige“ Huhn scherzhaft genannt
wird, vor einem zahlreichen, ungebetenen Publi-
kum mit Behagen verzehrt. Der Ortsschulze
schenkt dazu eine winzige Kalebasse Palmwein,
welche zur Größe des erhofften Gegengeschenks
in umgekehrtem Verhältniß steht, lügt im Brust-
tone tiefster Ueberzeugung die geläufige Ent-
schuldigung, daß er nicht gewußt habe, daß
ein Weißer durch Abnda komme, denn sonst
würde er ein besseres Geschenk bereit haben.
Angesichts der fraglichen Onalität der könig-
lichen Liebesgabe wird reines Wasser mit elwas
Rothwein als Trunk vorgezogen.
Nachdem der Dorfkönig zur Unterstützung
der Anfangsversuche, seine Nacktheit zu ver-
decken, ein buntes Taschentuch als königliches
Gegengeschenk erhalten, geht es weiter, der Weg
biegt in südlicher Richtung ein. Nechts wird
der den Awatimern heilige, aus der Ebene sich
erhebende Berg Noabi sichtbar, der Wald be-
ginnt von Neuem; und bald befindet man sich
in dem Seitenthale, welches zu dem Fuße der
merkwürdigen Hochterrasse führt, auf welcher
Gbadzeme liegt.
Der Busch geht nun in Hochwald über,
allmählich beginnt die Steigung, eine Zeit lang
führt der Weg einen murmelnden Gebirgsbach
entlang, pittoreske Wald= und Felspartien be-
ginnen, die von Schweiß glänzenden, muslu-
lösen Träger erklären, daß es unmüglich sei,
weiter zu tragen.
Daher gehl's zu Fuß unter Benußung des
mit Eisenspitze versehenen Gebirgsslockes durch
prächtigen Urwald über Geröll, Fels und
Baumwurzeln weiter.
Nachdem man die Wegeslelle passirt, wo
sich rechts eine wohl 50 m hohe, senkrechte
Felswand erhebt, vor welche sich ein umgewor-
sener Baum quer vorlagert, beginnt das eigent-
liche Klettern und Treppenersteigen.
Von einem Treppenabsaßz zum andern, welche
oft über 1 m Höhe haben, arbeitet man sich mit
den Händen mühsam höher und höher und kommt
in immer kahlere Regionen, in jedem Augenblick
des Ausruhens jedoch für die sauere Mühe be-
lohnt durch den wundervollen Blick in Nichtung
auf Klikvo, auf die mit üppigem Hochwald
bestandenen Hänge des Gebirges, an dessen
Fuße sich geräumige Höhlen befinden sollen,
welche vor grauen Zeiten einst als menschliche
Wohnungen dienten.
Endlich erreicht man, froh der überwun-
denen Schwierigleiten, eine weite Terrasse und
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gelangt durch Farmen in das winklige, schmutzige
Gbadzeme.
Der Führer zeigt der ermüdeten Karawane
hoch oben am Horizont den kahlen Felskegel
des Gemi und eine Stelle Hochwald, hinter
welcher das Neiseziel Amedsowe liegt.
Die Frage, ob der Weg den schattenlosen,
steilen Hang hinauf nach Amedsowe schlechter
sei, wie der bis Gbadzeme, beantworlet er be-
jahend: „this one pass the other one.“
Nachdem der christliche Wirkh Jacobo, der
mich durch den Besit von Hausntensilien be-
schämte, welche ich auf Misahöhe noch entbehre,
sein Bestes gethan, um mich und die Träger
zu erfrischen, raffen wir uns auf, um die sleile
Höhe zu nehmen, welche das Hochplateau von
Amedsowe mit dem natürlichen Bollwerk Gemi
krönt. ·
Obgleich der Weg in sehr anzuerkennender
Weise von Missionar Seeger gebessert wurde,
behält der Führer mit seiner Kritik dennoch
recht.
Der sonnige, sleile Saumpfad, welcher oft
zum Ruhen zwingt, wobei man wieder und
wieder die Landschaft um Gbadzeme bewundert,
mündet in einem selsigen Hohlwege, an dessen
Ausgange man das Plateau von Amedsowe
betritt.
Die erfrischende Kühle dieser durch Laub-
wald überwölblen, felsigen Höhlung nöthigt zur
Nast, und man labt sich in langen Zügen an
der aromatischen, frischen Waldesluft.
Aus dem Hochwald heraustretend, leukt die
weiß schimmernde, lange Nordfront des statt-
lichen Missionshauses, welches auf cinem be-
waldeten Hügel unweit des Dorfes auf dem
Plateau von Amedsowe licgt, wodurch es recht
wirkungsvoll sich von dem dunklen Waldesgrün
ab= und aus dem Gelände hervorhebk, den
Blick und die Bewunderung eines Jeden auf
sich, zumal es heute zu meiner Begrüßung sein
schmuckes Acußere durch das Heißen zweier
deutschen Flaggen noch verbesserte.
Zu meiner Freude hatten die Dorfbewohner
von Amedsowe den Weg an einigen Stellen
nach gegebener Vorschrift mit den geliehenen
Werkzeugen gebessert, so daß ich auf einem be-
quemen Promenadenwege bald Dorf und Sla-
tion Amedsowe erreichte, wo ich die liebens-
würdigste Aufnahme und Pflege fand.
Bei Anlage dieser Station waren gesund-
heitliche Rücksichten ausschlaggebend.
Die norddeutschen Missionare hatten den
Eingang zum Ewevolke an der ungesundesten
Stelle der Küste, Quitta, gesucht. Ihre Thätigkeit
war in Folge dessen slets dadurch gehemmt,
daß in dem Fieberherd Quitta und auf dem