Full text: Deutsches Kolonialblatt. III. Jahrgang, 1892. (3)

In dem letzten Logbaorte Abuda wird 
eine kurze Mittagsrast gemacht, schnell ein 
kalter „Manöver-Adler“, wie zu Hause das 
im „Krieg im Frieden“ sehr „beliebte“ und 
in Afrika „ewige“ Huhn scherzhaft genannt 
wird, vor einem zahlreichen, ungebetenen Publi- 
kum mit Behagen verzehrt. Der Ortsschulze 
schenkt dazu eine winzige Kalebasse Palmwein, 
welche zur Größe des erhofften Gegengeschenks 
in umgekehrtem Verhältniß steht, lügt im Brust- 
tone tiefster Ueberzeugung die geläufige Ent- 
schuldigung, daß er nicht gewußt habe, daß 
ein Weißer durch Abnda komme, denn sonst 
würde er ein besseres Geschenk bereit haben. 
Angesichts der fraglichen Onalität der könig- 
lichen Liebesgabe wird reines Wasser mit elwas 
Rothwein als Trunk vorgezogen. 
Nachdem der Dorfkönig zur Unterstützung 
der Anfangsversuche, seine Nacktheit zu ver- 
decken, ein buntes Taschentuch als königliches 
Gegengeschenk erhalten, geht es weiter, der Weg 
biegt in südlicher Richtung ein. Nechts wird 
der den Awatimern heilige, aus der Ebene sich 
erhebende Berg Noabi sichtbar, der Wald be- 
ginnt von Neuem; und bald befindet man sich 
in dem Seitenthale, welches zu dem Fuße der 
merkwürdigen Hochterrasse führt, auf welcher 
Gbadzeme liegt. 
Der Busch geht nun in Hochwald über, 
allmählich beginnt die Steigung, eine Zeit lang 
führt der Weg einen murmelnden Gebirgsbach 
entlang, pittoreske Wald= und Felspartien be- 
ginnen, die von Schweiß glänzenden, muslu- 
lösen Träger erklären, daß es unmüglich sei, 
weiter zu tragen. 
Daher gehl's zu Fuß unter Benußung des 
mit Eisenspitze versehenen Gebirgsslockes durch 
prächtigen Urwald über Geröll, Fels und 
Baumwurzeln weiter. 
Nachdem man die Wegeslelle passirt, wo 
sich rechts eine wohl 50 m hohe, senkrechte 
Felswand erhebt, vor welche sich ein umgewor- 
sener Baum quer vorlagert, beginnt das eigent- 
liche Klettern und Treppenersteigen. 
Von einem Treppenabsaßz zum andern, welche 
oft über 1 m Höhe haben, arbeitet man sich mit 
den Händen mühsam höher und höher und kommt 
in immer kahlere Regionen, in jedem Augenblick 
des Ausruhens jedoch für die sauere Mühe be- 
lohnt durch den wundervollen Blick in Nichtung 
auf Klikvo, auf die mit üppigem Hochwald 
bestandenen Hänge des Gebirges, an dessen 
Fuße sich geräumige Höhlen befinden sollen, 
welche vor grauen Zeiten einst als menschliche 
Wohnungen dienten. 
Endlich erreicht man, froh der überwun- 
denen Schwierigleiten, eine weite Terrasse und 
303 
  
  
gelangt durch Farmen in das winklige, schmutzige 
Gbadzeme. 
Der Führer zeigt der ermüdeten Karawane 
hoch oben am Horizont den kahlen Felskegel 
des Gemi und eine Stelle Hochwald, hinter 
welcher das Neiseziel Amedsowe liegt. 
Die Frage, ob der Weg den schattenlosen, 
steilen Hang hinauf nach Amedsowe schlechter 
sei, wie der bis Gbadzeme, beantworlet er be- 
jahend: „this one pass the other one.“ 
Nachdem der christliche Wirkh Jacobo, der 
mich durch den Besit von Hausntensilien be- 
schämte, welche ich auf Misahöhe noch entbehre, 
sein Bestes gethan, um mich und die Träger 
zu erfrischen, raffen wir uns auf, um die sleile 
Höhe zu nehmen, welche das Hochplateau von 
Amedsowe mit dem natürlichen Bollwerk Gemi 
krönt. · 
Obgleich der Weg in sehr anzuerkennender 
Weise von Missionar Seeger gebessert wurde, 
behält der Führer mit seiner Kritik dennoch 
recht. 
Der sonnige, sleile Saumpfad, welcher oft 
zum Ruhen zwingt, wobei man wieder und 
wieder die Landschaft um Gbadzeme bewundert, 
mündet in einem selsigen Hohlwege, an dessen 
Ausgange man das Plateau von Amedsowe 
betritt. 
Die erfrischende Kühle dieser durch Laub- 
wald überwölblen, felsigen Höhlung nöthigt zur 
Nast, und man labt sich in langen Zügen an 
der aromatischen, frischen Waldesluft. 
Aus dem Hochwald heraustretend, leukt die 
weiß schimmernde, lange Nordfront des statt- 
lichen Missionshauses, welches auf cinem be- 
waldeten Hügel unweit des Dorfes auf dem 
Plateau von Amedsowe licgt, wodurch es recht 
wirkungsvoll sich von dem dunklen Waldesgrün 
ab= und aus dem Gelände hervorhebk, den 
Blick und die Bewunderung eines Jeden auf 
sich, zumal es heute zu meiner Begrüßung sein 
schmuckes Acußere durch das Heißen zweier 
deutschen Flaggen noch verbesserte. 
Zu meiner Freude hatten die Dorfbewohner 
von Amedsowe den Weg an einigen Stellen 
nach gegebener Vorschrift mit den geliehenen 
Werkzeugen gebessert, so daß ich auf einem be- 
quemen Promenadenwege bald Dorf und Sla- 
tion Amedsowe erreichte, wo ich die liebens- 
würdigste Aufnahme und Pflege fand. 
Bei Anlage dieser Station waren gesund- 
heitliche Rücksichten ausschlaggebend. 
Die norddeutschen Missionare hatten den 
Eingang zum Ewevolke an der ungesundesten 
Stelle der Küste, Quitta, gesucht. Ihre Thätigkeit 
war in Folge dessen slets dadurch gehemmt, 
daß in dem Fieberherd Quitta und auf dem
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.